Pflegekräfte: Querelen um den Corona-Bonus

7.5.2020, 06:00 Uhr
Auch rund einen Monat nach der Ankündigung einer Bonus-Zahlung für die Pflegekräfte herrscht noch Verwirrung. Erst vor wenigen Tagen definierte der Freistaat, welche Berufsgruppen tatsächlich einen Anspruch haben. Foto: dpa

© NN Auch rund einen Monat nach der Ankündigung einer Bonus-Zahlung für die Pflegekräfte herrscht noch Verwirrung. Erst vor wenigen Tagen definierte der Freistaat, welche Berufsgruppen tatsächlich einen Anspruch haben. Foto: dpa

Bis vor ein paar Tagen war die Verunsicherung in Krankenhäusern und Pflegeheimen groß. "Meine bisherigen Erkundungen bezüglich der Boni haben ergeben, dass die Auszahlung nur an Pflegepersonal erfolgen soll, zu dem wir jedoch als Physiotherapeutinnen angeblich nicht gehören würden - was absurd ist, denn wir arbeiten intensiv und ausschließlich Hand in Hand mit der Pflege, wie auch immer unsere Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnung lauten mag", erklärte beispielsweise eine Physiotherapeutin, die bei einer geriatrischen Reha-Station in der Region tätig ist.


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Das ist inzwischen immerhin geklärt. Am 30. April wurde eine Richtlinie zum bayerischen Corona-Pflegebonus veröffentlicht. In drei Anlagen werden die Berufsgruppen aufgezählt, die davon profitieren. Darunter finden sich auch die Physiotherapeutinnen und -therapeuten in Pflegeeinrichtungen. Eine Sprecherin des bayerischen Staatsministeriums für Pflege teilt zudem auf Anfrage mit, dass "die Aufzählung nicht abschließend", sondern nur beispielhaft sei.

"Begünstigte im Sinne dieser Richtlinie sind Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten. Ebenso begünstigt sind tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege enspricht und mit dieser vergleichbar ist. Auch Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst sind Begünstigte", so die Sprecherin.

Zumindest zum Teil stößt diese Konkretisierung auch bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf Zustimmung. "Zu Anfang war der Bonus ein Schnellschuss ohne nähere Berufsgruppen-Definition", sagt Robert Hinke als Verdi-Landesfachbereichsleiter für Gesundheit, Soziale Dienste sowie Wohlfahrt und Kirchen. Nach wiederholter öffentlicher Kritik nicht nur von Verdi "hat die Bayerische Staatsregierung nachgebessert" und mache die Bonus-Zahlung nun etwa nicht mehr alleine an der Ausbildung fest, sondern orientiere sich an der geleisteten Tätigkeit. Nicht mehr nur examinierte Pflegekräfte profitieren also demnach.


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Dennoch fordert Hinke eine Erweiterung. In der Pflege oder in Krankenhäusern "ist alles immer Teamarbeit." Auch ohne die Reinigungskräfte oder das Personal in der Verwaltung und Technik funktioniere der Betrieb nicht, schon gar nicht in Corona-Zeiten. "Der berechtigte Personenkreis darf nicht zu eng gefasst werden", so Hinke. Dieser Meinung ist auch der Diakonische Arbeitnehmerverband Bayerns. Hinke fordert aber nicht nur den Freistaat, sondern auch die Arbeitgeber auf, entsprechend zu handeln. Und gerade hier gebe es noch ein weiteres Problem.

Viele Arbeitgeber würden den Beschäftigten aktuell die Bestätigung verweigern, die für den steuerfreien Bonus in Höhe von 500 Euro bei einer Arbeitszeit von mehr als 25 Stunden beziehungsweise 300 Euro nötig ist. Zahlreiche Berechtigte würden Verdi mitteilen, dass ihnen die Bescheinigung trotz mehrfacher Nachfrage nicht ausgestellt wird. Dahinter verbirgt sich laut Hinke die Sorge der Arbeitgeber, "in Regress genommen zu werden", weil die Prämie an jemanden ausbezahlt wird, der vielleicht keinen Anspruch hatte.


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Das aber sei absurd, so Hinke. "Die Arbeitgeber haften allein für die Richtigkeit der Angaben bezüglich der Tätigkeit und der Arbeitszeit der Antragsteller. Aber doch nicht darüber, ob diese auch tatsächlich anspruchsberechtigt sind." Auch vor diesem Hintergrund stößt sich Hinke an der bisherigen Fristsetzung für die Abgabe des Antrags. Diese läuft am 31. Mai ab. Bislang wurden rund 124000 Anträge abgegeben. Die Staatsregierung rechnet mit der doppelten Zahl an Berechtigten und damit auch Anträgen. Für die Zahlungen hat die Staatsregierung bis zu 126 Millionen Euro einge­plant.

Nachdem der Antrag via Internet eingereicht werden muss, ist hier zwischenzeitlich offenbar aber kein Durchkommen mehr. Deshalb, aber auch angesichts der späten Definition des Berechtigtenkreises und der bisherigen Haltung einiger Arbeitgeber, selber darüber entscheiden zu wollen, wer Anspruch hat und wer nicht, verlangt Verdi eine Fristverlängerung bis zum 30. Juni.


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Auch die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) fordert inzwischen die Arbeitgeber auf, angesichts des hohen Interesses an dem Bonus und der Herausforderung, die Anträge zeitnah abzuarbeiten, die notwendigen Bescheinigungen rasch an alle Berechtigten auszustellen. Die Vorgaben der Staatsregierung müssten beachtet werden. "Für ein anderes Verhalten habe ich kein Verständnis", so Huml. Bezüglich der geforderten Verlängerung der Antragsfrist erklärte Huml, dass darüber bei Bedarf Mitte Mai befunden werde.


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