Leben in der Dunkelheit

23.4.2015, 07:28 Uhr
Leben in der Dunkelheit

© Koch Media

Bad City ist ein gottverlassener Ort. Die Straßen sind leer, nur Huren und Zuhälter, Diebe und Drogendealer drücken sich in den Schatten herum. Mittendrin: Der traurige Cowboy Arash (Arash Marandi). Der James Dean-Lookalike hat lange gespart für seinen Traum: einen Ford Thunderbird. Doch sein Vater ist ein Junkie und hat Heroin-Schulden, weshalb sich der fiese Pimp Saeed (Dominic Rains) den Flitzer unter den Nagel gerissen hat. Traurig streift Arash durch die nächtlichen Straßen, wo er auf ein verschleiertes Vampirmädchen (Sheila Vand) mit einem Faible für Lionel Richie trifft …

„A Girl Walks Home Alone At Night“ wurde nicht im Iran gedreht, sondern in Kalifornien: von Ana Lily Amirpour, einer in London geborenen Tochter iranischer Auswanderer. In langsamen, reduzierten Schwarzweiß-Bildern und auf Farsi (Persisch) erinnert ihr entschleunigtes, somnambules Märchen nicht nur thematisch, sondern auch stilistisch an Jim Jarmusch – und entfaltet eine ähnlich hypnotische Sogwirkung wie dessen jüngster Streich „Only Lovers Left Alive“. Auch Amirpour arbeitet das einsame, traurige Element des Untotendaseins heraus und inszeniert ihre Titelfigur als melancholisches Nachtschattengewächs, ohne den animalischen Moment des Mythos zu vergessen: Wenn diese namenlose Rächerin mordet, dann reißt sie ihre Opfer mit Stolz.

Schweigsame Heldin

„The Girl“ macht aus ihrem Herzen wortwörtlich eine Mördergrube – und entsorgt ihre toten Opfer in einer Senke am Stadtrand. Symbolgehalt hat jedoch das ganze Setting: Erst in der Dunkelheit erwacht das Leben, getanzt und gefeiert wird (wie ja tatsächlich im Iran) hinter geschlossenen Türen und Vorhängen. Und dann ist da auch noch eine feministische Konnotation: Wenn die schweigsame Heldin auf ihrem Skateboard durch die fiktive iranische Geisterstadt cruist, wird ihr schwarzer Tschador zum flatternden Dracula-Umhang . . .

Bei all dem schwingt viel Theater und viel Stummfilm-Eleganz mit, der Film hat aber auch etwas suggestiv-kammerspielhaftes und könnte gut einer Graphic Novel entsprungen sein. Amirpours Kinodebüt ist ein starkes Stück. (USA/99 Min.; Casablanca, Nbg.)

Verwandte Themen


Keine Kommentare