Schwächen und Stärken

Nach TV-Triell: Wo Baerbock, Laschet und Scholz punkteten

30.8.2021, 15:58 Uhr
Die Kanzlerkandidaten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz mit den Moderatoren Pinar Atalay und Peter Kloeppel.

© --, dpa Die Kanzlerkandidaten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz mit den Moderatoren Pinar Atalay und Peter Kloeppel.

Was taugt das neue Format des "Triells"?

Die Dreier-Runde war lebendiger als die früheren Duelle mit Amtsinhaber (also meistens Angela Merkel) und Herausforderer. Pinar Atalay und Peter Kloeppel moderierten nicht zu aggressiv und nicht zu zurückhaltend, hatten die passenden (Nach)Fragen an das Trio. Zu erleben war eine weitgehend sehr zivilisierte, nicht aus dem Ruder laufende Debatte mit viel Inhalt. Aber auch noch ausreichend Stoff für die kommenden zwei Trielle - bei weitem nicht alle Themen wurden angesprochen, was auch kaum machbar ist.

Wie präsentierte sich Armin Laschet, der angesichts seiner miesen Umfragewerte am meisten unter Druck steht?

Der 60-Jährige trainiert seine Auftritte nun mit dem früheren Bundesgeschäftsführer der CDU, Klaus Schüler, dem ein "Ruf wie Donnerhall" (so die Welt) vorauseilt. Laschet trat denn auch verändert auf. Er präsentierte sich als Angreifer, der die anderen Mitbewerber mehrfach aggressiv anging und nachfragte - so deutlich, dass Peter Kloeppel zu ihm sagte: "Sie übernehmen unseren Job". Größere Schnitzer, auf die seine Gegner hofften und vor denen seine Anhänger bangten, leistete er sich nicht. Bis auf den: Bis auf den: Er wolle nur drei Wörter von Scholz hören - den Satz „Ich mache das nicht“. Doch dieser Satz, den Laschet mit Blick auf eine Koalition mit der Linken zu hören bekommen wollte, hat keine drei Wörter, sondern vier.

Und wie Annalena Baerbock, die in den Umfragen abgerutschte Grünen-Kandidatin?

Die Grünen-Kandidatin präsentierte sich offener und gelassener als bei anderen Auftritten nach ihren selbst verschuldeten Pannen (Stichwort Biografie, Plagiate in ihrem Buch). Sie schien vor allem eines vermeiden zu wollen: bloß nicht als Verbots-Politikerin und Mitglied einer Verbots-Partei zu wirken. Bei mehreren Fragen, was sie denn verbieten würde, winkte sie ab. Inlandsflüge? Regeln sich von selbst. Gender-Sprache? Keine Vorschriften, bitte!

Die 40-Jährige kritisierte Laschet und Scholz mehrfach für deren fehlenden Mut zum Aufbruch und erinnerte an Versäumnisse aus deren gemeinsamer Regierungsverantwortung.

Wie gab sich Olaf Scholz, der in den Umfragen immer weiter aufgeholt hat?

Während Laschet und Baerbock sich auch mit Gesten um Emotionalität bemühten, blieb Olaf Scholz am zurückhaltendsten - manche Beobachter fanden ihn nahezu einschläfernd ruhig. Nüchtern und buchhalterisch - diese Rolle scheint aber anzukommen bei vielen. Dass der Sozialdemokrat nun sogar scherzhaft die Merkelsche Raute gekapert hat und in Anzeigen verkündet, er könne Kanzlerin - das empört die Union (und auch Laschet) gerade deshalb, weil es offensichtlich Wirkung zeigt.

Wo gab es die meisten Unterschiede?

Bei der Steuer- und Sozialpolitik. Da wurde sichtbar, dass die Union auf Entlastungen zunächst für Besserverdiener setzt, denen Grüne und SPD etwas mehr abverlangen wollen.

Und beim Klimaschutz. Da blieben Laschet und Scholz eher vage, während Baerbock beim Kernthema der Grünen auf deutlich mehr Initiativen drängte. Manche Themen blieben allerdings auch ganz ausgeklammert – Bildung, Digitalisierung, Pflege etwa. Und bei den Antworten ergaben Faktenchecks: Alle drei Bewerber äußerten sich in der Regel fachlich korrekt – und allen unterliefen kleine Schnitzer.

Und wo die meisten Gemeinsamkeiten?

Bei der künftigen Corona-Politik. Einen weiteren Lockdown schlossen alle drei aus, Baerbock sagte nur: "Die sich nicht impfen lassen, können nicht die gleichen Freiheitsrechte haben wie die anderen." Es brauche einen Schub für mehr Impfungen, da waren sich alle einig.

Welche Themen wurden gesetzt, die neue Impulse in den Wahlkampf bringen?

Baerbock und Scholz zeigten bei der Steuerpolitik viel Gemeinsamkeiten und gingen da auf Distanz zu den Senkungsplänen der Union. Diese Unterschiede wurden bisher in dieser Deutlichkeit noch nicht herausgearbeitet.

Und: Der Wahlkampf kehrt wieder mal zurück zu den alten Lagern - Union auf der einen, SPD und Grüne auf der anderen Seite. Laschet drängte Scholz vergeblich zu einer klaren Absage an eine Koalition mit den Grünen - und warnte, wie zuvor in Interviews Markus Söder, vor einem Linksbündnis. Auch wenn Scholz und fast mehr noch Baerbock auf Distanz gingen zu den inhaltlichen Positionen der Linken (Stichwort Nato-Ablehnung): Mit dem fehlenden, klar ausgesprochenen "Nein" zu einem Zusammengehen mit der Linken bietet Scholz jene offene Flanke, auf die Laschet und Söder gewartet haben.

Wie beurteilten die Zuschauer das Triell?

Eine forsa-Umfrage bei 2500 ausgewählten Zuschauern des Triells ergab einen deutlichen Vorsprung für Olaf Scholz: 36 Prozent sahen ihn als Sieger, 30 Prozent Annalena Baerbock und 25 Prozent Armin Laschet. Für keinen der Drei entschieden sich 9 Prozent. Noch klarer fiel die Entscheidung auf die Frage „Wem trauen Sie am ehesten zu, das Land zu führen?“ aus. Hier votierten 47 Prozent für Olaf Scholz, 24 Prozent für Armin Laschet und 20 Prozent für Annalena Baerbock.

Eine Umfrage unter den Usern unseres Online-Portals nordbayern.de sah vor dem Triell Scholz mit 61 Prozent vor Baerbock (20) und Laschet (19). Nach der Sendung fiel das Votum deutlich anders aus: Scholz und Baerbock lagen mit 37 Prozent gleichauf, Laschet kam auf 26 Prozent.

Wie geht es nun weiter?

Das nächste Triell steigt am Sonntag, 12. September, bei ARD und ZDF (20.15 Uhr). Gastgeber sind Maybritt Illner und Oliver Köhr. Eine Woche vor dem Wahltag kommt es bei ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins mit den Moderatorinnen Linda Zervakis und Claudia Brauchitsch zum letzten Triell der Kandidaten - am Sonntag, 19. September (20.15 Uhr). Und eine Woche später, am 26. September, steht dann die Wahl an. Für diejenigen zumindest, die noch nicht per Briefwahl abgestimmt und deshalb vielleicht vor ihrem Votum gar kein Triell gesehen haben.

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