Alles Pichler oder was?

Der Club-Kontrahent im Check: Diese Störche haben Flügel

4.12.2021, 10:01 Uhr
Aufpassen, Club! Das ist weder Paul noch Benedikt Pichler, sondern Fin Bartels - ein weiterer Kieler.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Aufpassen, Club! Das ist weder Paul noch Benedikt Pichler, sondern Fin Bartels - ein weiterer Kieler.

Wer steht an der Seitenlinie?

Marcel Rapp. Der 42-Jährige hat seine Trainerausbildung weitgehend in Hoffenheim erfahren, trainierte dort die U16 und U17, übernahm nach dem Abgang von Domenico Tedesco die Hoffenheimer A-Jugend. Mit der holte er einmal die Meisterschaft in der Bundesliga Süd/Südwest, erreichte in der Uefa-Youth League mit Siegen über Lyon, Manchester City, Dynamo Kiew und Real Madrid das Halbfinale.

2019 bestand Rapp, gemeinsam mit Cristian Fiel, dem Trainer der U21 des 1. FC Nürnberg, die Prüfung zum Fußballlehrer. Im Juni 2020 war Rapp dann sogar Teil einer "Teamlösung" bei den Hoffenheimer Profis. Zusammen mit Matthias Kaltenbach und Kai Herdling brachte Rapp die Saison zu Ende, nachdem die TSG mit Alfred Schreuder den Cheftrainer der Bundesligamannschaft entlassen hatte.

Nach der Saison kehrte Rapp in die U19 zurück, von wo aus Holstein ihn Anfang Oktober als Nachfolger des zurückgetretenen Ole Werner holte. Seitdem hat Holstein in sechs Zweitligaspielen nur einmal verloren, genau wie der FCN in dieser Phase neun Punkte geholt und ist von Rang 15 auf Platz 12 geklettert.

Bremser? Den kennt man doch

Unterstützt wird Rapp übrigens von einem alten Weggefährten von Club-Vorstand Dieter Hecking. Dirk Bremser, lange Jahre Co-Trainer Heckings, unter anderem auch in Nürnberg, ist Rapps Assistenztrainer. Er hatte nach Werners Rücktritt das Team sogar zwei Spiele lang interimistisch betreut.

Wie wird gespielt?

Seit Marcel Rapp im Amt ist, spielt Holstein fast durchgehend in einem 4-1-4-1/4-3-3, bei dem der Ballbesitz im Fokus steht. Oft wird der Ball über lange Phasen in der Abwehrkette zirkuliert, immer wieder binden die vier Kettenspieler (von rechts: Neumann, Wahl, Thesker und van den Bergh oder Kirkeskov) Holtby mit in ihre Zirkulation ein. Zusammen mit dem HSV hat Kiel die durchschnittlichen längsten Ballbesitzphasen der Liga, spielt überdurchschnittlich viele Pässe.

Der Club-Kontrahent im Check: Diese Störche haben Flügel

© Foto: Michael Schwarz/Imago Images

Die Grundformation mit doppelt besetzten Flügeln legt auch einen Flankenfokus nahe, der sich tatsächlich auch feststellen lässt, im Gegensatz zu vielen anderen Teams, die viele Flanken schlagen, hat Kiel aber keine Lieblingsseite. Beide Flügel werden gleich oft bedient. Die Zahl der Flanken wird auch zwischen den Außenverteidigern und den Flügelspielern (Bartels auf rechts, Porath/ Reese auf links) aufgeteilt.

Gegen den Ball arbeitet Kiel oft eher mannorientiert und mit relativ viel Druck auf die ballführenden Spieler, ist in Duellen gegen den Ball eine der stärksten Mannschaften. Allerdings ist die Defensive nicht ohne Fehler. So hat nur Sandhausen mehr Gegentore nach Standards und nur Paderborn mehr Fernschussgegentore zugelassen.

Wer ist der Schlüsselspieler?

Pichler. Nein, nicht Paul, der Sekretär des Bürgermeisters in Benjamin Blümchen, sondern Benedikt, der Rekordtransfer der "Störche". Seit Rapp das Ruder an der Förde übernommen hat, ist der Österreicher Stammkraft und hat vier Treffer in sechs Partien erzielt. Der 24-Jährige war kurz vor Ende der Transferfrist von Austria Wien für eine Million Euro zu Holstein gewechselt. Es war der erste siebenstellige Transfer in der Geschichte des KSV. Nach einer Phase der Akklimatisierung hat sich Pichler als alleinige Spitze festgespielt. Natürlich ist der Salzburger der primäre Flankenempfänger, führt die meisten Zweikämpfe und ist der Spieler der Kieler, der unter Rapp die meisten Ballkontakte im gegnerischen Strafraum hat. Pichler ist jedoch kein reiner Empfänger, sondern auch – gemeinsam mit Lewis Holtby – der Kieler, der die meisten Bälle in Tornähe an den Mitspieler bringt.

Jener Holtby hat sich in den letzten Wochen zum anderen Schlüsselspieler bei Holstein entwickelt. Marcel Rapp hat den ehemaligen deutschen Nationalspieler zum Sechser umfunktioniert, nachdem Holtby in seinen bisherigen Stationen eher weiter vorne eingesetzt wurde. Seit dem Trainerwechsel ist Holtby der Spieler mit den meisten Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte, also ein guter Pressingspieler.

Scharnierspieler und echter Sechser

Zusätzlich übt er aus der tiefen Position auch eine spielmachende Funktion aus: Er spielt die genauesten langen Bälle und die zielgenauesten Pässe für Raumgewinn sowie die meisten Steckpässe. Holtby ist quasi Scharnierspieler zwischen Defensive und Offensive. Ein echter Sechser also.

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