Nach "Bienen"-Coup: Initiatoren planen Klima-Volksbegehren

10.3.2021, 12:18 Uhr
Das "Bienen"-Volksbegehren zur Förderung der Artenvielfalt in Bayern war das erfolgreichste in der Geschichte des Freistaats. Die Initiatoren möchten daran nun mit einem Klima-Volksbegehren anknüpfen.

© Sven Hoppe/dpa Das "Bienen"-Volksbegehren zur Förderung der Artenvielfalt in Bayern war das erfolgreichste in der Geschichte des Freistaats. Die Initiatoren möchten daran nun mit einem Klima-Volksbegehren anknüpfen.

Dass der Klimaschutz auch für Bayern eine absolut existenzielle Frage ist, daran besteht kein Zweifel. Seit 1951 hat sich die Durchschnittstemperatur im Freistaat bereits um 1,9 Grad erhöht. Ohne Klimaschutz könnte das Thermometer in Bayern bis zum Jahr 2100 sogar um durchschnittlich 4,8 Grad in die Höhe steigen, wie der jüngst veröffentlichte bayerische Klima-Report prognostizierte. Großen Teilen Frankens würden dann mehr als 50 Hitzetage mit mehr als 30 Grad pro Jahr drohen.

Um dem vorzubeugen hat Bayern zwar im vergangenen November ein Klimaschutzgesetz verabschiedet. Ziel ist demnach, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden und bis 2030 den CO2-Ausstoß pro Kopf im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu reduzieren. Doch selbst die von der Staatsregierung benannten Experten kritisierten das Gesetz im Umweltausschuss als zu wenig verbindlich. Es gibt keine Sektorenziele, ein Monitoring fehlt weitestgehend.

SPD will Änderungen bei Verkehr und Energie

Zuvor hatten SPD und Grüne wiederholt ambitioniertere Entwürfe für Klimaschutzgesetze vorgelegt, die allerdings abgelehnt wurden. Ihren Kampf für mehr Klimaschutz in Bayern wollen sie aber nicht aufgeben, weshalb sie sich einer Initiative für ein neues Volksbegehren zu diesem Thema angeschlossen haben.

Dahinter steckt der Trägerkreis des "Bienen-Volksbegehrens" mit ÖDP, Grünen, Landesbund für Vogelschutz (LBV) und Gregor Louisoder Umweltstiftung, diesmal mischen aber auch Fridays For Future, Bund Naturschutz und SPD an vorderster Front mit.


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"Gemeinsam mit den Grünen haben wir die Opposition gegen das miserable Klimaschutzgesetz getragen. Wir sehen einen großen Bedarf, in Bayern mehr für den Klimaschutz zu tun und weitreichende Veränderungen herbeizuführen, vor allem in den Bereichen Verkehr und Energie", sagt der SPD-Umweltpolitiker und Landtagsabgeordnete Florian von Brunn.

Wichtig sei allerdings, dass Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen den Weg hin zu mehr Klimaschutz mitgehen könnten. "Bayern als reichstes Bundesland kann hier einen größeren Beitrag leisten als andere", ist von Brunn überzeugt.

Fridays For Future setzt sich für Volksbegehren ein

"Was Bayern bisher für den Klimaschutz tut, ist einfach nicht ausreichend", meint auch Amirah Matterstock von Fridays For Future. Bereits seit einem Jahr werde überlegt, wie man mit einem Volksbegehren den Klimaschutz in Bayern Aufwind geben könnte, erzählt die Eichstätterin. Verschiedene Vorschläge werden gerade inhaltlich geprüft.

Das Problem: Man kann nicht unbegrenzt seine Wünsche einbringen. Nicht nur weil es einen weitgehenden Konsens in dem breiten Bündnis braucht, sondern vor allem auch, weil es in Bayern das Koppelungsverbot gibt. Demnach darf man verschiedene Themenbereiche und Änderungen in unterschiedlichen Gesetzen nur sehr begrenzt kombinieren.

"Deshalb muss man sehr genau überlegen, wo man hier am sinnvollsten ansetzt. Man muss sich auf irgendetwas konzentrieren", erklärt Martin Stümpfig, Sprecher für Energie und Klimaschutz der Grünen-Landtagsfraktion. Mögliche Ansatzpunkte wären etwa das neue Klimaschutzgesetz, aber auch die bayerische Bauordnung oder das Landesplanungsgesetz.

