Daniela Schadt beim Jubiläum des Anna-Wolf-Frauenhauses

23.11.2015, 08:17 Uhr
Daniela Schadt beim Jubiläum des Anna-Wolf-Frauenhauses

© Fotos: Günther Wilhelm

Und was sie dort hört, hat die Lebensgefährtin von Bundespräsident Joachim Gauck spürbar berührt.

Es sind Berichte über Schläge, Psychoterror und auch finanzielle Ausgrenzung, die ein Entkommen besonders schwer machen. „Das waren bewegende und berührende Gespräche. Da sitzt eine 22 Jahre junge Frau und sagt: Mein Leben ist kaputt“, berichtet Daniela Schadt in ihrer Festrede. „Da möchte man doch sagen: Nein, dein Leben fängt doch erst an.“

Knapp 4000 Frauen und deren Kinder haben seit der Eröffnung 1995 im Anna-Wolf-Frauenhaus Zuflucht ge- sucht. Aus Sicherheitsgründen wird die Adresse bis heute öffentlich nicht genannt. „4000 Schicksale“, sagt Schadt nachdenklich. „Das ist schon etwas, was einen bedrückt.“ Deshalb frage sie sich, ob der Begriff „Feier“ für dieses Jubiläum überhaupt angemessen sei. „Ein Erfolg wäre es, wenn es Einrichtungen wie diese gar nicht geben müsste.“ Doch die Realität sieht ganz anders aus. Nach den vorliegenden Zahlen muss man davon ausgehen, dass jede vierte Frau in Deutschland in ihrer Beziehung eine Form von Gewalt erlebt. „Deshalb ist es ein zivilisatorischer Erfolg, dass es solche Häuser gibt.“

Die Initiative dazu hatten Anfang der 1990er Jahre vor allem drei Frauen ergriffen. Gertrud Neumann, die damalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, sowie die beiden Stadträtinnen Rosy Stengel (CSU) und Ele Schöfthaler (SPD). Von ihnen konnte am Freitag nur Rosy Stengel unter den knapp 200 geladenen Gästen sein. Johanna Zerer, die Vorsitzende des damals gegründeten Trägervereins „Hilfe für Frauen in Not Roth-Schwabach“, bedankt sich bei ihr mit einem Blumenstrauß stellvertretend für alle ehrenamtlichen Helferinnen, die bis heute eine unverzichtbare Unterstützung des hauptamtlichen Teams um Leiterin Andrea Hopperdietzel sind.

Damals sei das Bewusstsein für das Problem häuslicher Gewalt an Frauen und Kindern noch nicht sehr ausgeprägt gewesen. Auch nicht in der Kommunalpolitik. „Einen aber mussten wir nicht erst überzeugen“, betont Johanna Zerer. „Der damalige OB Hartwig Reimann war ein ganz wichtiger Fürsprecher für dieses Haus.“ Nach schwierigen Gesprächen war es schließlich gelungen, ein besonderes Bündnis zu schließen.

Den Großteil der Kosten für das Haus mit den zehn Plätzen für Frauen und deren Kinder teilen sich die Stadt Schwabach und die Landkreise Roth, Nürnberger Land und Weißenburg-Gunzenhausen. Der Trägerverein muss aber einen jährlichen Eigenanteil von immerhin rund 30 000 Euro zuschießen. Unterstützung kommt auch von den Kirchen. Das Gebäude gehört sogar der evangelischen Kirche.

„Stolz auf Frauenhaus“

Auch Reimanns Nachfolger Matthias Thürauf weiß aus seiner Zeit als Familien- und Strafrichter um die Aufgabe. „Nichts ist schlimmer, als in den eigenen vier Wänden, wo man sich geborgen und sicher wie nirgends sonst fühlen sollte, besonders bedroht zu sein. Das Frauenhaus bietet nicht nur ein Bett und Essen. Die Frauen werden wirklich aufgefangen. Das unterstützen wir nur zu gerne“, sagt Thürauf.

Der OB ist jemand, der seine Worte sorgsam wählt und nicht zu nett dahin geplauderten Lobeshymnen neigt. Umso bemerkenswerter seine ausdrückliche Anerkennung: „Wir sind auf dieses Frauenhaus richtig stolz. Was Andrea Hopperdietzel und ihr Team leisten, hat in der Stadt einen top Ruf. Wir sind total stolz. Das ist ein Zeichen einer lebendigen Stadt, die den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellt.“

An einem Punkt aber widerspricht er sogar Daniela Schadt. Die hatte am Ende ihres so stilvollen wie sympathisch-unkomplizierten Auftritts versprochen: „In 20 Jahren komme ich wieder, egal, was ich dann mache.“ Das will Thürauf so nicht hinnehmen: „Das ist mir zu spät“, sagt er lächelnd. Er ist eher für 2 statt 20 Jahre und lädt sie zum Stadtjubiläum 2017 ein: „Gerne auch in Begleitung.“

Eine Frau aber erhält sogar noch größeren Beifall als die aus Nürnberg stammende „First Lady“: Andrea Hopperdietzel, die seit der Gründung das Team leitet und die für das Frauenhaus typische Verbindung von professioneller Beratung und menschlicher Zuwendung vorlebt. Sie freut sich sichtlich über die große Unterstützung, die das Frauenhaus zu seinem Jubiläum erfährt.

Und sie wirbt um weitere Hilfe insbesondere für das neue Projekt der „proaktiven Beratung“, bei der das Frauenhaus in enger Absprache mit der Polizei von sich aus auf betroffene Frauen zugeht. Wie wichtig diese „Interventionsstelle“ ist, die in Schwabach mit 15 Stunden pro Woche gestartet ist, unterstreicht der Vortrag von Heike Herold, der Geschäftsführerin der bundesweiten Koordinierungsstelle für Frauenhäuser in Berlin.

Ohne Geld aber kann auch ein Frauenhaus nicht helfen: 1500 Euro spendete der Rotary-Club Nürnberg-Reichswald, 1700 Euro die Sparkasse Mittelfranken-Süd, 3000 Euro die Bäckerei Karg und 5000 Euro der Zonta-Club Fränkisches Seenland. Damit finanziert das Frauenhaus einen neuen Schrank, ein Behindertenbett, eine Mikrowelle und einen Teil der neuen Beratung. „Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet“, sagt Andrea Hopperdietzel im Gespräch mit dem Tagblatt, „das ist fantastisch.“

 

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