Drehen an der Preisschraube

Girokonto: Jede dritte Bank will die Gebühren 2022 noch weiter erhöhen

11.4.2022, 13:59 Uhr
Ein Mann autorisiert am Laptop eine Zahlung beim Online-Banking: Für viele Bankgeschäfte könnten bald höhere Gebühren anfallen.

© Silas Stein, dpa Ein Mann autorisiert am Laptop eine Zahlung beim Online-Banking: Für viele Bankgeschäfte könnten bald höhere Gebühren anfallen.

Die Preise steigen weiter. Das gilt in den nächsten Wochen und Monaten auch für die Finanzbranche. Immobilieninteressenten bekommen es bereits zu spüren: Die Zinsen für Zehn-Jahres-Hypotheken haben sich seit Ende vergangenen Jahres verdoppelt und liegen mittlerweile oft wieder bei zwei Prozent und mehr. Auch bei Firmenkrediten wird es teurer und ebenso bei den Gebühren für das Girokonto.

Dem neuen Bankenbarometer der Unternehmensberatung EY zufolge will jedes zweite Geldhaus und jedes zweite FinTech in Deutschland in diesem Jahr die Preise für Girokonten erhöhen oder hat schon erhöht. Und mehr als die Hälfte der Bank-Manager wollen die Konditionen für Immobilien-, Raten- und Firmenkredite nach oben setzen. Gleichzeitig rechnet fast ein Drittel mit einer restriktiveren Kreditvergabe im ersten Halbjahr 2022.

Für die Banken sei es wegen der Niedrigzinsen und damit verbunden geringeren Zinseinnahmen und einer schärferen Regulierung in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, gewinnbringend zu arbeiten, sagt Thomas Griess, Partner verantwortlich für Finanzdienstleistungen bei EY. „Also denken die Banken weiter intensiv über neue Ertragsquellen nach.“

Höhere Preise für Überweisungen

109 Banken und elf FinTechs hat EY befragt: 15 Prozent haben die Preise für Girokonten in diesem Jahr demnach bereits erhöht, 34 Prozent haben es vor. Rund 40 Prozent sehen auch höhere Preise für Überweisungen und für Kreditkarten oder haben bereits aufgeschlagen. Ein Drittel hält beim Geldabheben vom Konto die Hand weiter auf oder hat dies vor.

Fazit von EY: Die Welle von Gebührenerhöhungen für Privatkunden werde wohl nicht abebben. Auch bei Zinsen rechnen fast 60 Prozent in den nächsten zwölf Monaten mit einem Anstieg. Nach Angaben des Finanzportals Biallo.de erheben abgesehen davon immer noch 576 Banken und Sparkassen Negativzinsen. Immerhin scheine der Trend abzunehmen. Im ersten Quartal seien nur 20 dazu gekommen, im ersten Vierteljahr 2021 seien es noch 110 gewesen, heißt es bei Biallo.

Andererseits drehen die Institute der EY-Studie zufolge weiter an der Kostenschraube. Für fast 60 Prozent stehen entsprechende Maßnahmen ganz oben auf der Agenda. Allerdings hat das in Summe nicht unbedingt mit weniger Arbeitsplätzen zu tun. „Es gibt keinen generellen Stellenabbau mehr in der Bankenbranche“, ist EY-Partner Griess überzeugt. Zwar rechnen 39 Prozent der Institute mit weniger Stellen im kommenden halben Jahr. Aber ein Viertel erwartet auch mehr Jobs. Das gilt vor allem für das Risikomanagement und die IT.

Zum einen ziehen die Aufseher die Zügel an, zum anderen ist die IT für die Institute lebenswichtig. Die Corona-Pandemie habe die Notwendigkeit einer stärkeren Digitalisierung verstärkt. Einschränkungen und Kürzungen aber wird es bei der direkten Kundenbetreuung geben, sagen 41 Prozent der Befragten. Und sie rechnen damit, dass die Zahl der Filialen bis 2025 um weitere gut 20 Prozent sinken wird. Auch das Thema Konsolidierung bleibt: Mehr als jedes vierte Institut erwartet in diesem Jahr größere Fusionen, in erster Linie allerdings bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen.

Einen Wettbewerbsvorteil und neue Einnahmemöglichkeiten sehen vor allem Banken durch das Thema Nachhaltigkeit, also in ESG - Fragen der Umwelt (Environment), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Das spiele eine immer größere Rolle, heißt es bei EY. Rund 65 Prozent der Banken und auch der FinTechs messen diesen Themen eine hohe Bedeutung zu. FinTechs sind bei konkreten Schritten aber noch zurückhaltender. Ein Drittel der Befragten gibt an, sie seien noch in der Analysephase.

In den Banken setze sich, so die Studie, die Erkenntnis durch, dass sie einen wesentlichen Beitrag zum Strukturwandel in der Wirtschaft und zur Erreichung der Pariser Klimaziele leisten müssten. Allerdings sehen 82 Prozent der Bank-Manager in den „strengen“ Auflagen der Aufsichtsbehörden für ESG eine große Herausforderung. 82 Prozent berichten von fehlenden Daten und Erfahrungswerten mit Blick auf mögliche Risiken und Kosten für die Einbindung von ESG in die Geschäfte ihres Hauses. „Es fehlen noch weitgehend etablierte Standards, an denen sich die Institute orientieren können“, beschreibt EY-Partner Griess das seiner Auffassung nach bestehende Dilemma, dem sich Banken gegenüber sähen.

Andererseits hätten sie die hohe Bedeutung von ESG erkannt. Bei knapp drei Viertel der Institute liegt die Zuständigkeit für ESG mittlerweile beim Vorstand, Und fast die Hälfte glaubt, dass das Nachhaltigkeitsthema den Finanzmarkt grundlegend und dauerhaft verändern wird. EY erwähnt auch die immer wieder aufkommenden Vorwürfe des Greenwashing. Befragt wurden die Bankmanager dazu allerdings nicht.

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