Bund Naturschutz zeigt sich zurückhaltend

Wie schwierig es ist, ein Volksbegehren zum Erfolg zu führen, weiß Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern (BN) seit Jahrzehnten, schließlich hat er 1990 beim BN als Campaigner für das Volksbegehren "Das bessere Müllkonzept" begonnen. Das Volksbegehren war zwar erfolgreich, beim Volksentscheid stimmte dann allerdings eine knappe Mehrheit für den alternativen Gesetzentwurf der Staatsregierung.


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"Wir müssen es schaffen, das bayerische Klimaschutzgesetz so zu schärfen, dass es richtig Zähne bekommt", verdeutlicht Mergner. Die Notwendigkeit zum Handeln sei da. Trotzdem habe er großen Respekt vor der Aufgabe, ein solches Projekt zum Erfolg zu führen. Der BN ist deshalb derzeit einer der Partner, die sich eher abwartend und zurückhaltend zeigen. "Erst wenn ein konsolidierter Gesetzesentwurf vorliegt, werden wir schauen, wie man weiter vorgeht", betont Mergner.

"Corona erschwert die Sache ungemein. Viele Menschen haben derzeit Existenzängste. Da ist es schwer, sie zum Mitmachen zu motivieren. Und ohne Stände und Vorträge, ohne engagierte Aktionskreise vor Ort, wird es hart, in die Gewinnzone zu kommen und genug Unterschriften zu sammeln", meint Mergner. Man müsse sich fragen, ob man derzeit überhaupt kampagnenfähig sei.

Weil für Klimaschutzmaßnahmen der Bund und die EU maßgeblicher sind als die Bundesländer, will sich der BN auch mehr auf die anstehende Bundestagswahl konzentrieren. "Das Tempolimit auf Autobahnen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Umschichtung von Straßenbaugeldern zum Beispiel zur energetischen Gebäudesanierung - das sind viel größere Hebel als wir sie in Bayern haben", meint Mergner. Gerade den Wunsch, die Staats- und Bundesfernstraßenplanung auf den Prüfstand zu stellen, will der BN massiv in den Bundestags-Wahlkampf einbringen.

LBV will nicht auf "totes Pferd" setzen

Ähnlich zurückhaltend wie der BN ist derzeit noch der LBV. "Es ist natürlich wichtig, mehr für den Klimaschutz zu tun. Die große Frage ist nur, ob ein Volksbegehren dafür das richtige Instrument ist", verdeutlicht der Vorsitzende Norbert Schäffer. Er erinnert an den kolossalen Aufwand beim Bienen-Volksbegehren. "Der LBV hat da eine halbe Million Euro investiert und die ganze Pressearbeit gemacht. Das hat man nicht einfach mal so im Kreuz", sagt Schäffer.

Vor einem Volksbegehren seien komplizierte juristische Fragen zu klären. Dass das kein Selbstläufer sei, habe das trotz breiter Zustimmung am Verfassungsgerichtshof gescheiterte Volksbegehren gegen den Flächenfraß gezeigt. "Wir werden nicht auf ein totes Pferd setzen. Man kann nicht alle Klimaschutz-Probleme in einem Volksbegehren unterbringen. Wie intensiv wir so ein Volksbegehren unterstützen, wird von den Inhalten abhängen", betont Schäffer. Der Klimaschutz sei zwar auch dem LBV ein wichtiges Anliegen, anders als beim Artenschutz seien aber nicht alle Bereiche das Kerngeschäft des LBV.

Was steht drin: Photovoltaik oder Moore?

Zwar hat das Bienen-Volksbegehren in der Umweltbewegung und bei Klima-Aktivisten Begeisterung entfacht und Appetit auf mehr gemacht. Doch der LBV will sich nur mit voller Kraft in ein neues Volksbegehren stürzen, wenn zentrale Anliegen des Verbandes, wie die Förderung der Kohlenstoffspeicher in Mooren enthalten sind. "Wenn es da nur um Photovoltaikanlagen auf den Dächern ginge, wäre das sicher nicht unser Hauptarbeitsbereich", betont Schäffer.

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