Entwarnung: Es ist genug Grippe-Impfstoff für alle da

27.10.2020, 15:12 Uhr
Wird der Impfstoff in der Grippe-Saison knapp?

© Christian Ohde, NN Wird der Impfstoff in der Grippe-Saison knapp?

"Deutschland sucht den Impfstoff – den Grippeimpfstoff", schreibt das Uniklinikum Erlangen. Während die Menschen weltweit auf einen Corona-Impfstoff warten, wird in diesem Herbst erst einmal das Vakzin gegen Influenza knapp.

Mehrere Hausarztpraxen in der Region berichten von Engpässen. Im Landkreis Forchheim ist "die Lage kritisch". In Neumarkt gibt es schon Impf-Wartelisten. In Erlangen hoffen die Apotheken auf Nachlieferungen. Denn: In diesem Jahr wollen sich viel mehr Menschen als sonst gegen die Grippe impfen lassen.

Dafür wirbt auch die Politik. "Je mehr Menschen sich gegen Grippe impfen lassen, desto besser – denn in diesem Jahr ist eine Impfung besonders wichtig", sagt Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml. "Die Impfung schützt vor schwer verlaufenden Influenza-Infektionen und sie stärkt zugleich unser Gesundheitssystem vor einer möglichen Überlastung angesichts der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie." Wer sich mit dem Grippe-Virus angesteckt, kann trotzdem Corona bekommen – und umgekehrt. Es soll vor allem verhindert werden, dass zu viele schwere Fälle gleichzeitig in die Krankenhäuser kommen.


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Das Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat in der vergangenen Grippesaison bayernweit rund 55.000 Influenza-Infektionen registriert und 46 influenzabedingte Todesfälle. "Die echte Grippe ist keine harmlose Erkältung, sondern eine ernsthafte Erkrankung“, sagt Huml. "Bei schweren Verläufen kann sie gesundheitliche Folgen wie eine Herzmuskelentzündung oder eine Lungenentzündung nach sich ziehen." Wie bei Covid-19 sind davon vor allem Menschen ab etwa 65 Jahren oder mit Vorerkrankungen gefährdet

Melanie Huml impft Markus Söder.

Melanie Huml impft Markus Söder. © Sven Hoppe, dpa

Die Grippesaison beginnt üblicherweise im Oktober. Zwei Wochen braucht der Körper nach der Impfung, um einen Schutz aufzubauen. Deshalb lassen sich die meisten Menschen gerade jetzt impfen. Auf die höhere Nachfrage hat sich Bayern eigentlich vorbereitet. "Mein Ministerium hat für diese Saison 550.000 zusätzliche Impfdosen gekauft", sagt Huml. "Damit können wir rund ein Drittel mehr Impfungen garantieren, als in den vergangenen Jahren durchschnittlich nachgefragt worden sind."

Ärztepräsident warnt vor Lieferschwierigkeiten

Der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Gerald Quitterer, sieht das kritischer: Fakt sei, dass in Bayern viele Praxen noch nicht einmal die vorbestellten Impfstoffe komplett erhalten hätten. Nachbestellungen seien derzeit zwar möglich, jedoch zeitlich nicht absehbar. Ihm ist wichtig, "dass vor allem die Risikopatienten und chronisch Kranken, Impfung auch erhalten können" und nicht das Nachsehen vor anderen haben.


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Zu viele Impfdosen wollen die Ärzte allerdings auch nicht vorrätig haben. Denn alles, was nach der Saison übrig bleibt, müssen sie entsorgen. Das Influenza-Vakzin wird jedes Jahr neu an das leicht veränderte Virus angepasst. In Deutschland ließen sich in den vergangenen Jahren beispielsweise nur etwa 35 Prozent der über 65-Jährigen impfen. In diesem Herbst berichten die Hausärzte dagegen schon jetzt von einer gestiegenen Nachfrage und auch immer mehr Jüngere ohne Risiko wollen sich schützen.

"Wir erleben einen Vorzieheffekt", sagt Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands. "Bereits sehr früh zu Beginn der Impfsaison wollen sich erheblich mehr Menschen impfen lassen, als in den Vorjahren." Die ersten Chargen wurden bereits im September zu Ärzten und Apotheken gebracht – aber eben nicht alle auf einmal. "Der Impfstoff wird, bedingt durch aufwändige Produktions- und Freigabeprozesse, nach und nach ausgeliefert", erklärt Metz. "Dies, verbunden mir der starken Nachfrage, kann aktuell zu Wartezeiten führen."


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In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut für die Impfstoff-Zulassung zuständig. Vor der Auslieferung prüft es jede Produktionseinheit erneut und gibt sie frei. In diesem Jahr sind das bislang rund 20 Millionen Grippe-Impfdosen. Hinzu kommen etwa sechs Millionen aus dem Bestand des Bundesgesundheitsministeriums. „Für diese Impfsaison sollten also in Deutschland etwa 26 Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen“, sagt Metz. „Eine bislang nicht da gewesene Menge.“

Das sieht auch das bayerische Gesundheitsministerium so und bittet um Geduld und Verständnis. "Bis diese Auslieferung vollständig abgeschlossen ist, werden noch wenige Wochen vergehen", teilt ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mit. "Dieser zeitliche Ablauf ist aber nicht ungewöhnlich, da die Durchführung der Impfungen auch nicht binnen weniger Tage erfolgt, sondern sich über den Herbst und auch den Winter erstreckt."

Sonst wollen sich eben gar nicht alle auf einmal gleich zu Beginn der Saison impfen lassen. "Dem bayerischen Gesundheitsministerium liegen in diesem Zusammenhang derzeit keine Informationen zu fehlenden Grippeimpfstoffen in Bayern vor."

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