Durch den Klimawandel: Angst um unser Grundwasser

26.6.2019, 05:41 Uhr
Durch den Klimawandel: Angst um unser Grundwasser

© Lukas Schulze/dpa

Mit solchen Wünschen macht sich Claus Kumutat unter Freibad-Betreibern und Sonnenanbetern keine Freunde: "Was wir jetzt dringend bräuchten, ist nicht nur ein verregneter Sommer, sondern gleich mehrere nasse Jahre hintereinander", sagt der Präsident des Landesamtes für Umwelt (LfU) angesichts der niedrigen Grundwasserpegel in Bayern. An vielen Stellen im Freistaat wurden in den vergangenen Jahren Rekordtiefstände verzeichnet. Und die aktuelle Hitzewelle verheißt auch für den Sommer 2019 nichts Gutes.

Zwar haben die ergiebigen Regenfälle im Mai die Lage kurzzeitig ein wenig entspannt, langfristig gesehen waren diese Niederschläge jedoch kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. In vielen Ecken der Region waren die Böden danach zwar gesättigt, doch vier trockene Jahre in Folge haben in den Grundwasserspeichern tief unter uns ihre Spuren hinterlassen.

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So sind die aktuellen Daten des Niedrigwasser-Informationsdienstes des Bayerischen Landesamtes für Umwelt schon jetzt, in der ersten Hälfte des hydrologischen Sommerhalbjahrs (1. Mai bis 31. Oktober, diese Einteilung wird in der Gewässerkunde für die Niederschlagsbilanz verwendet), alarmierend. An 34 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen im Freistaat wurden vorgestern niedrige beziehungsweise sehr niedrige Pegelstände registriert.

Zwei neue Negativrekorde

Zur Erklärung: Von einem niedrigen Grundwasserstand sprechen die Fachleute, wenn der gemessene Wert kleiner ist als 75 Prozent aller Messwerte, von einem sehr niedrigen Stand, wenn er unter dem Level von 90 Prozent aller Messwerte liegt.

In Mittelfranken und in Oberfranken zum Beispiel weisen unter anderem die Messstellen in Baiersdorf, Kirchehrenbach, Behringersdorf, Reichenschwand, Großhabersdorf und auf der Kaiserburg in Nürnberg einen sehr niedrigen Stand im sogenannten oberen Grundwasser-Stockwerk aus (siehe nebenstehende Grafik). Im Kulmbacher Ortsteil Blaich und im oberbayerischen Pörnbach protokollierten die Fachleute des LfU am Montag sogar neue Niedrigstwerte.

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Noch nie seit der Inbetriebnahme dieser Messstellen war dort also der Grundwasserpegel so niedrig wie in diesen Tagen. Und an zahlreichen Messstellen in Bayern werden bereits seit mehreren Jahrzehnten Grundwasserstände gemessen. In Einzelfällen reichen die Messdaten sogar bis zu 100 Jahre zurück.

Und diese Daten zeigen, dass das Thema Trockenheit wahrlich nicht neu ist im Freistaat. Unter anderem hat eine neue Studie von Kliwa (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft), einer Kooperation aus Deutschem Wetterdienst und den Umweltministerien in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, ergeben, dass der Regen in Bayern im Zeitraum von 1931 bis 2015 vor allem im Sommerhalbjahr zurückgegangen ist. Im Südosten von Bayern gab es sogar um 19 bis 23 Prozent weniger Niederschläge, und auch die Winter sind seit Jahren zu trocken.

Niederschläge verdunsten zum großen Teil

Ohne Regen können sich die Wasservorräte auf Dauer aber nicht erholen – und von dem Niederschlagswasser, das noch vorhanden ist, verdunstet mehr aufgrund der Hitze. "Wir bräuchten regelmäßig tagelangen, möglichst gleichmäßigen und nicht zu starken Landregen", wünscht sich Claus Kumutat angesichts der Tatsache, dass seit dem Jahrhundertsommer 2003 an vielen Stellen in Bayern die Grundwasservorräte merklich gesunken sind.

Und das ist auch deswegen bedenklich, weil die öffentliche Grundwasserversorgung in Bayern zu über 90 Prozent auf Grund- und Quellwasser basiert. Der Freistaat ist hier zurzeit noch in einer vergleichsweise glücklichen Lage. Andere Bundesländer wie Nordrein-Westfalen oder Sachsen müssen den Großteil ihres Trinkwasserbedarfs aus Seen und Talsperren abdecken.

Angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Grundwassermessstellen im Freistaat in den vergangenen drei Jahren historische Tiefststände verzeichnet hat, fordert der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig unter anderem ein Wassermanagement mit dem Ziel des sparsamen Einsatzes von Grundwasser. "Wir müssen auf den Rückgang der Grundwasserneubildung schnell reagieren", sagt der mittelfränkische Parlamentarier.

Im vergangenen Jahr hatten Stümpfig und seine Fraktion deshalb einen Dringlichkeitsantrag in den Bayerischen Landtag eingebracht, der unter anderem die Kontrolle und Deckelung der Wasserentnahme durch Landwirtschaft und Gewerbe fordert. Außerdem sollen Bodenversiegelungen und -verdichtungen möglichst vermieden werden, damit der Regen großflächig in den Boden eindringen kann.

Hohlräume in der Erdrinde

Grundwasser entsteht nämlich in erster Linie aus Niederschlagswasser, das in der Erde versickert. In Hohlräumen in der Erdrinde sammelt sich dann dieses Wasser, und aufgrund der Schwerkraft dringt das Sickerwasser möglichst senkrecht in tiefere Bodenschichten vor und füllt auf seinem Weg nach unten Ritzen und Hohlräume. Wenn es auf wasserundurchlässige Schichten aus Stein, Lehm oder Ton trifft, sammelt es sich an dieser Barriere zu geschlossenen Grundwasserarealen.

Die Fachleute unterscheiden beim Grundwasser zwischen den eingangs erwähnten Stockwerken. Für die Trinkwasserversorgung entscheidend ist das sogenannte oberflächennahe Grundwasser, das bis ungefähr hundert Meter Tiefe reicht. Gut zwei Drittel des Trinkwassers im Freistaat stammen aus dem oberflächennahen Grundwasser. Das Tiefengrundwasser in einer Tiefe von unterhalb hundert Metern hingegen soll möglichst nicht angetastet werden. "Es wird für nachfolgende Generationen vorgehalten", sagt Kumutat. Das Tiefengrundwasser erneuert sich nämlich so langsam, dass es meist viele Jahrhunderte alt ist.

 

Doch auch bei diesen tieferen Stockwerken haben die Mitarbeiter des LfU in den vergangenen Jahren eine beunruhigende Entwicklung dokumentiert. Aktuell weist der Niedrigwasser-Informationsdienst für mehr als die Hälfte dieser Messstellen niedrige und sehr niedrige Pegelstände aus. Dabei hat der Sommer erst angefangen.

 

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