Teuer erkaufter Aufstieg zum Ruhm

23.4.2015, 07:28 Uhr
Teuer erkaufter Aufstieg zum Ruhm

© StudioCanal

Jeder kennt die Bilder von Margaret Keane. Bubiköpfige Straßenkinder mit tellergroßen Augen, gern auch mit Tränchen auf den Pausbacken. In den 60ern so populär wie die feurige Zigeunerin neben der deutschen Schrankwand. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, dass es damals tatsächlich eine Kunsthochschulabsolventin in San Francisco gab, die diesen Deko-Müll für ästhetisch Robuste eigenhändig und schön eins nach dem anderen mit Acryl auf Leinwand gepinselt hat.

Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: Diese von Amy Adams als blässliche Betonfrisurträgerin dargestellte Geschiedene mit Tochter tut das mit Herzblut und unter dem Namen ihres zweiten Gatten Walter Keane, der die Schinken nach einigen Anlaufschwierigkeiten verkauft wie warme Semmeln.

Womit wir bei Christoph Waltz wären, der diesen Walter als langsam in den Größenwahn schlitternde Schlitzohr-Charge gibt, und dafür einen Golden Globe kassiert hat, den er so wenig verdient, wie seine Figur den Ruhm als Malerfürst. Beschiss allenthalben, und dass die über Jahre florierende Kitschvermarktung unter falschem Namen, die selbst Andy Warhol neidisch werden ließ, auch als Anekdote in der amerikanischen Kunstgeschichte unvergessen ist, plagt sicher heute noch ein paar der damals Beteiligten.

Nicht jedoch die noch lebende Margaret selbst, die samt ihrer Story von den Drehbuchautoren Scott Alexander und Larry Karaszewski ausgegraben wurde. Noch täglich malt sie, ist stolz auf ihren Sieg über den verlogenen Gatten. Denn, Kitsch hin oder her, Margarets kreatives Martyrium und die Erlösung davon gehören zu einer Emanzipationsgeschichte aus einer Zeit, in der Tim Burton am liebsten seinen Ausstattungsfantasien die Zügel schießen lässt, in der Frauen aber auch auf dem Kunstmarkt wenig zu melden hatten.

Sich über diese kurz, aber massiv blamierte Männerdomäne unterhaltsam lustig zu machen, wäre eigentlich die Herausforderung gewesen. Statt dessen versucht der dauergrinsende Waltz zu illustrieren, wie man als Einfaltspinsel die Welt für dumm verkauft und Geld scheffelt wie Dagobert Duck, während die hochnäsigen Galeristen der Abstrakten böse schauen. Alles zusammen leider bloß kindisch, nicht komisch. (USA/106 Min.; Casablanca, Cinecittà, Meisengeige, Nbg.; Babylon, Fürth; CineStar, Manhattan, Erl.; nach der Vorstellung im Casablanca am Sonntag, 18 Uhr, Gespräch mit Inge Rauh)

Verwandte Themen


Keine Kommentare