Kommentar: Wirtschaft muss mehr für Gleichberechtigung tun

17.12.2019, 15:46 Uhr
Kommentar: Wirtschaft muss mehr für Gleichberechtigung tun

© Michael Hanschke/dpa

Die Fortschritte sind allein auf Politikerinnen zurückzuführen, die mehr denn je Spitzenpositionen einnehmen. Diese Entwicklung ist gut und wünschenswert, denn die Sichtbarkeit von weiblichem Führungspersonal motiviert andere Frauen, sich zu engagieren. Das haben die Parteien erkannt und fördern - trotz bestehender Defizite - Frauen gezielt. Den Unternehmen sind sie damit ein Stück voraus.

Denn in der Wirtschaft hakt es gewaltig: In diesem Bereich fällt Deutschland im WEF-Ranking um ganze zwölf Plätze auf Rang 48 zurück. Da passt es ins Bild, dass allein in der Region dieses Jahr zwei prominente Führungsfrauen ihre Posten räumten: Janina Kugel bei Siemens und Valerie Holsboer bei der Bundesagentur für Arbeit. Bei beiden soll es Konflikte mit dem männerdominierten Establishment gegeben haben.


Expertin: Darum haben es Frauen als Führungskräfte schwerer


Genau das passiert im Arbeitsalltag immer wieder – egal auf welcher Hierarchieebene. Je höher aber eine Kollegin aufsteigt, desto schwerer wird es ihr oft gemacht, auch das zeigt die Untersuchung des WEF: Beim Eintritt in den Arbeitsmarkt sind Männer und Frauen noch relativ gleichberechtigt. Wenn es dann aber an eine Karriere (und damit um Gehaltssteigerungen) geht, werden sie zu oft abgehängt. Gründe hat das viele, strukturelle aber auch gesellschaftlich tradierte – eine Aufzählung kann nur unvollständig sein. Die allermeisten gründen in der Annahme, die Frau bekomme Kinder und sei dann, wie man so sagt, "raus".

Unsägliches Ehegattensplitting

Da ist das unsägliche Ehegattensplitting, das finanzielle Anreize dafür schafft, dass ein Partner (und in der Realität ist es meistens die Frau) kaum oder wenig arbeitet. Da ist der Kampf von Eltern, einen (qualitativ guten) Betreuungsplatz für ihre Kinder zu finden, der zugleich mit den Arbeitszeiten kompatibel ist. Da sind die Kommentare von Nachbarn, Eltern, Freunden (und auch anderen Frauen), die argwöhnisch beäugen, wenn eine Frau nach der Babypause früh und dann vielleicht in Vollzeit wieder in den Job einsteigt. Und da sind immer noch die Firmen, die Führung lieber an Männer geben – die vermeintlich seltener fehlen, wenn der Nachwuchs mal wieder krank ist.

Dabei profitierten gerade Unternehmen davon, Frauen zu fördern – als Fachkräfte werden sie immer mehr gebraucht. Doch das geht nur, wenn man ihnen ermöglicht, Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen. Wenn man ihnen Leitung zutraut und sie als Führungsfiguren aufbaut. Und wenn man ihnen weibliche role models gibt. Da kann die Wirtschaft ausnahmsweise von der Politik lernen.

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