Infektions-Cluster: Das Coronavirus wartet bei Freunden und Familie

30.10.2020, 13:30 Uhr
In der Öffentlichkeit gilt Abstands- und Maskengebot. Zu Hause kontrolliert dagegen niemand, ob sich die Menschen an die Regeln halten.

© Eric Lalmand, dpa In der Öffentlichkeit gilt Abstands- und Maskengebot. Zu Hause kontrolliert dagegen niemand, ob sich die Menschen an die Regeln halten.

Da gibt es ein Schulterklopfen beim Wiedersehen, eine Umarmung zum Geburtstag. Im Kreise ihrer Lieben fühlen sich die Menschen sicher – und nehmen es mit den Regeln vielleicht nicht so genau. Anders als in Gaststätten, Hotels oder Theater gibt es in den eigenen vier Wänden kein Hygienekonzept. Niemand kontrolliert, ob die Menschen genug Abstand halten.

Die Gesundheitsämter melden, dass sogenannte lokale Infektions-Cluster, also ein Ereignis, auf das anschließend mehrere Fälle zurückzuführen sind, häufig durch Treffen im Familien- und Freundeskreis entstehen. Wenn die Leute nebeneinander am Tisch sitzen, essen und sich angeregt unterhalten, kreisen die Viruspartikel in der Luft.

Bei Gartenfesten im Sommer war das weniger ein Problem, aber seit alle wieder drinnen sitzen, wird es schwieriger. In Vorlesungen an der Uni ist deshalb etwa vorgeschrieben, jede Stunde für 15 Minuten kräftig zu lüften. Zu Hause müssen die Menschen daran selbst denken.

Alten- und Pflegeheime liegen auf Platz zwei

Auf dem zweiten Platz der häufigsten Ausbruchssituationen landen atkuell mit einigem Abstand die Alten- und Pflegeheime, gefolgt vom Arbeitsplatz und Freizeitbeschäftigungen. Zu Beginn der Pandemie im April sah die Situation noch anders aus. Damals waren die häufigsten Infektionsgeschehen wochenlang in Alten- und Pflegeheimen gemeldet worden.

Erst danach kamen Privathaushalte und dann Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen. Im Juni lagen bei insgesamt geringen Fallzahlen die Arbeitsplätze ganz vorne, vor allem durch Ausbrüche in großen Fleischereibetrieben. Doch seit August wird durchgehend das private Umfeld am häufigsten genannt.


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Das Robert-Koch-Institut, dass die Meldedaten der Gesundheitsämter sammelt, schränkt ihre Aussagekraft allerdings ein: "Insgesamt sind die Angaben zum Infektionsumfeld von Ausbrüchen mit Zurückhaltung zu interpretieren." Denn die Zuordnung ist nicht immer eindeutig. Viele erinnern sich schlichtweg nicht daran, wo sie sich angesteckt haben könnten oder wollen nicht zugeben, wenn sie auf einer größeren Party waren. Nur etwa ein Viertel aller gemeldeten Corona-Fälle kann das Gesundheitsamt überhaupt einem Ausbruch zuordnen. 35 Prozent davon sind nur kleinere Ausbrüche mit zwei bis vier Fällen.


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Auf der Liste, die die Betroffenen ankreuzen, stehen auch Wohnheime, Ausbildungsstätten, Betreuungseinrichtungen, Kindergärten, Speisestätten, Übernachtungen und Verkehrsmittel. "In einigen Umfeldern, beispielsweise im Bahnverkehr, lassen sich Ausbrüche nur schwer ermitteln, da in vielen Fällen die Identität eines Kontaktes im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar ist", schreibt das RKI. "Diese könnten deshalb hier untererfasst sein."

Manche Ausbrüche lassen sich ganz klar zurückverfolgen

Manche Ausbrüche lassen sich dagegen ganz klar auf einzelne Ereignisse zurückverfolgen. So gab es etwa in Weiden in der Oberpfalz zwei kleinere Vorfälle in einer Hockeymannschaft und in einem Metzgereibetrieb. Sie tragen zu einer Sieben-Tage-Inzidenz von 117 bei. In Heilbronn sind vor allem Fälle aus dem privaten und schulischen Umfeld für eine Inzidenz von 158 verantwortlich – aktuell der höchste Wert in Baden-Württemberg.

Im Landkreis Rottal-Inn in Niederbayern ist die Sieben-Tage-Inzidenz sogar auf über 260 gestiegen. Seit Dienstag dürfen die rund 120.000 Einwohner ihre Wohnungen deshalb nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Gründe dafür sind wohl vor allem ein Ausbruch in einer Gemeinschaftsunterkunft, sowie Fälle von infizierten Bewohnern und Mitarbeitern in einem Pflegeheim und einem Krankenhaus. Das Berchtesgadener Land ist mit einer Inzidenz von mehr als 323 in ganz Deutschland am schwersten betroffenen. Dort ist dagegen weiterhin von einem "diffusen Infektionsgeschehens im gesamten Landkreis" die Rede.

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