Heikle Entscheidung

Burchert oder Linde? Das Kleeblatt hat plötzlich zwei sehr gute Torhüter

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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1.2.2022, 16:00 Uhr
"Das war ein sehr guter Start von ihm": Mit der Leistung von Andreas Linde beim Test in Ingolstadt war Stefan Leitl sehr zufrieden.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink "Das war ein sehr guter Start von ihm": Mit der Leistung von Andreas Linde beim Test in Ingolstadt war Stefan Leitl sehr zufrieden.

Der erste längere Arbeitstag von Andreas Linde war ein weitgehend entspannter. Am vergangenen Donnerstag durfte der neue Torhüter der Spielvereinigung Greuther Fürth beim Testspiel in Ingolstadt zum ersten Mal 90 Minuten lang auf dem Platz stehen. In der ersten Hälfte reagierte er einmal im Eins-gegen-Eins gut, später hielt er einen Kopfball mit einem starken Reflex. Recht viel mehr bekam Linde nicht zu tun - beim 1:1, einem direkt verwandelten Freistoß, war er machtlos.

Ansonsten zeigte der 28-Jährige all das, was sich die Verantwortlichen von ihm erhoffen. Der Torhüter strahlte Ruhe und Gelassenheit aus, brachte all seine Pässe, auch die längeren, zum Mitspieler und pflückte die wenigen Ingolstädter Flanken problemlos aus der Luft. Sein Trainer war deshalb sehr zufrieden. "Insgesamt war das ein sehr guter Start von ihm", lobte Trainer Stefan Leitl.

Burchert fast viermal zu Null

Der sehr gute Start könnte aber trotzdem nicht reichen, um am Ziel anzukommen. Um am nächsten Sonntag beim Auswärtsspiel in Wolfsburg im Fürther Tor zu stehen. Das liegt nicht nur daran, dass es noch "ein paar Themen, die wir intern besprechen müssen" gibt, wie Leitl es formuliert. Das klingt härter als es ist, es geht darum, "wie er sich in unserem Spiel zu verhalten hat", also um taktische Feinheiten und bestimmte Abläufe.

Der weitaus gewichtigere Grund, warum sich Andreas Linde womöglich noch ein bisschen länger gedulden muss, heißt Sascha Burchert. Der Name des Vize-Kapitäns und Aufstiegstorhüters ist eng verbunden mit dem jüngsten Aufschwung beim Kleeblatt. Drei Heimspiele in Folge kassierte der 32-Jährige kein Gegentor, zuletzt gegen Mainz riss diese Serie erst in der 93. Minute. Immer wieder rettete Burchert seine Mannschaft mit starken Paraden, mit Aktionen, die er so zu Beginn der Saison noch nicht regelmäßig zeigte.

Rückblick. Anfang Oktober 2020 setzte Stefan Leitl seinen langjährigen Torhüter auf die Bank. Dem habe "teilweise das Matchglück gefehlt, dass er den ersten Ball mal hält und uns damit im Spiel hält", erklärte der Trainer. Doch besser wurde es auch mit Marius Funk nicht. "Ein Blick in die Statistik zeigt, dass das Kleeblatt auch wegen seiner Torhüter Tabellenletzter ist", war damals an dieser Stelle zu lesen. Funk und Burchert waren Ende November bei den abgewehrten Bällen auf dem vorletzten und drittletzten Platz notiert.

Mit 48,1 Prozent gehaltenen Schüssen ist Funk, der sich am Meniskus verletzt hat, inzwischen mit Abstand Letzter in dieser Kategorie - Burchert hingegen ist mit 68,3 Prozent auf Rang zehn geklettert. Ganz vorne stehen Mark Flekken vom SC Freiburg (80), der Bochumer Manuel Riemann (74) sowie Stefan Ortega von Arminia Bielefeld (72.). Auffällig ist dabei, dass Burchert mit zwölf Spielen zwar vier mehr als Funk absolviert hat, dabei aber insgesamt nur neun Schüsse mehr halten musste. Zuletzt profitierte er also sehr von der neuen defensiven Stabilität der gesamten Fürther Mannschaft.

Dennoch ist die Leistungssteigerung von Burchert auch statistisch klar erkennbar. In dieser Spielzeit hat er 16 von 27 Großchancen (Versuch mit freier Schussbahn oder Eins-gegen-Eins) vereitelt, mit knapp 59 Prozent ist er in dieser Kategorie sogar der beste Torhüter der Bundesliga. Am freien Wochenende dürfte Stefan Leitl daheim bei der Familie sicher ein bisschen gegrübelt haben, wie er in dieser heiklen Angelegenheit am besten vorgeht. Eine endgültige Entscheidung aber soll erst am Ende der Trainingswoche fallen.

In diese startete das Kleeblatt nach einigen freien Tagen erst am Dienstag. "Die Jungs haben sich mit dem Sieg gegen Mainz einen Bonus erspielt", so Leitl. Bei der ersten Einheit in dieser Woche durfte Neuzugang Tobias Raschl seine Kollegen kennenlernen, von denen einige teilweise noch individuell trainierten und nicht das komplette Mannschaftstraining absolvierten. So auch Verteidiger Gideon Jung, der nach seiner Knieverletzung zwar weiter Fortschritte macht, beim Testspiel in Ingolstadt (1:1) aber aufgrund der "Belastungssteuerung" kurzfristig doch nicht zum Einsatz kam.

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