Heftige Kritik: Opposition nimmt Söders Kehrtwende ins Visier

5.3.2021, 18:07 Uhr
Die Opposition im Landtag ist nicht zufrieden mit Söders neuerlicher Lockerungspolitik.

© Peter Kneffel, dpa Die Opposition im Landtag ist nicht zufrieden mit Söders neuerlicher Lockerungspolitik.

Allmählich entwickelt sich Routine: Zu Beginn der Landtagssondersitzung fasst Ministerpräsident Markus Söder zusammen, was er die Woche über in Pressekonferenzen und Talkshows zu seiner Corona-Strategie gesagt hat. Danach arbeitet sich die Opposition an ihm ab.

So auch diesmal. Söder verteidigt seinen Kurswechsel, erklärt, dass der Inzidenzwert weiter die einzige belastbare Größe sei und dass ihm noch niemand eine tragfähige Alternative genannt habe. Es ist offensichtlich, dass Söder sein Kurs missfällt, dass er ihn als Kompromiss ertragen muss aus für ihn notwendigen härteren Schritten gegen die anlaufende dritte Welle und dem Ruf der Bevölkerung nach mehr Freiheit.

Grüne kritisieren mangelnde Kommunikation

Die Grünen überzeugt er nicht. Sie haben bisher die Linie der Staatsregierung mitgetragen, als einzige in der Opposition. Die AfD etwa lehnt den Lockdown ab. Ihr Redner Ingo Hahn trägt auch diesmal wieder vor, dass "der Schaden den Nutzen bei weitem überwiegt". Katharina Schulze sieht das nicht, sie hätte sich eine härtere Linie von Söder gewünscht.

Oder, wie sie sagt: Wenn er schon seinen Kurs der "Umsicht und Vorsicht" verlasse, solle er das "wenigstens ehrlich kommunizieren". Die grüne Fraktionschefin spricht von einer Kehrtwende Söders. Sie wirft ihm vor, dass er den zweiten vor dem ersten Schritt mache, dass er "kapituliert vor dem Virus und dem Druck verschiedener Interessen". Sie sagt, die Pandemie sei schlecht gemanagt. "Eine Pandemie bekämpft man, indem der Staat klar handelt, klar kommuniziert und die passende Infrastruktur bereitstellt." Söder mache es umgekehrt, "lockert erst und schafft dann die Voraussetzungen".


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CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer wird später sagen, Schulze fahre im Wahlkampfmodus. Seine Replik ist überaus scharf, und sie zeigt, wie empfindlich die CSU beim Thema Pandemie mittlerweile ist. Kreuzer weiß, dass Söder sich angreifbar gemacht hat und rettet sich in die Vorwärtsverteidigung.

Breiter Angriff

Die Grünen-Politikerin hat eine Reihe von Schlachtfeldern eröffnet, angefangen von den Wirtschaftshilfen, die zum Teil noch nicht geflossen sind, über fehlenden Impfstoff und fehlende Tests bis zu jenen CSU-Politikern, die ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten sind wegen dubioser Geschäfte mit Masken. "Sie sind der Ministerpräsident", sagt Schulze zu Söder. "Ihre Partei sitzt in der Bundesregierung." Da könne sie erwarten, "dass alles besser und schneller organisiert wird. Das klappt nicht."

Wie immer wird Söder nicht antworten; er beschränkt sich seit Monaten auf seine Regierungserklärung und hört sich die Repliken der Opposition nur an. Dabei dürfte ihm nicht verborgen geblieben sein, dass die Grünen ihn heftig kritisieren und zum ersten Mal seit Monaten seine Linie nicht mehr mittragen. Dafür loben ihn SPD und FDP neuerdings, wenn auch dosiert.

FDP-Fraktionschef: "Kehrtwende ist halbherzig"

Horst Arnold, Fürther Abgeordneter und SPD-Fraktionschef bemängelt, dass Söder "viel Zeit verloren" habe, aber "endlich erste Ansätze für eine Öffnung" entwickle. Einen Strategiewechsel will Arnold das ausdrücklich nicht nennen. Denn Söder habe gar keine, die er wechseln könnte. Arnold fordert weitere Lockerungen. Und er erwartet, dass Söder am 16. März dem Landtag berichtet, mit welchen Plänen er am 22. zum nächsten Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin reisen wird.


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Martin Hagen, Fraktionschef der FDP, zollt Söder sogar Respekt. "Sich selbst zu korrigieren erfordert Mut", sagt er. Auch Hagen zählt all die Defizite auf, die die Opposition ausgemacht hat, von der schlechten Ausstattung der Gesundheitsämter bis zum Impfchaos. Und wie Arnold findet auch Hagen, dass Söders Kehrtwende "vor allem eines ist: halbherzig". Vor allem aber kritisiert die FDP das Festhalten an der Inzidenz als einzigem Richtwert. Am Ende stimmen Grüne und AfD gegen Söders Linie, SPD und FDP enthalten sich, CSU und Freie Wähler tragen sie mit. Der Rückhalt für den Lockdown-Kurs schwindet nicht nur in der Bevölkerung.

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