FW-Vorsitzender: Söder und Aiwanger sind wie "Yin und Yang"

12.2.2021, 16:51 Uhr
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Florian Streibl, sagte, die "beiden Pole" bestehend aus Söder und dem Freie Wähler-Vorsitzenden und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger seien das "Yin und Yang" der Staatsregierung, deren "Weisheit uns den Weg aus dieser Krise zeigt".

© Peter Kneffel/dpa Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Florian Streibl, sagte, die "beiden Pole" bestehend aus Söder und dem Freie Wähler-Vorsitzenden und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger seien das "Yin und Yang" der Staatsregierung, deren "Weisheit uns den Weg aus dieser Krise zeigt".

Wären die Mutationen schon zur Weihnachtszeit aufgetreten, hätte auch der harte Lockdown nichts mehr gebracht, sagte Söder am Freitag in einer Sondersitzung des bayerischen Landtags in München.Die Mutationen seien eine "reale Gefahr", weshalb man bei der Aufhebung von Beschränkungen einen "Puffer" einbauen müsse, sagte Söder. Wer die Mutationsgefahr ignoriere, verspiele die erreichten Erfolge und riskiere Leben. Wenn dem so sei, müssten endlich die Kontaktverfolgung durch die Gesundheitsämter schneller und besser werden, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Ludwig Hartmann.

Angesichts der bayernweit am Freitag auf 62,5 gefallenen Inzidenz (Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohner) sei er "etwas erleichtert, aber noch nicht entspannt", sagte Söder. Bei Untersuchungen von Positivtestungen aus den Grenzlandkreisen Wunsiedel und Tirschenreuth habe man einen Anteil von 25 bis 30 Prozent an Infektionen mit der britischen Mutation festgestellt. Söder begrüßte, dass Tschechien und das österreichische Bundesland Tirol von der Bundesregierung zu "Mutationsgebieten" erklärt wurden und ab Sonntag zu beiden Ländern Grenzkontrollen stattfinden. Nur mit einem negativen Corona-Test wird man dann noch nach Bayern einreisen können.


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Er verstehe, dass die Stimmung zunehmend gereizter werde, sagte Söder. Wenn man jetzt jedoch die Nerven verliere und schnell lockere, werde man das Erreichte schnell verspielen. Die zweite Welle sei gebrochen worden. Diese Phase sollte zu Ende geführt werden, ohne "unüberlegt in die dritte Welle zu stolpern". Mit dem ständigen Rückgang der Inzidenzien sei Bayern "auf einem sehr guten Weg", sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Thomas Kreuzer. Die ergriffenen Maßnahmen zeigten deutliche Wirkung: "Wir haben zum richtigen Zeitpunkt das Richtige getan".

Söder und Aiwanger: Das "Yin und Yang" der Staatsregierung

Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Florian Streibl sagte, die "beiden Pole" bestehend aus Söder und dem Freie Wähler-Vorsitzenden und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger seien das "Yin und Yang" der Staatsregierung, deren "Weisheit uns den Weg aus dieser Krise zeigt". FDP-Fraktionsvorsitzender Martin Hagen sah sich hingegen eher an das Bild eines "Sumo-Ringers" erinnert, "der seine Liebhaberin erdrückt".

Streit gab es im Sonderplenum von der AfD abgesehen nicht um die Verlängerung der meisten Lockdown-Maßnahmen bis zum 7. März, sondern um Öffnungsperspektiven. Weitere Lockerungen können bei einer landesweit durchschnittlichen Inzidenz von 35 vorgenommen werden, sagte CSU-Fraktionschef Kreuzer. Auch Söder nannte die "Zielmarke 35" als Voraussetzung für landesweite Öffnungen in Handel, Gastronomie und Tourismus. Allerdings müsse die Entwicklung regional einigermaßen ausgewogen sein, damit es nicht zum regionalen Einkaufstourismus komme. Söder möchte die Entscheidungen über Öffnungen oder auch Schließungen nicht von Terminen, sondern von der Inzidenz abhängig machen.


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Oppositionsführer Hartmann war das zu wenig. Er vermisse eine "Strategie" der Söder-Regierung, so der Grünen-Politiker. Hartmann forderte einen "Perspektivplan" für Lockerungen, der an Inzidenzzahlen festgelegt wird. Der Plan sollte "vorab diskutiert und demokratisch verabschiedet" werden, forderte Hartmann. "Sie pfuschen und stolpern munter weiter", warf Hartmann dem Ministerpräsidenten vor. SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Arnold bezeichnete Söders Ankündigungen als "Perspektivchen". Die jetzt getroffenen Lockerungen seien eher "Defizitbeseitigung" als "Perspektive mit Mut und Kraft". Jedes Glühwürmchen feiere Söder als Licht am Ende des Tunnels.

