Prinz im Wartestand: Charles feiert seinen 70. Geburtstag

14.11.2018, 07:15 Uhr
Vom Kronprinz zum Schattenkönig: Der britische Thronfolger Prinz Charles feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag.

© Chris Jackson/PA Wire/dpa Vom Kronprinz zum Schattenkönig: Der britische Thronfolger Prinz Charles feiert am Mittwoch seinen 70. Geburtstag.

Nachdem sich Prinz Philip (97) fast völlig seine Repräsentationspflichten aufgegeben hat, ist sein Sohn ständig an der Seite der 92-jährigen Queen zu sehen und vertritt die Monarchie bei großen Anlässen zu Hause und im Ausland. So empfing er dieses Jahr das holländische Königspaar, machte Staatsbesuche in Westafrika und geleitete den deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier jetzt zur Kranzniederlegung bei den Feiern zum Ende des Ersten Weltkriegs in London. Bei all diesen Auftritten machte Charles eine gute Figur. Schließlich gibt es wohl niemand in der Geschichte der britischen Monarchie, der sich so lange auf seine künftige Würde vorbereitet hat. Schon vor fünf Jahren hat er den Rekord von König William IV. gebrochen, der 1830 im Alter von 64 Jahren den Thron bestieg.

Selbstironisch spielte Prinz Charles auf den Spott des "ewigen Kronprinzen" an, als er bei der Pensionierungsfeier des gleichaltrigen englischen Chefrabbiners Jonathan Sacks sagte: "Ich hoffe nur, dass Ihr Ruhestand etwas realistischer wird, als der meinige." Das Wappen des Kronprinzen trägt das deutsche Motto "Ich diene" und er nimmt es so ernst, dass sich seine Söhne Edward und Harry Sorgen um seine Gesundheit machen.

"Die beiden Institutionen sind völlig unterschiedlich"

So fanden sie ihren Vater einige Male nach einem 18-stündigen Arbeitstag schlafend mit dem Kopf auf dem Schreibtisch vor und beim Aufwachen klebte ihm ein Schriftstück an der Stirn. Seit einigen Jahren studiert er auch sorgfältig den Koffer mit geheimen Staatspapieren, den die Regierung wöchentlich der Königin vorlegt. Freilich hat er mit seiner scharf kritisierten Angewohnheit gebrochen, die Ministerien ständig mit Memos und Kommentaren zu Regierungsangelegenheiten zu zumüllen, die ihm gegen den Strich gingen. In einem BBC-Interview zum Geburtstag, erklärte Charles zu diesem Problem: "Als Souverän kann ich nicht so agieren, wie als Kronprinz. Die Idee, dass ich einfach so weiter mache, wenn ich einmal die Nachfolge auf den Thron antreten muss, ist kompletter Unsinn. Die beiden Institutionen sind völlig unterschiedlich."

Im Gegensatz zu seiner politisch und gesellschaftlich streng neutralen Mutter, hat Charles aus seinem Herzen nie eine Mördergrube gemacht. Nachdem er sich mehrmals in die farbigen Gettos und verfallenen Industriebezirke britischer Städte begeben hatte, verärgerte er die Thatcher-Regierung mit harter Kritik am sozialen Elend und wirtschaftlichen Niedergang, die in der Bemerkung gipfelte, dass er fürchte, einmal über eine gespaltene Nation zu regieren. Sein besonderer Zorn richtet sich gegen die Auswüchse moderner Architektur. In einer Fernsehdokumentation, die Charles selber schrieb und moderierte, rechnete er ebenso witzig wie leidenschaftlich mit den Fehlleistungen von Städteplanern und Hochhausarchitekten ab, denen er einmal vorwarf, die britischen Städte "schlimmer verwüstet zu haben, als die Luftwaffe."

Belastung seines Lebens wurde zur Stärke

Zeit seines Lebens setzt sich Charles für die Rechte und die Entfaltung des Individuums gegenüber die Macht und Einförmigkeit der Institutionen ein. In zahlreichen Büchern und Vorträgen warnte er lange bevor es zum Tagesthema wurde vor den "katastrophalen Folgen" des Klimawandels“ für Natur und Umwelt. Und zu seinem 60. Geburtstag schmiedete er wohl die bislang stärkste Allianz zwischen Wissenschaft, Industrie und Umweltorganisationen zum Schutz der Regenwälder. Und auf seinem Landgut verwirklichte der Prinz seine Ideen von organischer Landwirtschaft und gesunder Ernährung. Im Mittelpunkt der Geburtstagsfeiern, die bereits im Frühjahr begannen, standen die 600 wohltätigen Stiftungen, die den Prinzen zu ihrem Patron machten. Sie reichen von der Förderung und Ausbildung junger Menschen aus benachteiligten Gesellschaftsschichten über die Hilfe für Kriegsveteranen bis zu Arten-und Klimaschutz. Musiker, bildende Künstler und Schauspieler organisierten eine Gala für ihren Schirmherren, der selbst ein passabler Maler und Kinderbuchautor ist. Vor allem mag er sich über eine Sondervorstellung der britischen Zauberkünstler gefreut haben, in deren Zirkel er schon als junger Mann nach der Darbietung einiger Tricks aufgenommen wurde.

Die Belastung seines Lebens wurde seine Stärke. Die Diskussion, ob Camilla einmal an seiner Seite Königin werden darf, ist weitgehend verstummt. Seine zweite Frau, die der Anlass für die Skandale war, die seine Ehe mit Prinzessin Diana zerstörten und nach deren Unfalltod auch den Ruf der Monarchie schwer beschädigten, genießt heute allgemeines Wohlwollen beim Volk und den Respekt der Queen und der königlichen Familie. Viele Hofbeobachter spekulieren nun, dass Elisabeth II spätestens bei ihrem 95. Geburtstag das Geschick der Monarchie in die Hände von Charles und Camilla legen wird. Ihrem Krönungseid gemäß, kann und will die Queen nicht abdanken. Aber es ist ihr durchaus möglich, die im hohen Alter immer schwerer werdende Last der Krone, mit Charles als "Prinzregenten" zu teilen.

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