Unterricht im Freien - "Schön, aber unrealistisch"

23.4.2021, 13:35 Uhr
In Mailand (Italien) protestierten Schüler gegen den Distanzunterricht mit einer Lerneinheit im Freien.  

© imago images/Independent Photo Agency Int., NNZ In Mailand (Italien) protestierten Schüler gegen den Distanzunterricht mit einer Lerneinheit im Freien.  

Die Infektionszahlen steigen, die Sieben-Tage-Inzidenzwerte der Gesamtbevölkerung sind nach wie vor hoch, in Nürnberg lag sie am Freitag, 23. April, bei 213,6. Deswegen müssen die meisten Schüler weiterhin in Distanzunterricht lernen. Um einen Schulbesuch, wenigstens in Wechselmodellen, wieder zu ermöglichen, haben mehrere Bundespolitiker das Thema Unterricht im Freien ins Spiel gebracht.
"Unterricht im Freien oder die weitere Reduzierung der Lerngruppengrößen sind zu durchdenken, bevor Schulen geschlossen werden", sagte der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Marcus Weinberg, berichtet der Spiegel. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Katja Suding sprach sich ebenfalls für Unterricht in Parks oder im Schulhof aus. "Ich unterstütze alle sinnvollen Maßnahmen, die Unterricht in Präsenz wieder möglich machen", wird sie zitiert.

Zustimmung von SPD und Grünen

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Bärbel Bas sagte, es sei wissenschaftlich belegt, dass "Aktivitäten unter freiem Himmel sicherer seien als in geschlossenen Räumen.
Auch der Grünenabgeordnete Janosch Dahmen bezeichnete Schule im Freien als möglichen Ausweg: "Unterricht im Freien oder Exkursionen in Parks und Wäldern sind ein sehr pragmatischer und sinnvoller Schritt von Öffnungen." Allerdings nur bei sinkender Inzidenz.


Warum werden Kita-Kinder nicht getestet?


Der Leiter des staatlichen Schulamts, Thomas Reichert, ist in Nürnberg zuständig für mehr als 80 Grund- und Mittelschulen. Was hält er von diesen Ideen? "Klassenzimmer im Grünen sind an sich eine tolle Idee, aber wo soll ich die Schüler alle hinsetzen?" Er glaube nicht, dass das logistisch machbar sei. Allein in die Schulen, für die er verantwortlich ist, gehen rund 26.000 Schüler, davon rund 17.000 Grundschüler.

Es braucht stabiles Wetter

Für ein Planbarkeit bräuchte man dauerhaft einigermaßen stabiles Wetter. Es habe schon vor der Pandemie an einigen Schulen, unter anderem an der Sperberschule, häufiger "grüne Klassenzimmer"-Projekte gegeben, so Reichert. Aber so etwas sei nur als Einzelaktionen möglich. "Die Idee eines flächendeckenden Unterrichts ist schön, aber unrealistisch."


Auch Nürnbergs Schulreferentin Cornelia Trinkl ist grundsätzlich offen für neue Ideen, bremst aber jegliche Euphorie. Man sei bei der Schulrückkehr abhängig von den Inzidenzzahlen. In Bayern gilt weiterhin: Ab einer Inzidenz von über 100 ist, außer für 4. Klassen von Grund- und Förderschulen und Q11.- sowie Abschlussklassen, weiterhin kein Präsenzunterricht erlaubt.


Grundsätzlich versuche man mit CO2-Ampeln, Raumlüftern und intensiver Reinigung in den Klassenräumen eine Rückkehr und den Schutz von Lehrern und Kindern zu unterstützen, sagt Trinkl. In zahlreichen Schulen konnten in den vergangenen Monaten solche Geräte installiert werden. "Sollten Schulen kreative Ideen haben zu grünen Klassenzimmern, unterstützen wir das pädagogisch und organisatorisch gerne" so Trinkl.

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