Kopfsache Abstiegskampf: Geis' Club will sich berappeln

11.12.2019, 11:10 Uhr
Aua! Bereits die Torvorbereitung von Johannes Geis in Stuttgart war eine schmerzhafte Angelegenheit.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr Aua! Bereits die Torvorbereitung von Johannes Geis in Stuttgart war eine schmerzhafte Angelegenheit.

Dem gerade relativ häufig zitierten Vergleich mit dem angeschlagenen Boxer entsprach am späten Montagabend keiner besser als Johannes Geis. Der junge Mann präsentiert sich mit seinem 1. FC Nürnberg seit Monaten nicht nur wie einer, sondern sah jetzt auch noch so aus. 

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Sternchen, Gomez, 1:2 

Seine linke Gesichtshälfte hatte nach knapp einer Stunde vom Japaner Endo einen Wirkungstreffer kassiert, aus dem eine großflächige Schwellung resultierte. Stirn auf Kopf, Geis sah anschließend für ein paar Sekunden Sternchen. 

Und bekam gar nicht mehr richtig mit, was sich Sekunden später und bis zum Schlusspfiff noch so alles ereignen sollte im Stuttgarter Stadion. 

Über zwei weitere Stationen landete der Ball bei Mario Gomez, der mit links seinen fünften Treffer in 150 Minuten erzielte, von denen vier nicht gezählt hatten. Drei in Sandhausen, einer gegen den Club. Der unbarmherzige VAR pfiff ihn jedes Mal zurück.

Diesmal nicht, das 2:1 (59.) zählte, obwohl Geis zuvor regelwidrig aus dem Weg geräumt worden war. Weil auch die Entstehung des Ausgleichs nur ein paar Augenblicke vorher aus Sicht der Nürnberger mindestens unglücklich wirkte, gab es hinterher die erwartbaren, jedoch nicht unbedingt zielführenden Diskussionen.

Der FCN hat 14 Punkte liegen lassen

Fabian Schleusener war der Ball nach einem Eckstoß an den Arm gesprungen, bestimmt keine Absicht, zumal der Gegenspieler vor ihm einen Schritt zur Seite machte. "Fragwürdig" nannte Nürnbergs Trainer Jens Keller beide Entscheidungen zuungunsten seiner Elf, die ihre Führung (Frey, 10.) mal wieder nicht über die Zeit brachte. 14 Punkte hat der Tabellen-Sechzehnte in dieser Saison bereits liegen lassen, weil im Fußball eben nun mal 90 Minuten plus x zu absolvieren sind und nicht bloß 59. 

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Johannes Geis wäre in der verkürzten Version fein raus. "Ab da weiß ich nichts mehr", sagte Geis auf dem Weg zum Bus, an was er sich noch erinnern konnte, hörte sich aber gar nicht so übel an. "In der ersten Halbzeit ist unser Plan voll aufgegangen, wir haben es gut gemacht", meinte Geis, "und dann passiert ein Elfmeter und wir brechen wieder ein."

Mut und Maulerei 

Warum, ist eine gute und oft gestellte Frage, auf die auch am Montagabend niemand eine konkrete Antwort fand. Stattdessen schwirrten wie so oft Vermutungen durch die Interviewzone, keine Erklärungen. Vermutlich hätten sie bei ihren wenigen Gegenangriffen "mutiger auftreten müssen", wie Keller anmerkte, um die eigene Defensive zu entlasten und möglicherweise das 2:0 nachzulegen. Das Stuttgarter Publikum maulte bereits nach einer Viertelstunde und bis zur Pause praktisch ununterbrochen. Auch nicht zum ersten Mal in dieser Saison konnten die Nürnberger die Gunst der Stunde aber nicht nutzen, wirkten vor allem nach dem Seitenwechsel vielmehr zaghaft, fast ängstlich.

"Billig hergeschenkt" 

Die fast logische, wenn auch in ihrer Entstehung diskutable Konsequenz: Drei Gegentreffer in 14 Minuten – "die Tore haben wir billig hergeschenkt", klagte Lukas Jäger, "Tore, die nicht passieren dürfen", seien das gewesen, das zweite und dritte zudem eingeleitet durch einen unnötigen Ballverlust in der Vorwärtsbewegung. "Wir wollen aktiv dagegensteuern, aber es gelingt irgendwie nicht", sagte Jäger noch.

 

Auch der Österreicher, mal wieder als Abfang-Jäger eingesetzt, kam in seiner Ursachenforschung nicht besonders weit, der Kapitän musste ebenfalls kapitulieren. Dem angeschlagenen Boxer namens 1. FC Nürnberg fehlt aktuell schlichtweg das Stehvermögen für die volle Distanz, mental, qualitativ und möglicherweise auch physisch, wenngleich ein Laktattest unter der Woche offenbar zur allgemeinen Zufriedenheit ausgefallen war.

Solidarität im Klassenkampf 

Sie rennen ja auch, sogar ausdauernd, nur eben erstaunlich oft ohne Plan. Den armen Frey ganz vorn begleiten bei seinen Störversuchen häufig bloß die besten Wünsche, aber eben keine drei, vier Kollegen. Dennoch sei die Gruppe zunächst "solidarisch" aufgetreten, "jeder hat für den anderen gekämpft", fand der unermüdliche Frey, auch in der zweiten Hälfte, nur kam das aufgrund des Verlaufs eben etwas anders rüber. "Ich kann nicht genau sagen, woran es gelegen hat, in der Halbzeit ist das Spiel noch nicht gewonnen", maulte Frey noch, "ich bin auch ein bisschen ratlos." 

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Zumindest derjenige, der auch noch aussah wie ein angeschlagener Boxer, blickte nicht nur pessimistisch auf die beiden Heimspiele gegen Kiel (Sonntag, 13.30 Uhr, Live-Ticker auf nordbayern.de) und Dresden (Freitag, 20. Dezember, 18.30 Uhr, Live-Ticker auf nordbayern.de). "Die Mannschaft lebt, die Mannschaft will sich zerreißen", versicherte Johannes Geis – der sich aber auch nur an die Zeit vor dem 2:1 erinnern konnte. 

 

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