Nach AKK-Hinwurf: Nur drei Kandidaten kommen ernsthaft in Frage

11.2.2020, 11:25 Uhr
Wie geht es weiter in der Union? Nachdem Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag die Reißleine gezogen hat, sind viele Fragen unbeantwortet.

© dpa/sz Wie geht es weiter in der Union? Nachdem Annegret Kramp-Karrenbauer am Montag die Reißleine gezogen hat, sind viele Fragen unbeantwortet.

Friedrich Merz (64)

Schon im Dezember 2018 war es sehr knapp gewesen. Wenn Friedrich Merz bei der Stichwahl von den 999 Parteitagsdelegierten mit einer etwas stärkeren Rede nur 18 mehr auf seine Seite gezogen hätte, dann wäre er CDU-Vorsitzender geworden. Eine Art "Neben-Vorsitzender" war er seit damals ohnehin. In der Regel griff er Annegret Kramp-Karrenbauer nicht direkt an, raunte aber immer wieder über die schwierige Lage der Christdemokraten und die "grottenschlechte" Politik der Regierung unter seiner Erzfeindin, Kanzlerin Angela Merkel.

Nach AKK-Hinwurf: Nur drei Kandidaten kommen ernsthaft in Frage

© Foto: Kay Nietfeld/dpa

Friedrich Merz kann nur ein einziges, relativ kurz ausgeübtes und auch schon lange zurückliegendes Spitzenamt (Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag von 2000 bis 2002) vorweisen, gilt aber als der heißeste Kandidat für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur. Erst vor wenigen Tagen teilte er mit, dass er seinen Posten bei der Fondsgesellschaft Blackrock aufgeben werde. Die Begründung: "Ich werde mich in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker für dieses Land engagieren." Da war ihm schon klar, wie angeschlagen die Parteichefin AKK war und dass er über kurz oder lang seine Chance erhalten könnte.


Kommentar: Merz als CDU-Vorsitzender würde den Niedergang beschleunigen


Merz´ Stärke ist zugleich seine Schwäche: Er kommt hervorragend beim konservativen Flügel der CDU an – und entsprechend schlecht bei den Merkelianern. Seine Unterstützer hoffen, dass er in der Lage wäre, die AfD bei kommenden Wahlen klein zu halten. Er selbst hatte das in der Vergangenheit auch versprochen.

Jens Spahn (39)

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© Foto: Adam Berry/afp

Der jüngste Kandidat für CDU-Vorsitz und Kanzerkandidatur hat seit seiner Niederlage im ersten Wahlgang vor 14 Monaten kräftig an seinem Image gearbeitet. Hatte er vorher als gelegentlich etwas krawallig und populistisch gegolten – als einer, der auf jedes Thema anspringt –, so wird er nun von vielen als einer der zupackendsten Gesundheitsminister seit langem und einer der wenigen wirklichen Pluspunkte der Regierung betrachtet. Selbst dann, wenn er am Ende nicht erfolgreich war, etwa bei der Neuregelung der Organspende, wird ihm zugutegehalten, wenigstens die Debatte vorangebracht zu haben.


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Jens Spahns Manko bei der letzten Vorsitzendenwahl gilt mit Einschränkungen auch heute noch: Er ist vergleichsweise jung. Doch kann er auf Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (33) verweisen, der sogar noch sechs Jahre jünger ist als er und bereits zum zweiten Mal zum Regierungschef gewählt wurde. Im Vergleich mit Friedrich Merz hat Spahn ein minimal liberaleres Profil, aber auch er gilt als Merkel-Kritiker und einer, der die Union gerne weiter rechts positionieren würde. Zum Abschied würdigte er AKK, gegenüber der er nach außen loyal aufgetreten war, dafür, "CDU und CSU wieder zusammengeführt zu haben". Die Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft habe "eine schwierige Situation" ergeben, räumte er ein. Jens Spahn verfügt über gute Drähte zu den Grünen, dem wahrscheinlichsten nächsten Koalitionspartner.

Armin Laschet (58)

Wenn überhaupt jemand von den aussichtsreichen Bewerbern die grobe politische Linie Angela Merkels fortsetzen könnte, dann wäre es der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Als Regierungschef im einwohnerstärksten Bundesland zählt er automatisch zu den Kandidaten um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur. Doch in der Vergangenheit hatte er sich immer dann, wenn es darauf ankam, bedeckt gehalten. Nun wird er entscheiden müssen, ob er seine vielleicht letzte große Chance nutzt.

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© Foto: Federico Gambarini/dpa

Laschet gilt als liberal, als ein großer Unterstützer der Flüchtlingspolitik Merkels und als höchst distanziert gegenüber Vereinigungen wie der Werteunion. Würde er antreten, könnte es zu einer echten Kampfabstimmung um die Ausrichtung der CDU kommen. Manche zweifeln, ob er sich das antun will. Seine Chancen, bei der nächsten NRW-Landtagswahl in zwei Jahren im Amt bestätigt zu werden, sind derzeit nicht schlecht. Er könnte also weiter vom bundespolitischen Seitenrand aus Einfluss auf die Partei nehmen, ohne an vorderster Front stehen zu müssen.

Laschet hat Erfahrungen auf allen politischen Ebenen – vom Stadtrat (15 Jahre) über den Landtag (zehn Jahre) bis zu Bundestag (vier Jahre) und Europaparlament (sechs Jahre).


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