Ernährung

Ständig Hunger: Warum habe ich kein Sättigungsgefühl mehr?

Simone Madre

SEO-Redakteurin

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9.1.2024, 07:57 Uhr
Ständig hungrig? Das kann verschiedene Gründe haben.

© Pius Koller via www.imago-images.de Ständig hungrig? Das kann verschiedene Gründe haben.

In diesem Artikel:

Hat man noch Hunger oder ist man satt? Eigentlich eine einfache Frage. Aber der Prozess, der sich hierzu im Körper abspielt, ist komplex - und noch nicht vollständig erforscht. Deshalb kann es viele Gründe geben, warum man kein Sättigungsgefühl verspürt. Die häufigsten, von denen wir wissen, finden Sie hier.

Hunger ist ein wichtige Signal, das dazu führen soll, dass man seinen eigenen Körper ausreichend versorgt. Dieses Gefühl äußert sich in der Regel durch leichtes Unwohlsein, ein flaues Gefühl im Magen, ein leichtes Schwächegefühl, Gereiztheit, Müdigkeit und Unkonzentriertheit. Zudem knurrt häufig der Magen und macht mit Geräuschen auf den Hunger aufmerksam.

Etwas anderes ist der Appetit: Er bezeichnet das psychische Verlangen nach bestimmten Speisen und kann auftreten, wenn der Hunger längst gestillt ist. Beispielsweise wenn wir etwas besonders Leckeres riechen oder uns daran gewöhnt haben, das Mittagessen immer mit einem Dessert abzuschließen. Appetit lässt sich also teilweise auf Gewohnheiten zurückführen. Andererseits kann fehlender Appetit auch dazu führen, dass wir trotz Hungers eine bestimmte Speise nicht essen wollen.

Sättigung ist das Gegenteil von "Hunger". Beim Essen sollte nach einiger Zeit der Hunger verschwinden. Aus medizinischer Sicht entsteht ein Sättigungsgefühl als Kombination mehrerer Faktoren. Wenn kein Sättigungsgefühl eintritt, ist mindestens einer der Hunger-Reize gestört. Die zwei wichtigsten sind:

  1. Die Dehnung des Magens: Der Magen registriert eine Ausdehnung und sendet infolgedessen die entsprechenden Signale an das Gehirn. Wenn selten ein Sättigungsgefühl auftritt, ist der Magen möglicherweise zu groß.
  2. Rezeptoren im Darm und der Leber: So erfasst der Körper in etwa, wie viele Nährstoffe aufgenommen wurden.

Beide Faktoren müssen stimmen: Kleine Mengen sehr energiereicher Nahrung sättigen den Körper nicht vollständig, ebenso wenig große Mengen nährstoffarmer Nahrung.

Sobald im Darm die Verdauung beginnt, bildet der Körper verschiedene Hormone, die weitere Sättigungssignale an das Gehirn senden. Dazu gehören Leptin, Cholecystokinin und Oxyntomodulin. Zudem registriert der Körper die Glucosekonzentration im Blut und schüttet Insulin aus.

Andererseits gibt es ein Hormon, das als wesentlicher Auslöser von Hungergefühlen gilt: Ghrelin. Sein Spiegel im Blut sinkt nach dem Essen ab und steigt dann langsam wieder an. Bei Schlafmangel wird im Körper meist mehr Ghrelin ausgeschüttet.

Die ideale Sättigung tritt dann ein, wenn genau die Menge gegessen wurde, die der Körper braucht. Nach dem Essen fühlt man sich gut und der Hunger ist gestillt. Demnach besteht auch kein großes Verlangen mehr, mehr zu essen. Wobei man durchaus noch Appetit auf einen Nachtisch oder ein Stück Schokolade haben kann. Das ist dann aber Appetit und kein Bedürfnis des Körpers.

Bei einer Übersättigung hat man zu viel gegessen. Dies führt zu einem Druckgefühl im Oberbauch sowie Bauchschmerzen. Zudem fühlt man sich müde und schlapp. Es kann auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen.

