Erlanger Schüler kämpfen für ihr gesundes Essen

30.7.2020, 12:30 Uhr
Erlanger Schüler kämpfen für ihr gesundes Essen

© Archivfoto: Harald Sippel

Karl-Heinz Miederer ist gerührt, als er die Worte hört, die Matthias Götz über die gemeinnützige Access Integrationsbegleitung gesagt hat. Seit fast schon sechs Jahren funktioniere die Zusammenarbeit mit dem Christian-Ernst-Gymnasium "herausragend gut", so Götz, Teil der erweiterten Schulleitung und Koordinator der Partnerschaft. "Das Team ist beliebt, unser Essen ist begehrt", freut sich Miederer. Genau das war der Wunsch von Access gewesen, als sie einst in der Mensa des Gymnasiums am Langemarckplatz einstiegen. "Aber dass wir nun sogar als Teil der Schulfamilie gesehen werden und so viel Anteilnahme in diesen schweren Zeiten erfahren, das ist schon traumhaft", so Miederer, Geschäftsführer von Access.

Früher hatten sie am CEG Großküchen-Essen, dann entstand der Kontakt zu Access, es war der Beginn einer "Erfolgsgeschichte", wie sie Miederer nennt und "eines absoluten Glücksfalls", wie Götz findet. Waren es anfangs 35 Essen pro Tag, meldeten sich bald 63 Schüler zu Tisch. Dann 85. Vor der Corona-Pause waren es 115 Mittagessen, die Access täglich zubereitet: ein vegetarisches und ein nicht-vegetarisches Gericht.

Alles vor Ort und frisch

Alle Speisen werden vor Ort frisch gekocht und zubereitet aus Zutaten von Bauern aus dem Umland. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Erlanger Schulen.

Küchenchef ist Ben Classen, der bereits in Sterneküchen mitarbeitete, nun aber die Freiheit genießt, seiner Kreativität freien Lauf lassen zu können: "Hier bin ich mein eigener Chef. Es herrscht nicht der Druck und der raue Umgangston, den ich aus anderen Küchen gewohnt war." Im Gegenteil: Seine Mitarbeiter brauchen Zuspruch und Geduld, denn es sind teils Menschen mit Behinderung. Das ist das Konzept von Access.

Doch durch die Schulschließungen in der Corona-Pandemie wurde Access schwer getroffen. Mit Kurzarbeit federte das Unternehmen so gut es ging die ausbleibenden Gewinne ab – Gewinne, wie Geschäftsführer Miederer betont, die es ohnehin gar nicht gibt: "Eine Mensa mit gesundem und nachhaltigem Essen ist kein profitables Geschäft." Es geht darum, Menschen mit und ohne Behinderung einen Arbeitsplatz zu bieten, der ihnen Freude bereitet und gleichzeitig Kinder und Jugendliche mit gesundem und gutem Essen glücklich zu machen. Das Lob und das positive Feedback, so Miederer, seien der Gewinn. Rein wirtschaftlich sei man glücklich, wenn die Schwarze Null steht.

Doch selbst diese Null war nun in Gefahr. Schlimmer noch: Durch den gestrichenen Nachmittagsunterricht blieben auch nach der Öffnung die Kunden weiter aus: "Die Kinder", sagt Miederer, "gehen nun um 13 Uhr nach Hause. Mittagessen muss niemand mehr." Access fehlt damit die Geschäftsgrundlage: der Hunger.

Kleiner Pausenverkauf

Zwar stellt das Unternehmen nun einen kleinen Pausenverkauf mit Bäckereiprodukten, doch der ist alles andere als rentabel. "Trotzdem wollen wir etwas zurückgeben, wenn wir als Teil der Schulfamilie gesehen werden. Wir wollen nicht sagen: Lohnt sich nicht, wir kommen nicht. Sondern wir wollen da sein."

Gekocht aber wird nicht – was nicht nur wirtschaftliche Folgen hat, wie Ben Classen weiß: "Für Menschen mit Handicap ist die Arbeit eine wichtige Stütze im Leben: sie werden gebraucht, sie können etwas leisten, sie erfahren Wertschätzung. Das ist von heut auf morgen erst einmal weggebrochen." Karl-Heinz Miederer hat deshalb einen Brief an die Eltern der Schülerinnen und Schüler geschrieben, die Situation erklärt. "Dass hat uns alle sehr erschreckt", sagt Matthias Götz. "Es ist kein Problem, das der Betreiber der Mensa hat – nein, wir sehen das aufgrund der guten Zusammenarbeit als unser hauseigenes Problem." Spontan organisierten Elternbeirat und Förderverein eine Spendenaktion: Über 5000 Euro kamen in nur zehn Tagen zusammen. Das war der Moment, der Karl-Heinz Miederer nahe geht: "Es ist überwältigend, die große Verbundenheit und Anerkennung so zu spüren." "Das Essen ist für uns ja nur das eine", sagt Matthias Götz. "Für uns als Schule ist dieser soziale und integrative Aspekt etwas, was wir fördern wollen." So sieht es auch Thomas Kellner, der Schulleiter des CEG: "Das ist ein tolles Modell mit einmaliger Qualität – wenn das durch Corona nicht fortgeführt werden könnte wäre das für uns der Supergau. Daher ist es für uns selbstverständlich, dass die Schulfamilie zusammensteht."

"Wir werden weiter da sein"

Das Spendengeld hilft in der Not, wird aber nicht ausreichen, um die Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern – weil eben niemand weiß, wie und ob es nach den Sommerferien weitergeht. "Wir werden aber weiter da sein", verspricht Karl-Heinz Miederer. Notfalls bis zum bitteren Ende.

 

Wer das gemeinnützige Inklusionsprojekt Access gegen Spendenquittungen unterstützen möchte, kann das wie folgt: Freundeskreis CEG, "Access Mensa", IBAN DE31 7635 0000 0000 0462 91

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