Stimmung einbetoniert

Kommentar zum zweiten TV-Triell: Gold-Olaf und Pech-Armin

13.9.2021, 10:58 Uhr
Ihm gelingt neuerdings einfach alles: Olaf Scholz nach dem zweiten Fernsehtriell.

© Christophe Gateau, dpa Ihm gelingt neuerdings einfach alles: Olaf Scholz nach dem zweiten Fernsehtriell.

Armin Laschet könnte vermutlich vor laufender Kamera Wunderheilungen vollbringen, es würde ihm nichts helfen. Der Kanzlerkandidat der Union, ohnehin nie besonders beliebt bei den Massen, hat inzwischen ein Stadium erreicht, in dem er zu den Wählerinnen und Wählern nicht mehr durchdringen kann.

Das ist zum guten Teil selbst verschuldet, durch ungeschicktes und unpassendes Verhalten (zuletzt ein mindestens missverständlicher Satz über die SPD). Das ist aber auch Ergebnis eines sich selbst reproduzierenden medialen Vorgangs. Ab einem gewissen Zeitpunkt konnte der 60-Jährige machen, was er wollte, es wurde wirklich alles zu seinem Nachteil interpretiert.

Bestes Beispiel: das zweite Triell bei ARD und ZDF. Laschet war munter und angriffslustig, wie das alle von ihm als hoffnungslos Zurückliegendem erwartet hatten. Was sollte er auch sonst tun? In der repräsentativen Zuschauerbefragung besserte der Auftritt seine Werte nicht, aber er handelte sich zusätzlich noch das Attribut unsympathisch ein.

Ein monotones Durchstehen

Genau umgekehrt läuft es bei Olaf Scholz. Es war nun wirklich keine sensationelle Vorstellung, die er ablieferte. Es war eher ein etwas monotones, nicht besonders inspiriert wirkendes Durchstehen der 90 Minuten. Trotzdem erhielt er Bestwerte. Alles, was Scholz seit zwei Wochen anfasst, wird zu Gold. So, wie bei Laschet alles zu Pech wird.

Nun, knapp zwei Wochen vor dem Wahltag, scheint eine Wende kaum noch möglich. Da werden Armin Laschet auch die überhasteten Notaktionen wie das Aufstellen eines Zukunftsteams und das Vorstellen eines 100-Tage-Plans nichts mehr helfen. Es sieht alles nach Verzweiflung aus - und verzweifelte Kandidaten mag das Wahlvolk überhaupt nicht.

Hinzu kommt, dass täglich Abertausende von Briefwahlunterlagen ausgefüllt und abgegeben werden. Das geschieht in einer Phase, in der die Union so schwach da steht wie seit Jahrzehnten nicht. Deswegen dürfte auch der Wahltag selbst nicht mehr von so großer Bedeutung sein, wie das in vergangenen Zeiten der Fall war.

Baerbock dringt nicht durch

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock teilt - wenn auch nicht ganz so drastisch - das Schicksal von Laschet. Es ist so, als ob ihre Auftritte wie beim Triell gar nicht mehr so richtig wahrgenommen werden. Sie schaffte es manchmal, die beiden Männer als das erscheinen zu lassen, was sie sind, nämlich als Vertreter einer alten, ewigen Ritualen verpflichteten Volksparteien-Politik. Gebracht hat es ihr nichts.

Es bedarf wenig Phantasie, dass auch das dritte Triell am kommenden Wochenende nichts an der geradezu einbetonierten politischen Stimmungslage ändern wird. Dieses Fernsehformat wird eindeutig überschätzt. Es ist offensichtlich nicht in der Lage, irgendetwas zu bewegen. Streng genommen war es das noch nie in seiner fast 20-jährigen Geschichte.

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