Kommt Anfang 2023 - Drei Hybrid-Antriebe

Neuer Lexus RX: Er fordert Mercedes und BMW heraus

Ulla Ellmer

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20.9.2022, 21:04 Uhr
Neuer Lexus RX: Er fordert Mercedes und BMW heraus

© Hersteller

Für die deutsche Lexus-Dependance müssen die USA so etwas wie ein Schlaraffenland sein. Die Rolle von Milch und Honig übernimmt dort eine Lexus-Population, von deren Marktdurchdringung man hierzulande nur träumen kann. Gleiches gilt für den fast ebenbürtigen Nimbus, mit dem die Lexus-Modelle Audi, BMW oder Mercedes begegnen.

Exemplarisch und global lässt sich die Diskrepanz am RX ablesen. Seit seiner Markteinführung 1998 hat sich der Oberklasse-Crossover weltweit über 3,5 Millionen Mal verkauft, auf Europa entfielen davon nur 300.000 Einheiten. Noch einmal der Blick auf Deutschland: Für den Zeitraum Januar bis August meldet das Kraftfahrt-Bundesamt spärliche 406 RX-Neuzulassungen.

Immer elektrifiziert

Das Mauerblümchen-Dasein neben BMW X5 oder Mercedes GLE könnte sich aber bald zu einer konkurrenzfähigeren Präsenz entwickeln. Denn Anfang 2023 bringt Toyotas Edelmarke die neue und fünfte RX-Generation auf den Markt, und die ist so wohlgeraten, dass sie mehr Kundenzuspruch tatsächlich verdient hat. Neben premiumwürdigem Ambiente wirft der runderneuerte RX vor allem seine elektrifizierten Antriebe in die Waagschale. Drei sind es an der Zahl, darunter ein Plug-in-Hybrid und, als Premiere, ein Turbo-Vollhybrid.

Aber der Reihe nach: Wie der kleinere Lexus NX oder der Toyota RAV-4 nutzt der RX die sogenannte GA-K-Plattform des Hauses, allerdings mit einem anderen und angepassten Set-up. An der Länge - 4,89 Meter - hat sich im Vorgängervergleich nichts geändert, wohl aber am Radstand, der ein Plus von sechs Zentimetern aufweist. Davon profitieren zunächst die Proportionen, die sportlich-kurzen Überhänge stehen der Generation 5 gut.

Mit Japan-Barock ist es schon lange vorbei, auch der RX vermittelt nichts davon. Sein Auftritt ist ein klarer und selbstbewusster, als einzige – aber umso augenfälligere - Extravaganz leistet sich der Japaner eine nunmehr über die gesamte Fahrzeugbreite reichende Interpretation des sogenannten Diabolo-Kühlergrills, es ist eine ziemlich mächtige Front, die der RX da vor sich herschiebt.

Neuer Lexus RX: Er fordert Mercedes und BMW heraus

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Wir nehmen Platz. Auch das Interieur verzichtet auf überflüssigen Schwulst und Schwurbel, die feine Gediegenheit hat Lexus zwar konservativ, aber sachlich verpackt. Im Mittelpunkt des Geschehens an Bord steht ein opulenter und leicht fahrerorientierter 14-Zoll-Touchscreen mit scharfer Bildgebung, dahinter steckt ein blitzdenkendes und nicht rätselhaft durchstrukturiertes Infotainment. Was wo aufzufinden und einzustellen ist, haben wir rasch kapiert, gefallen hat uns auch, dass sich Basics wie Klimatisierung und Lautstärke über haptische Bedienelemente ansteuern lassen. Die Türen öffnen elektrisch, die Sprachassistentin merkt auf das Kommando „Hey Lexus“ auf, das Head-up-Display spiegelt bei Berühren der beiden Lenkrad-Bedienflächen deren Funktionsinhalte. Nicht ausprobiert haben wir die Lexus-Link-App, über die sich das Auto ver- und entriegeln oder vortemperieren lässt und mit deren Hilfe die Heckklappe aus der Ferne zu öffnen ist. Das hilft beispielsweise dann, wenn der RX als Lagerstätte für Lieferungen dienen soll.

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Als Siebensitzer wird es die fünfte RX-Generation nicht mehr geben, man reist also zu fünft. Das geht gut, wobei großgewachsene Fondpassagiere dem Dachhimmel schon recht nahe kommen, auch der Kofferraum fällt mit seinen 461 Litern nicht wirklich üppig aus, bauartbedingt gilt es zudem eine verhältnismäßig hohe Ladekante zu überwinden.

Zwei Vollhybride, ein Plug-in-Hybrid

Bei den Antrieben markiert der RX 350h die kleinste Lösung. Sein Vollhybrid-Antrieb setzt sich aus einem 2,5-l-Vierzylinder-Benziner sowie je einem Elektromotor vorne und hinten zusammen, den elektrischen Allradantrieb nennt Lexus „E-Four“. Insgesamt ergibt sich eine Systemleistung von 184 kW/250 PS. Das reicht locker aus, befanden wir nach ersten Probefahrten. Zwischendurch geht es immer wieder elektrisch voran, die hauptsächliche Berufung der E-Maschinen besteht aber darin, den Verbrenner in seinem Tun zu unterstützen. Der benötigte Strom wird während der Fahrt durch Rekuperation gewonnen. Der 350h soll die einstigen Diesel-Fans locken, die Werksangabe verspricht ihnen einen recht optimistischen Durchschnittsverbrauch von 6,3 l/100 km.