Söder bittet Kulturszene um Entschuldigung

Söder räumte ein, dass die Einzelhändler bei staatlichen Hilfen gegenüber Gastronomen benachteiligt seien, weil für sie die Hilfen länger auf sich warten ließen. Das Hilfsprogramm des Bundes sei "echt ganz gut", sagte Söder. Jetzt komme es darauf an, diese Hilfen so schnell wie möglich auszuzahlen. CSU-Fraktionschef Kreuzer wurde deutlicher: Mit dem Tempo der Hilfen sei er "nicht einverstanden".

Eher beiläufig äußerte Söder einen Vorschlag, der ihm wieder viel Widerspruch eintragen könnte. "Eventuell", so der Regierungschef, sollte man dem Einzelhandel an drei oder vier Sonntagen später im Jahr die Möglichkeit zur Öffnung geben. Gegenüber der Kulturszene gab der Ministerpräsident so etwas wie eine Entschuldigung ab. Zu Beginn der Pandemie habe man den Eindruck stehen lassen, dass Kultur nicht systemrelevant sei. "Ich bedauere das", sagte Söder, "es war falsch". Bayern habe das Soloselbstständigenprogramm bis Juni verlängert. Die Hilfen würden ohne Rücksicht auf Bundesprogramme gezahlt.


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"Beim Impfen nicht vordrängen"

Söder appellierte an alle, sich beim Impfen nicht "vorzudrängen" oder sich "überreden zu lassen". "Jede Dosis muss an die gehen, die es dringend brauchen", betonte Söder. Mit zunehmendem Impftempo ab dem zweiten Quartal des Jahres rechnet Söder mit einer Debatte um die Gleichbehandlung von Geimpften und Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen: "Ist es fair, wenn Geimpfte die gleichen Beschränkungen erleben müssen?".

Nicht zum ersten Mal beanstandete SPD-Fraktionschef Arnold die aus seiner Sicht fehlende Parlamentsbeteiligung. Nach wie vor seien die Beschlüsse des Landtags zur neuen Corona-Verordnung rechtlich nicht bindend. Die Söder-Regierung habe zudem den Entwurf für die neue Verordnung dem Landtag gerade einmal drei Minuten vor Antragsschluss zugeleitet. FDP-Fraktionschef Hagen warf Söder vor, die Menschen zu verschaukeln, weil vor einem Monat eine Inzidenz von 50 als Marke für Lockerungen angegeben wurde, jetzt aber 35. Das Infektionsschutzgesetz sehe Lockerungsmaßnahmen ab einer Inzidenz unter 50 vor, sagte Hagen. Daran sollte sich die Söder-Regierung halten, wenn sie nicht Niederlagen vor den Gerichten riskieren wolle.


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Bausback will mehr Aufklärung

Der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende und ehemalige bayerische Justizminister Winfried Bausback (Aschaffenburg) bedauerte, dass man offensichtlichen Fehlern der EU-Kommission bei der Impfstoffbeschaffung nicht wie in nationalen Parlamenten durch einen "voll wirksamen" Untersuchungsausschuss nachgehen könne. In fast jedem nationalen Parlament und auch in den Bundesländern würde in einem solchen Fall das rechtliche und politische Handeln der Exekutive intensiv untersucht. Angesichts der Bedeutung der Impfungen "für Leib und Leben" müsse es zu einer "umfassenden rechtlichen wie politischen Überprüfung" kommen, forderte Bausback. Für einen "wirksamen Untersuchungsausschuss auf europäischer Ebene" mit "umfassenderen Aufklärungsinstrumenten" gegenüber der Europäischen Kommission sollte sich auch der bayerische Landtag einsetzen, so der ehemalige Justizminister.

Als einziger stellte AfD-Fraktionschef Ingo Hahn die Corona-Strategie Bayerns und des Bundes grundsätzlich in Frage. Söder wolle gar keine Normalität und keine Exit-Strategie, weshalb er auf eine dritte Welle und einen "Dauer-Lockdown" setze. Der AfD-Fraktionschef behauptete, dass PCR-Tests keine Corona-Erkrankungen anzeigten und Aerosole Corona-Viren nicht übertragen könnten.

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