Heimatgefühle und Zweifel: Kellers Club gastiert in Stuttgart

8.12.2019, 12:46 Uhr
Heimatgefühle und Zweifel: Kellers Club gastiert in Stuttgart

© Sportfoto Zink / DaMa

Lediglich fünf Kilometer vom Stadion entfernt haben die Kellers lange gewohnt. Der kleine Jens machte im Schatten des Neckarstadions das, was kleine Jungs nach der Schule und quasi in jeder freien Minute vor ein paar Jahrzehnten noch machten: kicken, bolzen, den Fußball seiner Zeit mit all seinen urtümlichen und heute romantisch verklärt anmutenden Geschichten aufsaugen. Wenn der inzwischen 49-Jährige am Montag mit dem Club zu seinem Jugendverein zurückkehrt, bei dem er zum Profi reifte und später ins Trainergeschäft einstieg, ist kaum noch etwas, wie es einmal war.

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"Ich kenne da niemand mehr" 

Der Fußball hat sich verändert. Natürlich. Das viele Geld, der Druck, die mediale Präsenz, die Einflüsse von außen. Und damit einhergehend auch die handelnden Personen - der Fußball ist austauschbar geworden. Keller umschreibt das höflich, aber nicht weniger direkt. "Es hat sich alles verändert, ich kenne da niemand mehr", sagt er fern jeder rosaroten Romantik. Trotzdem findet er immer noch: "Klar ist das ein besonderes Spiel."

Es ist davon auszugehen, dass dieser Umstand auf seine aktuellen Schützlinge eher wenig Magie ausübt. Was nicht heißt, dass Fußballprofis jeglicher Empathie entbehren. Am Valznerweiher ist man nur gerade mal wieder damit beschäftigt, das eigene Nervenkostüm und die zunehmend aufgebrachten Fans zu beruhigen. Der sportlichen Talfahrt unter seinem reichlich glücklosen Vorgänger Damir Canadi konnte auch Keller noch keinen Einhalt gebieten.

"Es funktioniert nicht alles auf Knopfdruck"

Wer aus einem schmucklosen 0:0 im Derby in Fürth und der folgenden 0:2-Pleite gegen Liga-Schlusslicht Wehen Wiesbaden mehr herausliest, verkennt jegliche Realität. "Es geht in der zweiten Liga nicht, dass sofort auf Knopfdruck alles funktioniert", will der Club-Trainer gar nicht bestreiten, dass er dieser Tage in womöglich etwas zu vielen Bereichen auf einmal gefragt ist. Klar ist: Die Mannschaft steckt in einer gefährlichen Negativspirale fest. Fehlende Erfolgserlebnisse führen zu einer immer niedriger werdenden Frustrationsgrenze, Enttäuschungen manifestieren sich. Das Einmaleins eines Hobby-Psychologen.

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"Wir müssen die Mannschaft mental stärken. Sie darf sich nicht so runterziehen lassen von Rückschlägen", findet Keller. Widersprechen wird ihm da niemand. Ein Tor wäre schon mal ein positiver Ansatz für das arg geschmolzene Selbstvertrauen. Alles andere ließe nur die Selbstzweifel wachsen. Vor dem Gastspiel beim VfB, der im Sommer auch in Kellers Wahrnehmung "den besten Kader der Liga" zusammengestellt hat, müsste man um den 1. FC Nürnberg eigentlich Angst haben. "Aber Angst ist im Fußball ein schlechter Ratgeber", sagt der Club-Trainer so, als müsste er genau das seinem Team noch ein wenig näher bringen.

 

Fokus auf sich selbst 

Ob Stuttgart selbst kriselt, Ex-Nationalspieler Holger Badstuber eine Kampfansage losschickte, VfB-Coach Tim Walther den Vornamen seines Kollegen ("Christian Keller") nicht kannte - alles egal. "Wir haben eigene Probleme und schauen auf uns." Ein guter Ansatz für Kellers Rückkehr in die Heimat.

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