Strafanzeige: Bayerns Gesundheitsministerium soll sündhaft teuren Masken-Deal geschlossen haben

8.3.2021, 14:49 Uhr
Das Tragen von Masken gegen das Coronavirus ist auf breiter Front Pflicht geworden. Mit der Schutzmaßnahme lassen sich gute Geschäfte machen.  

© Federico Gambarini, dpa Das Tragen von Masken gegen das Coronavirus ist auf breiter Front Pflicht geworden. Mit der Schutzmaßnahme lassen sich gute Geschäfte machen.  

Laut Spiegel hat der bayerische SPD-Politiker Florian von Brunn Strafanzeige im Falle der Schweizer Firma Emix gestellt. Sie habe dem Freistaat Masken zu so hohen Preisen angeboten, dass es für Brunn nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könne, hieß es.

CSU-Promis ließen sich als Türöffner für Schweizer Firma einspannen

Das Pikante daran: Die CSU-Promis Monika Hohlmeier, Tochter von Franz Josef Strauß, und Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesinnenministerium, ließen sich von einer Tochter des CSU-Urgesteins Gerold Tandler wohl als Türöffner für Emix einspannen.

Im Bundesgesundheitsministerium und im Gesundheitsministerium Bayerns machte Emix danach goldene Abschlüsse, berichtet das Nachrichtenmagazin. Andere Anbieter hätten demnach nie etwas von den Entscheidern gehört; ihre Offerten seien in den Amtsstuben liegen geblieben. Bisher unbekannten Dokumenten zufolge seien die Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums zu den umstrittenen Emix-Deals zweifelhaft.

Stolzer Stückpreis: Eine FFP2-Maske für knapp neun Euro

Bereits am 3. März vergangenen Jahres soll Emix laut Spiegel dem Freistaat eine Million Schutzmasken für den stolzen Stückpreis von 8,90 Euro netto verkauft haben. So wie das Ministerium es bisher dargestellt habe, handelte es sich ausnahmslos um hochwertige Masken "FFP2/KN95".


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Mindestens 700.000 Masken sollen allerdings nur den chinesischen "KN95"-Standard erfüllt haben. Der kommt dem europäischen Standard FFP2 zwar nahe, allerdings mit dem Problem, dass solche Masken im März, als sie Bayern geliefert wurden, in Deutschland noch unzulässig waren. Erst spät im Mai öffnete der Bund per Verordnung für ein paar Monate den Markt.

Wollte Bayern Details des Masken-Deals verheimlichen?

Insgesamt habe Emix dem Freistaat laut den vorliegenden Papieren sogar 1.007.400 Masken geliefert. Darunter waren aber, wenn man einem Wareneingangsbeleg glauben darf, nicht nur Masken, die FFP2- oder KN95-Standard hatten. Im Paket enthalten waren dem Beleg zufolge auch 96.000 Masken, die als "MNS OP" (Mund-Nasen-Schutz OP) und "MNS medizinischer Mund-/Nasenschutz – Operateur/Zahnarzt" vermerkt sind. Demnach hätte es sich um einfache OP-Masken gehandelt.

Ein Ministeriumssprecher sagt laut Spiegel dazu, man habe "keine OP-Masken bei Emix bestellt". Die Nachfrage, ob man welche bekommen habe, sei unbeantwortet geblieben.

Dem Bund jedenfalls bot Emix einfache OP-Masken für 60 Cent an – schon das galt nach Einschätzung des Bundeswehr-Rüstungsamts als dreifach überteuert. Falls Emix den Bayern die 96.000 mutmaßlichen OP-Masken zum selben Preis offeriert hat, wären die übrigen Masken im Emix-Paket also noch teurer als bekannt gewesen: statt 8,90 sogar 9,70 € netto für eine "KN95", im Einkauf für das Land damit happige 11,55 Euro brutto. Von solchen Preisen konnten andere Anbieter nur träumen.


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Von welchen Herstellern die Masken stammten, die Emix nach Bayern lieferte, ließ das Ministerium monatelang offen – angeblich waren die Papiere nicht mehr verfügbar. Dem Spiegel liegen dazu nach eigenen Angaben nun Unterlagen vor, und demnach drängt sich der Verdacht auf: Wollte Bayern verheimlichen, was geliefert wurde?

Ministerium hat Masken wohl nicht einmal überprüft

Zur Emix-Ware gehörten demnach 206.400 Masken der Marke Lanxin. Vor Masken des chinesischen Herstellers hatten belgische Behörden nach Tests gewarnt. Die geprüfte Lanxin-Maske, hieß es dort, müsse man extra auf dem Nasenrücken festkleben; nur dann schütze sie ausreichend. Dazu ein bayerischer Ministeriumssprecher gegenüber dem Magazin: "Dieser Sachverhalt ist hier nicht bekannt."

In Bayern hatte man an den Masken der Emix jedenfalls wohl nichts auszusetzen. Sie wurden – wie alle anderen von Emix – als unbedenklich eingestuft. Wie das Ministerium einräumte, hatte Bayern die Masken weder darauf geprüft, wie gut sie die Luft filtern, noch darauf, wie fest sie am Gesicht sitzen.

Ministerium gibt zu: Masken hatten keine Zertifikate

Stattdessen begnügte man sich mit einer "optischen und haptischen" Kontrolle, bevor die Masken im Land verteilt wurden. Emix sagt dazu, es gebe negative und positive Prüfberichte bei allen Herstellern, je nach Produktionscharge; die Qualität sei in der Boomphase der Maskenbeschaffung nun mal schwankend gewesen.


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Die Zertifikate sind, dem Spiegel zufolge, ein weiteres Problem. Anfangs habe Emix Zertifikate für Masken präsentiert, die geliefert werden sollten, teilte das Ministerium dazu mit. Die Masken seien dann aber nicht gekommen. Stattdessen schickte Emix neben Lanxin-Masken noch weitere KN95-Masken der chinesischen Marken Lvjian, Fangrui, MD und JinJiang. Ohne Zertifikate, wie das Ministerium zugibt. Das Land nahm sie trotzdem.

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