Wer ständig Hunger hat, sollte folgende Ursachen überprüfen:

  • Übergewicht: Menschen mit Adipositas (starkem Übergewicht) leiden oftmals an ständigen Appetit und Heißhunger. Bislang konnte noch nicht wissenschaftlich belegt werden, wie genau beide Faktoren zusammenhängen. Wahrscheinlich scheint jedoch, dass ein Problem oder mehrere Probleme mit dem Sättigungsmechanismus die Gewichtszunahme begünstigen.
  • Essstörung: Bei einer emotionalen Essstörung können Gefühle wie Trauer, Wut, Stress, Anspannung und Angst zu einem ungesunden Verhältnis zum Essen führen. Durch die intensiven Gefühle kann der Körper kein funktionierendes Appetit-Sättigungs-System aufrechterhalten. Eine Essstörung, bei der Menschen Probleme haben, sich satt zu fühlen, heißt "Binge-Eating-Störung". Betroffene haben neben dem fehlenden Sättigungsgefühl auch Fressattacken.
  • Strenge Diäten: Strenge Diäten beinhalten oftmals eine extreme Kalorienreduktion und enthalten wenige Nährstoffe, auf die die Rezeptoren in Magen und Darm ansprechen können. Gleichzeitig hat man oft einen Appetit auf "Verbotenes".
  • Prader-Willi-Syndrom (PWS): Bei diesem Gendefekt kennen Betroffene aufgrund einer Störung im Zwischenhirn kein Sättigungsgefühl. Die Erkrankung ist jedoch sehr selten und umfasst noch viele andere Symptome.
  • Resistenz gegen Leptin: Das Hormon Leptin vermittelt dem Gehirn das Sättigungsgefühl und wird gleichzeitig auch in Fettzellen produziert. Bei einer Resistenz reagiert das Gehirn nicht mehr auf das Hormon. Betroffene haben daher ein dauerhaftes Hungergefühl. Deshalb treten Übergewicht und kein Sättigungsgefühl oftmals in Kombination auf und können einander noch verstärken.
  • Psychologische Ursachen: Neben körperlichen Ursachen gibt es auch psychische Gründe, weshalb ein Sättigungsgefühl ausbleibt. Da das Belohnungssystem eine große Rolle bei der Entstehung von Appetit spielt, belohnen sich viele Menschen selbst, um negative Empfindungen auszugleichen. Dies wird auch als emotionales oder Frustessen bezeichnet. Wer sich also mit einer Mahlzeit oder Süßigkeit belohnt, tut dies oftmals nicht aus Hunger, sondern purer Lust auf Essen. Auch ohne Frust kann die Freude am Essen dazu führen, dass man die Sättigung nicht direkt bemerkt, sondern weiter isst, bis der Bauch unangenehm spannt.
  • Großer Magen: Ein großer Magen kann ein fehlendes Sättigungsgefühl bedingen, da der Magen erst bei deutlich größeren Mengen die Reize der Sättigung an das Gehirn weiterleitet. Die Crux hierbei: Der Magen vergrößert sich, wenn man häufig viel Nahrung zu sich nimmt. Somit braucht man nach einigen Wochen größere Mahlzeiten tatsächlich, um sich satt zu fühlen.
  • Schlafmangel: Durch Schlafmangel erhöht sich der Neurotransmitter Orexin, sodass Hunger auftritt. Oftmals haben Menschen mehr Hunger, wenn sie beispielsweise nur vier anstatt acht Stunden geschlafen haben. Bei einem Schlafdefizit schüttet der Körper verstärkt das Stresshormon Cortisol und das Hungerhormon Ghrelin aus, die ebenfalls "gefräßig" machen.
  • Medikamente: Auch Psychopharmaka wie Antipsychotika, Antiepileptika und Antidepressiva können ein verringertes Sättigungsgefühl und eine Gewichtszunahme begründen. Die Medikamente greifen in den Hirnstoffwechsel ein und können deshalb auch das Sättigungsgefühl beeinflussen. Medikamente wie Betablocker, einige Antidiabetika und Kortison-Tabletten begünstigen ebenfalls die Gewichtszunahme, da sie den Stoffwechsel drosseln.
  • Schlechte Essgewohnheiten: Auch schlechte Essgewohnheiten können dazu beitragen, kein Sättigungsgefühl zu spüren. Schon im Kindesalter kann die ständige Aufforderung, mehr zu essen, fatal sein, wenn sich Menschen daran gewöhnen, die natürliche Appetitkontrolle zu ignorieren. Das Gleiche gilt, wenn Eltern ihre Kinder mit Mahlzeiten und Süßigkeiten belohnen. Auch schnelles Essen ("Schlingen") kann anerzogen sein. Wenn man zu schnell ist, kann man mehr essen und überdehnt den Magen immer wieder. Dies führt dazu, dass Mechanorezeptoren erst dann aktiv werden, wenn der Magen schon voll ist. Zudem kann das "Nebenbei-Essen" ein fehlendes Sättigungsgefühl begünstigen, da der Körper nicht mitbekommt, wann es Zeit ist, aufzuhören.

