Barrierefreiheit

Verena Osgyan beklagt Nachholbedarf an Nürnbergs Bahnhöfen

11.5.2021, 19:16 Uhr
Verena Osygan von den Landtags-Grünen (rechts) hat mit Irmgard Badura, der früheren Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, die selbst sehbehindert ist, den Nürnberger S-Bahnhof Dürrenhof vor Ort begutachtet. Dabei stellten die beiden gleich mehrere Schwachstellen fest.  

© Bündnis 90/Die Grünen, NNZ Verena Osygan von den Landtags-Grünen (rechts) hat mit Irmgard Badura, der früheren Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, die selbst sehbehindert ist, den Nürnberger S-Bahnhof Dürrenhof vor Ort begutachtet. Dabei stellten die beiden gleich mehrere Schwachstellen fest.  

Die gute Nachricht: 468 Bahnhöfe und Haltepunkte in Bayern waren Anfang des Jahres bereits komplett barrierefrei. Die schlechte: Insgesamt gibt es im Freistaat 1066 Stationen . Es bleibt also jede Menge zu tun. "Ob mit Rollstuhl, Rollator, Fahrrad, Kinderwagen oder schwerem Gepäck unterwegs: Die Bahn ist für alle da und sollte für alle selbstverständlich stets barrierefrei nutzbar sein", sagt Verena Osgyan. "Leider ist das auch im Jahr 2021 noch nicht immer so", kritisiert die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag.

Zwar seien viele Nürnberger Bahnhöfe hinsichtlich der Barrierefreiheit schon gut aufgestellt, bei einigen gebe es aber noch Defizite. So war Osgyan mit Irmgard Badura, der ehemaligen Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, die selbst sehbehindert ist, am S-Bahnhof Nürnberg-Dürrenhof. Bei der Ortsbegehung stellte sie fest, dass der Leitstreifen entlang des Bahnsteigs veraltet ist und eine taktile, für alle sichtbare Richtungs-Beschilderung komplett fehlt. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Höhe des Bahnsteigs wurde noch nicht an das Ausstiegsniveau der Bahnen angepasst. Ein großes Hindernis also beim Ein- und Ausstieg, "dabei sollten alle Lebensbereiche für Menschen mit und ohne Behinderung ohne Probleme erreichbar, zugänglich und nutzbar sein", betont Osgyan.

"Das muss schneller gehen"

Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer hatte im Januar in Aussicht gestellt, dass noch in diesem Jahr 25 weitere Bahnhöfe in Bayern barrierefrei werden sollen. Für Osgyan zu wenig. Ihr fehlen belastbare Aussagen, zu welchem Zeitpunkt alle Verkehrsstationen barrierefrei gestaltet sein werden. "Wenn wir in diesem Tempo weiterarbeiten, wird der letzte Bahnhof erst im nächsten Jahrhundert barrierefrei. Das muss schneller gehen!“, fordert die Grüne.

Ein Sprecher der Deutschen Bahn (DB) verweist darauf, dass bereits heute mehr als 80 Prozent der Reisenden in Bayern und damit täglich über eine Million Menschen barrierefrei die Bahnsteige erreichen. Doch wie geht es mit dem barrierefreien Ausbau weiter? "Grundsätzlich gilt, dass die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel so eingesetzt werden, dass möglichst viele Reisende davon profitieren. Das heißt, dass große und mittlere Bahnhöfe sowie Umsteigebahnhöfe Priorität haben", erklärt der DB-Sprecher. Der barrierefreie Ausbau könne daher nur Schritt für Schritt erfolgen. Die derzeit laufenden Ausbauprogramme basieren demnach auf Auswahlkriterien von Bund und Freistaat.

Schwieriger Einstieg

Von den 22 Bahnhöfen im Gebiet der Stadt Nürnberg sind laut dem Sprecher 20 Stationen – also rund 91 Prozent – barrierefrei erreichbar. Die beiden Verkehrsstationen Nürnberg-Ost und Nürnberg-Erlenstegen zählen noch nicht dazu. Auf der S-Bahnlinie 2 (Roth – Nürnberg – Altdorf) wird es wohl noch länger zu Beeinträchtigungen kommen.

Weil seit Dezember 2020 neue Fahrzeuge vom Typ ET 442 eingesetzt werden, gibt es auch dort unterschiedliche Höhen zwischen Bahnsteig und Fahrzeugeinstieg. Um dennoch problemlos einsteigen zu können, haben die Züge eine rollstuhlgerechte Einstiegshilfe in Form einer manuellen Rampe in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeugführer. Die Bahn rät daher, an der ersten Tür im Zug einzusteigen. Laut DB-Angaben sollen erste Stationen auf der S-Bahnlinie 2 voraussichtlich 2023 an die neue Einstiegshöhe angepasst werden.

Bei der Ausstattung für Menschen mit Seheinschränkungen hole die Bahn dagegen "kräftig auf", wie der Sprecher betont. So habe sich die Anzahl ertastbarer Schilder – zum Beispiel an Geländern – bundesweit verdreifacht. Wer schlecht oder gar nicht sieht, könne sich an über der Hälfte der Bahnsteige durch taktile Leitsysteme, die auch durch den gesamten Bahnhof führen, orientieren. Treppen oder Rampen seien farbig markiert.

Unter bahnhof.de finden Sie Details zur Barrierefreiheit. Hilfreich für Reisende mit Mobilitätseinschränkungen ist auch die App DB Bahnhof live.

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