Bürgerbegehren gegen Treuchtlinger "Wasser-Deal"

30.5.2019, 06:43 Uhr
Bürgerbegehren gegen Treuchtlinger

© Patrick Shaw

"Zukunft bewahren – deshalb Stop zum Raubbau am Tiefengrundwasser!" ist es überschrieben und könnte den geplanten und vom Treuchtlinger Stadtrat bereits abgesegneten "Mineralwasser-Deal" ins Wanken bringen: Ein Bürgerbegehren wendet sich gegen die Absicht der Stadt Treuchtlingen, der Firma Altmühltaler in einem siebenjährigen Probebetrieb zusätzliche Förderrechte für jährlich bis zu 300 000 Kubikmeter Tiefenwasser aus dem sogenannten Nagelbergbrunnen zu verpachten.

Ziel des Begehrens, für dessen Erfolg sich bis 8. Juni knapp 1000 Treuchtlinger Bürger in die Listen eintragen müssen, ist ein Bürgerentscheid. Er soll die Stadt zwingen, "die Abgabe an die Firma Altmühltaler Mineralbrunnen abzulehnen und alle dafür erforderlichen Beschlüsse zurückzunehmen".

In ihrer Begründung mahnen die Initiatoren um den Bubenheimer Richard Schmidt vom Bund Naturschutz und ÖDP-Kreisvorstand, die Treuchtlinger Klaus Bucka und Anna Dischinger sowie die Kreis-ÖDP mit ihrem Vorsitzenden Reinhard Ebert als Unterstützer an, mit dem Tiefenwasser "sehr sorgsam umzugehen, insbesondere angesichts der sich abzeichnenden Klimakatastrophe". Mit Blick auf die bisher äußerst kritische Haltung der Behörden sei es "nicht nachvollziehbar, weshalb [diese] bei unveränderten Gegebenheiten jetzt zu einer anderen Bewertung kommen".

Initiative will grundsätzliches Umdenken

Die Initiative hält es des Weiteren "für unverantwortbar, für kurzfristige privatwirtschaftliche Profitinteressen die Lebensgrundlagen künftiger Generationen aufs Spiel zu setzen". Bedenklich sei auch das Geschäftsmodell, Wasser in Einweg-Plastikflaschen abzufüllen, über weite Strecken zu transportieren und im Discounter zu verkaufen. Das Bürgerbegehren wolle "ein Startsignal für einen grundsätzlich verantwortungsvollen Umgang mit dem Lebensmittel Trinkwasser geben."

"Unser Motto Wasser-Klarheit-jetzt gilt über die Region hinaus", erklärt auch Dorothee Bucka. Es gehe "nicht in erster Linie um die Firma Altmühltaler, sondern generell ums Wasser". Da aber auch die jüngste Bürgersprechstunde keine Transparenz geschaffen habe, "kommen wir um ein Begehren nicht herum".

"Nicht eindeutig und voller Zweifel" ist für die Treuchtlingerin Christa Schulz auch das Gutachten des WWA. Es sage nichts zur Wasserqualität, und es sei unsicher, ob der Probebetrieb die Folgen ausreichend testen kann. Das alles halte sie für "außerordentlich bedrohlich".

Die "zentrale Frage", ob man den Fachleuten glauben könne, lässt sich für Richard Schmidt indes nicht klären. Immerhin sei der Tenor beim WWA ein ganz anderer als beim Landesamt für Umwelt, dessen Leiter Claut Kumutat noch vor einem Jahr von einer "sehr angespannten Situation" gesprochen habe. Deshalb gelte es, besonders vorsichtig zu sein.

Erhöhung für Umzug gar nicht nötig?

Dazu kommt laut Schulz, dass der Lastverkehr bei der mit der Mehrentnahme gekoppelten Aussiedlung des Getränkeabfüllers zwar aus der Stadtmitte verschwindet, aber trotzdem um rund 50 Prozent zunimmt. Sie sei "sehr interessiert an der Aussiedlung, aber nicht zu diesem Preis und nicht von Altmühltaler diktiert".

Dabei wäre der Mineralwasserkonzern nach Ansicht Klaus Buckas ohnehin umgezogen, mit oder ohne höhere Fördermenge. Dafür spricht auch die Modellrechnung eines Insiders, der anonym bleiben will. Ihr zufolge rentiert sich allein die bereits vollzogene Auslagerung des Logistikzentrums schon ab dem vierten Betriebsjahr. Die 65 Millionen Euro für die Verlagerung der Produktion würden sich der Prognose zufolge selbst bei der minimalen Gewinnspanne des Discounter-Wassers ab einem Mehrverkauf von etwa 2,2 Millionen Kubikmetern rechnen – also drei Jahre nach Ende des Probebetriebs.

"Der eigentliche Skandal ist aber, dass das Wasser selbst nichts kostet", ergänzt Reinhard Ebert. Und während mancher Zweckverband "um jeden Kubikmeter streiten muss", solle Altmühltaler ohne Not riesige Mengen erhalten. Somit gehe es eben nicht nur um eine fachliche Entscheidung, sondern um eine politische Abwägung wirtschaftlicher Interessen gegen die der Allgemeinheit.

Rolle der Stadtwerke zweifelhaft

Es stelle sich überdies die Frage, warum es die Treuchtlinger Stadtwerke jetzt nicht erneut mit ihrem 1996 gescheiterten Antrag auf jährlich 120.000 Kubikmeter Trinkwasser aus dem Nagelbergbrunnen versuchen, wundert sich Klaus Bucka. Das Fernwasser werde knapper, sodass die Stadt "in Zeiten des Klimawandels ein zweites Standbein braucht". Dorothee Bucka warnt zudem von der Präzedenzwirkung. Die Bürgerinitiative wolle nicht gegen ein lokales Unternehmen agitieren, sondern verstehe sich als genereller Mahner in Sachen Ressourcenschonung.

"Wir erwarten nicht, dass das Landratsamt den Antrag deshalb ablehnt, aber die Bürger können ihn unterbinden", so Ebert. Und ein Kompromiss? "Ein Bürgerbegehren kann nur nach Ja oder Nein fragen", erklärt Richard Schmidt. "Es gibt der Stadt aber Zeit, die Sache zu überdenken, bevor sie handelt. Eigentlich müsste sie uns dafür dankbar sein."

InfoWer sich am Bürgerbegehren beteiligen möchte, findet die Unterschriftenliste samt Erklärung in der heutigen Ausgabe des Treuchtlinger Kuriers. Wer sich bereits an einem der Infostände eingetragen hat, muss erneut unterschreiben. Der nächste Infostand steht am Freitag, 31. Mai, auf dem Treuchtlinger Wochenmarkt.

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