Lockerungen im Sport: Freude, Fragen, Unsicherheit

8.3.2021, 06:07 Uhr
Lockerungen im Sport: Freude, Fragen, Unsicherheit

© Foto: Mathias Hochreuther

Schließlich hat der Trainer der SG Pfofeld/Theilenhofen seine Mannschaft seit dem 25. Oktober nicht mehr gesehen. "Wir haben noch nicht einmal das letzte Punktspiel besprochen", berichtet Heid. Weil Ende Oktober vergangenen Jahres die Inzidenzzahlen stark angestiegen sind, legte die Politik den Sportbetrieb aufs Eis. Mehr als vier lange Monate sind seitdem vergangenen.

Niedriger als damals sind die Infektionszahlen vielerorts zwar heute auch nicht, die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin haben sich in einer Marathon-Konferenz am Mittwoch aber trotzdem auf Öffnungsschritte geeinigt. Raus aus dem Lockdown, hin auf den langen Weg zurück zur Normalität. Von der Entscheidung ist auch der Sport betroffen. Abhängig vom jeweiligen Inzidenzwert ist ab Montag wieder Sport in der Gruppe möglich.


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Weil die Inzidenz im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen aktuell deutlich unter 50 liegt, ist kontaktfreier Sport im Außenbereich in Gruppen von bis zu zehn Personen wieder erlaubt. Je nach Infektionsgeschehen kann es ab dem 22. März zu weiteren Lockerungen für den Sport kommen.

Erst impfen, dann spielen

"Wir sind erst einmal froh, dass wir überhaupt etwas machen dürfen", erklärt Heid, der mit seiner Mannschaft in der Kreisklasse West gegen den Abstieg kämpft. Er will die Gelegenheit nutzen und sein Team bereits übermorgen wieder auf dem Fußballplatz versammeln. Getrennt in zwei Gruppen, mit ausreichend Abstand, ohne Kontakt. "Ich bin eigentlich sogar ganz froh, dass wir keine Zweikämpfe machen dürfen. Nach der langen Pause wäre die Verletzungsgefahr hoch", befürchtet der Trainer.

Für ihn steht derzeit auch weniger der Sportliche als vielmehr der gesellschaftliche Aspekt im Vordergrund. Sich endlich einmal wieder sehen zu dürfen, gemeinsam auf dem Rasen zu stehen, das tut der Seele gut. Gerade nach einem langen, dunklen und für viele wohl auch einsamen Winter. Bis es für die SG und die anderen Fußballmannschaften in der Region wieder um Punkte geht, wird es aber noch lange dauern, vermutet Heid: "Aus meiner Sicht wäre es sowieso besser gewesen, die Saison abzubrechen. Ich denke, die Fortsetzung des Spielbetriebs wird erst im Sommer klappen, frühestens ab Juni. Bevor die Leute nicht halbwegs durchgeimpft sind, geht da nichts."


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Frank Reißlein sieht das ähnlich. Er ist Vorstand des SV Unterwurmbach und bezeichnet die neuen Regelungen grundsätzlich als "Lichtblick für den ganzen Verein". Was den Fußball angeht, ist allerdings auch er skeptisch: "Für den Trainingsbetrieb mag das alles noch gehen, aber wie unter diesen Voraussetzungen ein Spielbetrieb stattfinden soll, kann ich mir nicht vorstellen."

Kinder brauchen den Sport

Besser sieht es da für die Tennissparte des Klubs aus. Dort werden die Sportler nun anfangen, die Plätze fit für die Sommersaison zu machen. "Wenn das Wetter passt, dann können die in zwei, drei Wochen wieder spielen", sagt Reißlein. Auch die Baseball-Abteilung des SV dürfte bald wieder zum Schläger greifen. Viel wichtiger aber findet der Vereinsvorstand, dass Kinder und Jugendliche auf die Sportplätze zurückkehren dürfen. Als Schulleiter weiß Reißlein um die Bedeutung von Bewegung und Mannschaftssport für die Jüngsten der Gesellschaft.

