Bundestagswahl

Eine ungewohnte Koalition: Schwarz-Rot-Gelb für Deutschland?

13.9.2021, 11:51 Uhr
Versuchslabor Sachsen-Anhalt: Reiner Haseloff wird dort bald eine schwarz-rot-gelbe Regierung anführen.

© Sebastian Willnow, dpa Versuchslabor Sachsen-Anhalt: Reiner Haseloff wird dort bald eine schwarz-rot-gelbe Regierung anführen.

Fachleute sind sich einig, dass die Bundestagswahl heuer so spannend wie selten zuvor wird. Das liegt vor allem an der Vielzahl von Koalitionsmöglichkeiten, die sich nach dem 26. September auftun könnten. Wir stellen in unserer Serie die möglichen Bündnisse, ihre Vorgeschichte, inhaltliche Knackpunkte und personelle Konsequenzen vor. Heute: Schwarz-Rot-Gelb.

Schon der Name klingt staatstragend: Deutschlandkoalition. So nennt man es, einfach der Farben wegen, wenn diese drei Parteien zusammenkommen. Solch ein Bündnis wäre zwar jederzeit rechnerisch möglich, doch sein Zustandekommen ist trotzdem höchst unwahrscheinlich. Das hat eine ganze Reihe von Gründen.

Zunächst wäre da mal die Mathematik. Schwarz-Rot-Gelb (oder neuerdings wohl eher Rot-Schwarz-Gelb) hätte eine zu große Mehrheit. Ja, auch das gibt es. Den Umfragen zu Folge käme eine solche Koalition bestenfalls auf über 60 Prozent. Kein Wunder, denn es sind ja neben der wiedererstarkten SPD und der Union auch noch die Liberalen beteiligt, die in den Umfragen mit bis zu 13 Prozent gehandelt werden.

Ein Mammut-Bündnis

Doch warum sollte man solch ein Mammut-Bündnis eingehen, wenn es nicht unbedingt nötig ist? Gemäß einer Mehrzahl der Umfragen würde es auch schon für Union und SPD reichen, gemeinsam eine Regierung zu bilden. Sie bräuchten die FDP gar nicht.

Ganz zu schweigen von den inhaltlichen Problemen. Die SPD wäre in einer solchen Koalition im wahrsten Sinne des Wortes eingequetscht zwischen Union und FDP. Sollte sie dann als stärkste Kraft mit Olaf Scholz den Kanzler stellen dürfen, sähe der sich einer kabinettsinternen bürgerlich-liberalen Mehrheit gegenüber und dürfte an seiner Richtlinienkompetenz wenig Freude haben.

Am einfachsten wäre es wohl noch beim Thema Corona. Da haben Schwarz, Rot und Gelb wenigstens in der ersten Phase der Pandemie eine informelle Koalition gebildet. Das heißt, in vielen wesentlichen Fragen waren sie einer Meinung. Später änderte sich das und die FDP betonte zunehmend die Freiheitsrechte.

Klima- und Steuerstreit

Ganz anders liefe das in der Finanz- und in der Klimapolitik, wo die Vorstellungen stark voneinander abweichen - zum Beispiel bei der Frage von Steuererhöhungen. Die SPD hält sie für unvermeidlich, während Union und FDP sich bereits dagegen ausgesprochen haben.

Auf praktische Erfahrungen kann man bei dieser Koalitionsform kaum zurückgreifen. Außer einigen Versuchen in den Anfangszeiten der Republik gibt es Schwarz-Rot-Gelb nur in Sachsen-Anhalt. Und auch das noch nicht richtig, denn nach der Landtagswahl im Juni haben sich die drei Partner bisher nur auf einen Koalitionsvertrag geeinigt und die Arbeit noch nicht aufgenommen.

Erst am Donnerstag sollen Ministerpräsident Reiner Haseloff und seine Regierung vereidigt werden. Erst in den Monaten danach wird man sehen, ob es mit dem ungewöhnlichen Trio auch wirklich klappt. CDU und SPD hätten übrigens in Sachsen-Anhalt auch alleine eine Mehrheit - allerdings nur eine sehr wackelige von einer einzigen Stimme.

Von Kühnert bis Kubicki

Fast schon unvorstellbar schiene es jedoch auf Bundesebene, dass sich die Union einem SPD-Kanzler Scholz unterordnen würde, was es in der Geschichte ohnehin noch nie gegeben hat. Armin Laschet wich beim Fernseh-Triell einer entsprechenden Frage aus. Die Frage ist, ob er nach einer vorausgegangenen Niederlage überhaupt noch der Chefverhandler seines Lagers sein könnte.

Immerhin: Personal stünde bei Schwarz-Rot-Gelb reichlich zur Verfügung. Union und SPD könnten auf ihre bisherige Regierungsmannschaft zurückgreifen und hätten außerdem Neulinge wie Friedrich Merz von der CDU, die ins Kabinett drängen. Die FDP würde wohl als Spitzenmann und Finanzminister ihren Vorsitzenden Christian Lindner ins Rennen schicken.

Befürworter einer Deutschlandkoalition führen an, dass sie ein breites Spektrum der Bevölkerung abbilde - vom linken SPD-Flügel um Kevin Kühnert bis zu einem Liberalen wie Wolfgang Kubicki. Das kann tatsächlich niemand bestreiten.

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