Masterplan soll Bus und Tram in Nürnberg schneller machen

20.2.2020, 05:55 Uhr
Die Beschleunigung der Straßenbahn – wie hier für die Linie 8 am Ostbahnhof – sorgt für mehr Zuverlässigkeit beim öffentlichen Nahverkehr, aber auch immer wieder für Diskussionen. Die dynamische Ampelschaltung an der Ecke Äußere Sulzbacher Straße/Ostbahnhof/Bismarckstraße bremst regelmäßig andere Verkehrsteilnehmer aus.

© Foto: Eduard Weigert Die Beschleunigung der Straßenbahn – wie hier für die Linie 8 am Ostbahnhof – sorgt für mehr Zuverlässigkeit beim öffentlichen Nahverkehr, aber auch immer wieder für Diskussionen. Die dynamische Ampelschaltung an der Ecke Äußere Sulzbacher Straße/Ostbahnhof/Bismarckstraße bremst regelmäßig andere Verkehrsteilnehmer aus.

Während sie hier im Schnitt mit 19,8 Stundenkilometern unterwegs sind, liegt der Wert in Leipzig bei 22,3 und in Karlsruhe sogar bei 22,9. Nur München (18,0) und Berlin (19,5) schneiden noch schlechter ab. Das geringere Tempo spiegelt sich bei der Pünktlichkeit wider: 16,6 Prozent der Busse und zwölf Prozent der Straßenbahnen sind laut Statistik mit einer Verspätung zwischen drei und zehn Minuten unterwegs.

Dieses Manko hat nach den Untersuchungen der VCDB VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH eine wesentliche Ursache: Nur 50 Prozent der Lichtsignalanlagen, die den öffentlichen Nahverkehr betreffen, besitzen eine Vorrangschaltung, um die ÖPNV-Linien zu beschleunigen. Besonders gravierend ist die Versorgungslage beim Busnetz mit gerade 35 Prozent, während bei der Tram schon 92 Prozent der Ampelanlagen entsprechend ausgestattet sind. Allerdings besteht hier das Problem, dass viele mit einer veralteten Technik versehen sind und für eine höhere Effektivität nachgerüstet werden müssen.

Leipzig und Dresden vorbildlich

Andere Großstädte sind bei der ÖPNV-Beschleunigung jedenfalls deutlich weiter: In München gibt es sie bei 76 Prozent der Ampeln, als vorbildlich gelten Leipzig (83 Prozent), Karlsruhe (90 Prozent) und Dresden (98 Prozent). In der Studie zum Masterplan "Schneller und pünktlicher ÖPNV", die am Mittwoch von VCDB-Planungsleiter Matthias Zöbisch im Verkehrausschuss vorgestellt wurde, gibt es noch weitere Handlungsfelder. Dazu gehören (baulich) abgetrennte Busspuren und freie Gleiskörper ebenso wie behindertengerechte, platzsparende Haltestellen und funktional verbesserte Busbahnhöfe, die ein schnelleres Ein- und Umsteigen ermöglichen.

Unter die Lupe genommen werden soll aber auch der Betrieb von Bus und Straßenbahn. Dazu gehört die Frage, ob die Vorgabe "Einstieg beim Fahrer" und der Fahrkartenverkauf beim Fahrer abgeschafft werden sollen. Bei der Diskussion mahnte an dem Punkt SPD-Stadtrat Thorsten Brehm zur "Vorsicht bei der Digitalisierung" und legte mit Verweis auf die ältere Generation Wert darauf, dass der analoge Ticketverkauf erhalten bleiben sollte.


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Einig war sich der Verkehrsausschuss quer durch alle Fraktionen, dass der Masterplan für einen zuverlässigeren Nahverkehr Sinn macht, der folglich einstimmig beschlossen wurde. Bis Ende 2020 will der VCDB Empfehlungen mit beispielhaften Lösungen vorlegen, in denen konkrete Zeitersparnisse und Kosten enthalten sind. Baureferent Daniel Ulrich sieht ebenfalls bei den Ampeln "die größte Schwachstelle" – mit einem Nachrüstungsbedarf bei rund 200 Anlagen. Durch den Masterplan werde es auch einen Überblick geben, wo am effektivsten Abhilfe geschaffen werden kann.

Mit Blick auf die Kosten für all die Maßnahmen wies CSU-Stadtrat Andreas Krieglstein auf die notwendige "Unterstützung aus Berlin und München" hin. Die Förderkriterien von Bund und Land für den Nahverkehr müssten verstärkt zugunsten der Kommunen geändert werden. Um künftig noch mehr Menschen in Nürnberg zum Umsteigen vom Auto auf den Nahverkehr zu bewegen, steht für Thorsten Brehm fest: Pünktlich- und Zuverlässigkeit seien "fast wichtiger als Tarife".

Rückendeckung durch Umfrage

Eine aktuelle Umfrage zur Mobilität unter Nürnberger Haushalten liefert Rückendeckung. Demnach befürworten 91 Prozent weitere Verbesserungen für den ÖPNV – und 92 Prozent halten Einschnitte zulasten des Autoverkehrs für gerechtfertigt. "Stimmen Umfragen mit der Haltung im Ernstfall überein?", fragte Achim Mletzko (Grüne) wegen vieler Diskussionen bei solchen Fällen in der Vergangenheit. Das wird die Zukunft zeigen.

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