Von Höchstadt in die Eishockey-Welt: Wie der HEC seine Spiele streamt

19.2.2021, 09:02 Uhr
Von Höchstadt in die Eishockey-Welt: Wie der HEC seine Spiele streamt

© Foto: Thomas Hahn

Wenn am Freitagabend um 20 Uhr das Bully, der Spielbeginn im Höchstadter Eisstadion zwischen den Alligators und den Starbulls Rosenheim ansteht, dann haben Torben Ritter und seine Kollegen vom Medienteam des HEC schon einige Stunden Arbeit hinter sich.

Sechs Ehrenamtliche stemmen die Live-Übertragungen der Oberliga-Spiele der Alligators über den Streamingdienst Sprade TV. Gut zwei Stunden vor Spielbeginn treffen sie sich und beginnen mit dem Aufbau. Vier Kameras kommen an ihren Platz, werden montiert und angeschlossen.

Kabel werden verlegt, unter anderem der Regierechner wird im VIP-Raum platziert. Dort liegt quasi die Zentrale der Übertragung. "Mittlerweile schaffen wir das in 45 Minuten", sagt Ritter. Dann steigt auch die Spannung im Übertragungsteam. "Jeder hat Lust darauf und freut sich auf die Übertragung."

"Wir haben es nicht bereut"

Gestreamt werden die Spiele jeweils von der Heimmannschaft. Vor dieser Saison wurden auf Sprade TV vor allem die Partien der DEL2-Klubs übertragen. In den Ligen darunter war das Portal nur sporadisch vertreten. Doch im Sommer, als die Corona-Krise einen Spielbetrieb mit Zuschauern nicht zuließ, zogen alle Oberligisten mit. Auch Höchstadt. "Wir haben es nicht bereut", bilanziert Marketingleiter Christian Götz. Einen kleinen fünfstelligen Betrag investierte der Club in die Grundausstattung, doch finanziell scheint es sich zu lohnen.


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Von Höchstadt in die Eishockey-Welt: Wie der HEC seine Spiele streamt

© Foto: Thomas Hahn

Acht Euro kostet eine Partie, wenn sie ein Nutzer bucht. Davon gehen in dieser Corona-Saison 77 Prozent an den übertragenden Verein, mehr als in den vorherigen Spielzeiten. Das decke zwar nicht die ausbleibenden Zuschauereinnahmen, aber Christian Götz sagt: "Es ist mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein."

Theoretisch mehr Zuschauer als im Stadion

Auch Werbung kann geschaltet werden. Die Erlöse hierfür bleiben komplett bei den Alligators. Bei einem Spiel zähle Höchstadt etwa 450 bis 500 Buchungen, sagt Götz. Pro Buchung sitze meist mehr als nur eine Person vor dem Gerät. Sprade TV rechnet daher mit einem Faktor von 3,2. Damit haben die Alligators "mehr Zuschauer als im Stadion", freut sich Götz. Er hofft, so auch neue Fans gewinnen zu können.

Das Feedback der Zuschauer sei positiv. Mittlerweile könnten so auch Menschen, die nicht rund um Höchstadt wohnen, die Spiele der Alligators verfolgen. Sogar Bekannte aus der Schweiz seien dabei. Und das bringe auch Werbepartnern mehr Reichweite. "Das ist wirklich gigantisch", schwärmt Götz. All das ginge aber nicht ohne das Medienteam, für das er voll des Lobes ist. "Die machen einen super Job. Die Übertragung ist klasse."

Interviews vor dem Spiel

Angefangen hat es in Höchstadt mit einer Kamera. Torben Ritter sagt: "Das Ganze soll eine gewisse Qualität haben." Daher wird immer weiterentwickelt. Gegen Rosenheim werden bei der Übertragung Facebook-Kommentare eingeblendet, um mit Zuschauern zu interagieren. Und vor dem Spiel gibt es erstmals Interviews, danach eine Pressekonferenz.


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Nach den ersten Monaten wurde die Kamerazahl erweitert. Vier Stück sind es jetzt, auch, weil Mitglieder Equipment gekauft haben. Neben der Hauptkamera, die das Spielgeschehen in der Totale verfolgt, gibt es eine Zoomkamera, die mehr Nähe zum Geschehen schafft. Um jede Torsituation bestmöglich zu zeigen, ist hinter jedem Tor eine Kamera befestigt. Gesendet wird mittels eines Vodafone-Cubes über das mobile Netz. Übertragen wird in HD.

Das Team schult sich gegenseitig

Intern schult sich das Team gegenseitig. Pflegt Ritter beispielsweise ein neues Video ein, das in der Werbe-Playlist in einer der Drittelpausen läuft, so macht er davon ein Video-Tutorial, damit auch seine Kollegen die Schritte nachvollziehen können. "Mein Antrieb ist, dass wir ein Team sind, bei dem jeder alles kann." Zu Saisonbeginn gab es auch Schulungen von Sprade TV.

Bevor alles losging, suchten die Alligators nach Helfern für die Übertragung. Einer der Bewerber war Ritter. "Ich wollte schon als Kind ein bisschen Filmregie machen", sagt der hauptberufliche IT-Spezialist.

Um sich mit der Technik und Software noch besser vertraut zu machen, nimmt Ritter den Übertragungsrechner nach Spielende mit nach Hause. Darüber hinaus kann er Statistiken pflegen, die aus Datenbanken generiert werden. Diese kann er später bei der Übertragung einfach per Knopfdruck zeigen. Egal ob es die Tabelle ist oder die Top-Scorer sind.

Zeitlupe per Knopfdruck

Ein Team bei jeder Übertragung besteht aus mindestens sechs Personen. Torben Ritter ist meist für die Regie und die Wiederholungen zuständig. Daneben gibt es zwei Kameramänner, zwei Kommentatoren und eine Person, die das Scoreboard (Anzeigentafel) bedient.

Während der Übertragung hat Torben Ritter auf seinem Monitor alle Kameraperspektiven im Blick und kann bei Bedarf die passende abspielen. Um nur eine Besonderheit zu nennen: Bei Sprade TV gibt es natürlich auch Torwiederholungen. Ritter drückt auf einen Knopf, im System wird die Szene rückwirkend aufgezeichnet. Mit einer um ein Viertel verringerten Geschwindigkeit wird diese dann für die Zuschauer gezeigt. So einfach entsteht die Zeitlupe.

Für zunächst drei Jahre bleibt der HEC bei Sprade TV. Eine Idee, die auch für andere Vereine interessant sein könnte? "Wir sind für jede Sportart offen", sagt Marcel Linke, einer der Geschäftsführer der Sports Trade GmbH, die Sprade TV betreibt. Durchaus könne man sich vorstellen, auch andere Sportarten zu übertragen, unter einem anderen Label. Aktuell seien schon Gespräche im Gange.


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Aktuell läuft die Produktion unter strengen Corona-Maßnahmen. Zum VIP-Raum haben ausschließlich die Personen Zutritt, die an der Übertragung beteiligt sind. Auf Abstände werde geachtet, es herrscht Maskenpflicht. Die Kommentatoren tragen zusätzlich einen Schutz vor dem Gesicht, sagt Ritter, "wir tun alles, um so sicher wie möglich zu sein".

Am Freitagabend werden sie wieder Kameras aufbauen, Kabel verlegen, um das Spiel in die Wohnzimmer zu bringen. Und Torben Ritter sitzt wieder am Regierechner.

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