Kommentar zum Schulstart: Alles wird gut - oder auch nicht

18.9.2020, 15:05 Uhr
Das Corona-Schuljahr steht noch ganz am Anfang - wie sich die Lage entwickeln wird, ist noch nicht klar.

© Felix Kästle, dpa Das Corona-Schuljahr steht noch ganz am Anfang - wie sich die Lage entwickeln wird, ist noch nicht klar.

"Wenn man in die Schulen Unruhe hinein trägt, ist eben Unruhe da". Von dieser banalen Erkenntnis lässt sich Bayerns Kultusminister Michael Piazolo bei der Organisation des neuen wegen der Corona-Pandemie besonders kritischen Schuljahrs leiten. Seit Monaten redet der Politik-Professor beruhigend auf die Beteiligten ein, die er nicht ohne Grund gerne "Schulfamilie" nennt. Das erzeugt ein gewisses Gefühl von Harmonie, Wärme und Geborgenheit. Grundtenor: Die Lage ist ernst, aber wir machen das schon.

SPD-Schulexpertin Margit Wild kann Piazolo damit allerdings nicht einlullen. Sie regt sich über die "Schönfärberei" auf, welche die Spitze des bayerischen Kultusministeriums traditionell pflege, auch unter der Führung eines Freie-Wähler-Politikers. "Schläfrig" sei das alles und "zu unkonkret".

Schon jetzt Dutzende Klassenschließungen

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Schon immer war die gefühlte Lage beim Schulbetrieb vor Ort eine signifikant andere als die amtlich verkündete. Während der Unterrichtsausfall angeblich nur bei ganz wenigen Prozent liegen soll, wundern sich Eltern nach wie vor, dass ausgerechnet sie immer von diesen großen Ausnahmen heimgesucht werden. Das ist ein wenig so wie bei den Verspätungen der Bahn: Komischerweise sitzt man immer in den angeblich verschwindend wenigen Zügen, die satte Verspätungen einfahren.

Dieses Jahr wäre man froh, wenn es in Bayern bei dem vor Corona "normalen" Maß an Unterrichtsausfällen bleiben würde. Doch man muss sich auf anderes einstellen. Der Schulbeginn, den Minister Piazolo als "gelungen" bezeichnete, ging jedenfalls schon einmal mit Dutzenden Klassenschließungen einher. Vieles spricht dafür, dass es in Herbst und Winter deutlich mehr werden. Beim Distanzunterricht, der dann wohl häufiger zum Tragen kommt, wird sich das oben genannte Phänomen wieder einstellen: Offiziell wird es recht gut laufen, gefühlt aber ziemlich holprig. Wie kann es auch anders sein: In einem halben Jahr sind die Versäumnisse bei der Digitalisierung der Schulen nicht aufholbar.

Verwandte Themen