Den Mittelplatz im Portfolio belegt der 450h+, seinen Plug-in-Hybridantrieb kennt man schon aus dem NX 450h. Wiederum kooperiert der 2,5-l-Vierzylinder mit zwei E-Motoren, die Systemleistung erreicht 227 kW/309 PS, entsprechend geht es schon eine Ecke flotter voran als mit dem 350h. Der 18,1-kWh-Akku soll 65 rein elektrische Kilometer ermöglichen, wir halten das für möglich. Bei leergefahrener Batterie bleibt die Arbeit nicht allein dem Verbrenner überlassen, der 450h+ benimmt sich in diesem Fall wie ein ganz normaler selbstladender Hybrid (siehe oben). Extern geladen wird die Batterie einphasig und mithilfe eines 6,6-kW-Onboardchargers, einmal Vollladen nimmt knapp drei Stunden in Anspruch. Zur Irrelevanz der verbrauchstechnischen Hausnummer – 1,2 l/100 km – wollen wir uns an dieser Stelle nicht weiter auslassen, hier muss ein ausführlicher Praxistest aussagekräftigere Erkenntnisse erbringen.

Weil es mit dem Umweltbonus für Plug-in-Hybride zum Jahreswechsel vorbei ist, gehen die Japaner davon aus, dass die meisten deutschen Kunden das stärkste Pferd im RX-Stall erwählen werden. Der 500h sei etwas für die „anspruchsvollsten unter den Petrolheads“, sagt Tanguy Lejeune von Lexus Europe begeistert, im sensibilisierten Deutschland wird man diese Botschaft womöglich eher stirnrunzelnd aufnehmen. Interesse verdient aber die Info, dass der 500h der erste Vollhybrid-Turbo der Marke und insofern etwas Besonderes ist. Den Verbrennerpart übernimmt also ein aufgeladener 2,4-l-Vierzylinder mit 200 kW/272 PS, gemeinsam mit den beiden elektrischen Partnern sorgt er für eine Systemleistung von 273 kW/371 PS. Eine E-Maschine treibt die Vorderachse, die andere die Hinterräder an.

Neuer Lexus RX: Er fordert Mercedes und BMW heraus

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Dank des starken E-Supports bietet der 500h ein ebenso kraftvolles wie spritziges Antriebserlebnis, die selbstladende Hybridtechnik erlaubt es, bei gemäßigtem Tempo rein elektrisch zu fahren. Dass der Top-500h von allen RX-Varianten am kultiviertesten wirkt, geht auch aufs Konto der sanften Sechsgang-Wandlerautomatik, die hier anstelle des ansonsten verschraubten CVT-Getriebes mit seinem nicht ganz kaschierten Gummiband-Effekt zum Einsatz gelangt. Nach Deutschland kommt der RX 500h ausschließlich in F-Sport-Ausstattung, die unter anderem Adaptivfahrwerk und Allradlenkung umfasst, entsprechend gelangt man überaus komfortabel ans Ziel und kriegt den Crossover für seine 2,2 Tonnen Lebendgewicht auch recht agil und obendrein wankfrei um die Kurven.

Hinsichtlich des Verbrauchs muss man aber damit rechnen, dass Leistung und Gewicht ihren Tribut fordern. Gescheucht haben wir den 500h wahrlich nicht, trotzdem übertrafen wir mit 9,5 l/100 km die Werksangabe – 8,3 l – um eine ganze Ecke. Bei stärkerer Leistungsabforderung dürfte der Spritkonsum in den zweistelligen Bereich gehen.

Rücksicht auf Radler

Unter den vielen angebotenen Sicherheitssystemen soll vor allem der „Safe Exit Assist“ Erwähnung finden, der von hinten nahende Verkehrsteilnehmer erkennt und dann das Öffnen der Türen verhindert. So können vor allem die berüchtigten Dooring-Unfälle mit Radfahrern vermieden werden.

Was der neue RX kosten soll, will Lexus erst im Oktober bekanntgeben. Der noch konfigurierbare Vorgänger hält sich ab 64.650 Euro bereit, das mag zumindest einen ungefähren Anhaltspunkt liefern.

Lexus RX in Kürze:

Wann er kommt: Anfang 2023.

Wen er ins Visier nimmt: BMW X5, Mercedes GLE, Audi Q7, Volvo XC90.

Was ihn antreibt: Vollhybridsystem mit 184 kW/250 PS (RX 350). Plug-in-Hybridsystem mit 227 kW/309 PS (RX 450h+). Vollhybridsystem mit 273 kW/371 PS (RX 500).

Was er kostet: Noch nicht bekannt.

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