    Wenn Menschen nicht satt werden, kann das zu einem unkontrollierten Essverhalten führen. Gleichzeitig kommt es meist zu einer übermäßigen Kalorienzufuhr, die dann eine Gewichtszunahme (bis hin zu Übergewicht und Adipositas) begünstigt. Mit Übergewicht oder Adipositas können langfristig weitere Erkrankungen, wie Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einhergehen.

    Auch interessant: Ernährung bei Diabetes - Was dürfen Diabetiker nicht essen?

    Kein Sättigungsgefühl und Krankheiten – Was muss man wissen?

    Neben psychischen Störungen kann auch eine Erkrankung des Körpers ein ausbleibendes Sättigungsgefühl begründen. Insbesondere Probleme mit der Schilddrüse werden mit ständigem Hunger in Verbindung gebracht. Aus der Überfunktion resultiert ein höherer Energieverbrauch, sodass man übermäßigen Hunger verspürt.

    Ist einem nicht klar, warum man ständig ein Hungergefühl hat und keine Sättigung verspürt, sollte man einen Hausarzt aufsuchen.

    Diese Tipps ersetzen keinen Arztbesuch. Sie können aber dabei helfen, das Körpergefühl zu schärfen und die Sättigung besser wahrzunehmen.

    1) Achtsam und bewusst essen

    • Vor dem Essen ein paar Mal tief ein- und ausatmen und bewusst den Atem wahrnehmen (drei bis fünf Atemzüge)
    • Hunger wahrnehmen und in den Magen hineinspüren (Wie fühlt sich der Magen an?)
    • Langsam essen (der Körper braucht ungefähr 15 bis 20 Minuten, damit das Sättigungsgefühl entsteht)
    • Unterschied zwischen Lust und Hunger erkennen
    • Kleinere Portionen auftun beziehungsweise Portionen in zwei Hälften teilen - die eine isst man gleich, die andere später
    • Ausgiebig kauen
    • Gerichte bewusst genießen
    • Konzentration auf die Mahlzeit (keine Ablenkung durch Fernsehen, Arbeiten oder Lesen)
    • Aufhören zu essen, wenn das Sättigungsgefühl beginnt

    2) Trinken

    Oftmals verwechseln Menschen Hunger mit Durst. Denn im Gehirn liegen diese Bereiche eng beieinander. Wenn also ein vermeintliches Hungergefühl auftritt, sollte man zunächst ein großes Glas Wasser trinken. Wer nach einigen Minuten immer noch hungrig ist, sollte natürlich etwas essen.

    3) Passende Lebensmittel auswählen

    Lebensmittel mit einer hohen Kaloriendichte wie Schokolade, Süßigkeiten und Fast Food halten nicht lange satt. Vielmehr sollte man auf sättigende Lebensmittel, die aus langkettigen Kohlenhydraten bestehen (Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Obst oder Gemüse), zurückgreifen. Zudem eignen sich Lebensmittel mit hohem Wasseranteil wie beispielsweise Salat und Gemüse.

    4) Lebensstil-Anpassungen

    Es gibt mehrere Lebensstilveränderungen, die nicht nur den Hunger reduzieren, sondern auch der gesamten Gesundheit dienlich sind. Kraft- und Ausdauersport stillt nicht nur kurzfristig das Hungergefühl, sondern kann dem Körper auch helfen, die Ausschüttung der Hungerhormone besser zu steuern. Zudem ist genug Schlaf wichtig. Sind Sie müde, versucht der Körper die fehlende Energie durch Essen auszugleichen. Das kann sogar zu Heißhungerattacken führen.

    Schwer umzusetzen, aber ebenfalls wichtig: Versuchen Sie, sich nicht allzu sehr stressen zu lassen. In kleinen Mengen kann Stress anregend wirken, in größeren Mengen macht er aber krank. Mehr zum Thema Stress und Entspannung lesen Sie hier.

    5) Essens-Tricks

    Kleinere Teller lassen Mahlzeiten größer aussehen – ein psychologischer Trick, damit man sich schneller satt fühlt. Bei Snacks wie Chips hilft eine Glasschüssel, die man sich vorher befüllt. So fasst man nicht nebenher in die Tüte und ist irgendwann erstaunt, dass sie leer ist, sondern legt sich vorher auf eine bestimmte Menge fest.