Entsprechend froh ist der Jugendleiter des SVU, Thomas Kratz: "Es ist eingetreten, was ich gehofft habe. Ich war guten Mutes, dass wir Mitte März wieder auf den Platz können und so ist es jetzt." Den Winter über hat sich Kratz nach Kräften bemüht, mit "seinen" Kindern in Kontakt zu bleiben. In Video-Clips sollten die jungen Sportler ihrem Trainer kleine Kunststücke mit dem Ball vorführen. Aktuell arbeiten die Teams von der U7 bis zur U11 sogar an einem gemeinsamen Kochbuch. Jedes Kind soll ein Rezept dafür liefern. Ein Ersatz für die gemeinsamen Stunden auf dem Rasen, das kollektive Erleben von Siegen und Niederlagen, kann das alles nicht sein. Aber es hilft, nicht ganz im Strudel der Pandemie zu versinken.

Am Dienstag will sich Kratz mit den anderen Jugendtrainern treffen und das weitere Vorgehen abstimmen. Der Trainingsbetrieb wird dann wohl ab dem 15. März wieder anlaufen. "Einige Mütter haben mir schon gesagt, es wird Zeit, dass die Kinder wieder auf den Platz dürfen", berichtet Kratz. Wann und wie es mit dem Spielbetrieb weitergehen wird, ist für ihn momentan kein großes Thema. Wichtig sei vor allem, überhaupt wieder ein Sportangebot machen zu können. Da habe der Verein auch eine Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen.

Bleibt die Inzidenz stabil?

Mit Fragen nach der Verantwortung setzt sich auch Kai Fucker auseinander. Der Vorstand des TV 1860 Gunzenhausen hat beim Blick auf die ab Montag geltenden Regeln "ein banges Gefühl". Zwar begrüßt er grundsätzlich die Möglichkeit, wieder etwas Leben in seinen Verein bringen zu können, die praktische Umsetzung gestalte sich aber schwierig. "Die Inzidenzwerte schwanken ja", argumentiert Fucker. "Was passiert, wenn ich an einem Freitag ein Training vereinbare, über das Wochenende aber die Inzidenz noch oben schnellt?", fragt er.


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Außerdem seien weitere Fragen zu klären, etwa, wie viele Zehnergruppen gleichzeitig auf dem Sportgelände trainieren dürfen. Und wie weit sie Abstand voneinander halten müssen. Und letztlich auch die Frage, wer die Verantwortung dafür trägt, wenn angesichts eines dynamischen Infektionsgeschehens und wenig konkreter Handlungsanweisungen seitens der Staatsregierung doch einmal Fehler passieren. Trotz dieser Bedenken wird auch der TV den Sportbetrieb zeitnah wieder hochfahren. Die Überdachung für den Außenbereich des vereinseigenen Fitnessstudios wird bereits montiert.

Corona ist noch nicht vorbei

In all die Vorfreunde, in das emsige Arbeiten für den sportlichen Neustart mischt sich bei den Verantwortlichen aber auch Angst. Davor, dass die Öffnungen zu früh kamen, die Corona-Fallzahlen schon bald wieder deutlich steigen und sich die Wiederkehr auf die Sportplätze als kurzes Intermezzo entpuppt.

"Vielleicht", sagt TV-Vorstand Fucker nachdenklich, "wäre es sogar besser gewesen noch etwas zu warten. Sollten wir in ein paar Wochen wieder zumachen müssen, wird die Enttäuschung umso größer sein." Auch sein Kollege Frank Reißlein vom SV Unterwurmbach weiß, dass die Öffnungen nicht ohne Risiko sind: "Natürlich kann es passieren, dass die Zahlen wieder durch die Decke gehen. Insofern sehe ich das alles mit einem lachenden und einem weinenden Auge."

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