Regierung übernimmt nur 50 Prozent der Kosten

Ärger um Luftfilter: "Söder betreibt Placebo-Politik auf dem Rücken der Kommunen"

7.7.2021, 10:30 Uhr
Trotz Luftfilteranlagen in den Klassenzimmern muss nach wie vor sechs Mal pro Stunde gelüftet werden.

© imago images/Christoph Reichwein, NN Trotz Luftfilteranlagen in den Klassenzimmern muss nach wie vor sechs Mal pro Stunde gelüftet werden.

Die kommunalen Spitzenverbände sind seit Ministerpräsident Markus Söders Ankündigung, dass alle bayerischen Klassenzimmern bis Herbst mit Luftreinigern ausgestattet sein müssen und die Kommunen dafür in der Verantwortung stehen, in Aufruhr versetzt.

In einem gemeinsamen Brandbrief an den Ministerpräsidenten hatten die vier Spitzenverbände ihrem Ärger schon vor der jüngsten Kabinettssitzung Luft gemacht. Sie kritisierten Söders Kommunikation und Verhalten gegenüber der Bevölkerung scharf. Denn sie halten es für falsch, Erwartungen in der Bevölkerung zu schüren, die nicht umsetzbar seien.

Auch, wenn Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) in der Kabinettssitzung betonte, es bestehe keine Pflicht für die Träger von Schulen und Kitas, Luftfiltergeräte anzuschaffen, so stehen die Kommunen doch jetzt unter dem Erwartungsdruck der Schulfamilie.

Präsenzunterricht mit allen Mitteln

Diese will Präsenzunterricht mit allen nur verfügbaren Mitteln. Und diesem Druck, sagen die Spitzenverbände, könnten sie nicht standhalten. Sie müssen liefern. Irgendwie.
Deshalb ist der Ärger darüber groß, dass nur 50 Prozent der Anschaffungskosten für die Geräte vom Freistaat übernommen werden sollen. "Wir sehen hier einen Rattenschwanz an Folgekosten für Wartung und Ersatz auf uns zukommen, erklärte Thomas Zwingel, Vizepräsident des bayerischen Gemeindetags und Bürgermeister der Stadt Zirndorf (SPD). Söders Versprechen erscheint ihm als "reine Placebo-Politik auf dem Rücken der Kommunen."

Zwingel betont, seine Kritik habe nichts mit der Parteizugehörigkeit zu tun. "Wir sind im Gemeindetag alle derselben Meinung, parteiübergreifend." Man sei verärgert und enttäuscht über die Vorgehensweise des Ministerpräsidenten. Er habe die eigene Verpflichtung an die Kommunen abgeschoben und stelle sich nun der Bevölkerung als Gönner vor, sagt Zwingel.


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"Der Schwarze Peter liegt klar bei uns, wir werden förmlich in die Beschaffung gedrängt", pflichtet ihm Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) bei, der auch Präsident des bayerischen Städtetags ist. Dabei sei Söders Vorgabe gar nicht zu schaffen. "Der Freistaat will mit dieser Aktion bewusst keinen Konnexitätsfall auslösen, nach dem Motto: wer anschafft, muss auch bezahlen", sagt Pannermayr.

Außerdem sei nach wie vor nicht geklärt, welchen Beitrag mobile Lüftungsgeräte im Sinne des Infektionsschutzes tatsächlich leisten könnten. Das sei aber die entscheidende Frage.

Auch Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, hegt Zweifel an der Umsetzbarkeit von Söders Vorgabe: "Derzeit sind auf dem Markt nur sehr begrenzt Geräte verfügbar. Denn es fragen sehr viele Kommunen bei den Firmen nach."

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