Tarifkonflikt

Tarifstreit am Nürnberger Klinikum: SPD positioniert sich klar

15.5.2021, 18:29 Uhr
Der neue SPD-Parteichef Nasser Ahmed setzt ein Zeichen mit seiner klaren Haltung im Tarifkonflikt um die KNSG. Seinem Parteifreund, Kämmerer Harald Riedel,  dürfte das nicht gefallen. 

© Roland Fengler Der neue SPD-Parteichef Nasser Ahmed setzt ein Zeichen mit seiner klaren Haltung im Tarifkonflikt um die KNSG. Seinem Parteifreund, Kämmerer Harald Riedel,  dürfte das nicht gefallen. 

Diese Position vertrete man nunmehr auch als Teil der Rathaus-Kooperation mit der CSU, sagte Parteichef Ahmed bei einem Pressetermin im Karl-Bröger-Haus. "Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig alle Berufsgruppen sind, die im Krankenhaus arbeiten." Die Mitarbeiter der Service-GmbH des Klinikums (KNSG), die in der Küche, in der Wäscherei, im Transportwesen oder in der Gebäudereinigung beschäftigt sind, hätten es daher verdient, ordentlich bezahlt zu werden. "Es ist schwer zu ertragen, dass sie nicht im TVöD sind", sagte Ahmed. Bernd Hampel, für Gewerkschaftsbelange zuständiger stellvertretender Parteivorsitzender, ergänzte, dass man mit einem Stundenlohn von 11,50 Euro keine vernünftige Rente bekomme und Altersarmut programmiert sei.

Konfrontation mit eigenem Kämmerer

Der rund 20-köpfige Parteivorstand um die drei Vorsitzenden Ahmed, Hampel und Kerstin Gardill kündigt zwar in seinem "mit großer Mehrheit" (so Ahmed) getroffenen Beschluss an, dass es vor der Rückkehr in den TVöD erst noch einen Übergangstarifvertrag geben soll, stellt sich damit aber dennoch klar gegen Oberbürgermeister Marcus König (CSU) - und auch gegen Harald Riedel, Kämmerer mit SPD-Parteibuch.

König und Riedel hatten eine Rückkehr der Servicekräfte in den TVöD kürzlich noch als "nicht denkbar" bezeichnet, vor allem wegen der finanziellen Belastungen, die auf die Stadt in diesem Fall zukämen. König geht von Mehrausgaben in Höhe von 14 Millionen Euro aus.

Servicebeschäftigte wollen wieder streiken

"Uns ist klar, dass es viel Geld kostet", sagt Hampel. Deswegen fordere man auch keine unmittelbare Wiedereingliederung, sondern erst einmal einen Fahrplan, der besagten Übergangstarifvertrag mit einschließt. Im Beschluss des Parteivorstandes, der auf der ersten Klausur des im April neugewählten Gremiums getroffen wurde, werden Oberbürgermeister und Klinikumsleitung aufgefordert, auf die Beschäftigten und ver.di zuzugehen und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Hampel wies auch daraufhin, dass der OB im Kommunalwahlkampf versprochen haben soll, dass er die TVöD-Rückkehr ermöglichen wolle. Daran werde er nun gemessen.

Bernd Hampel, Berufsschullehrer und Personalrat im Amt für berufliche Schulen, ist seit April 2021 stellvertretender SPD-Chef in Nürnberg. 

Bernd Hampel, Berufsschullehrer und Personalrat im Amt für berufliche Schulen, ist seit April 2021 stellvertretender SPD-Chef in Nürnberg. 

Die Service-GmbH war um die Jahrtausendwende gegründet worden; wer damals schon im Reinigungsdienst beschäftigt war, blieb im TVöD, die neu angestellten Kollegen haben seither schlechtere Bedingungen. Die Beschäftigten der Service-GmbH beklagten daher in den vergangenen Monaten immer wieder, dass sie sich als Arbeitnehmer zweiter Klasse fühlen. Weil die Verhandlungen derzeit festgefahren sind, hat ver.di die Beschäftigten für Dienstag und Mittwoch erneut zu einem Streik aufgerufen, der diesmal 48 und nicht wie zuletzt am 6. Mai 24 Stunden gehen soll. "Coronabereiche und Intensivstationen bleiben vom Streik ausgenommen", kündigt ver.di an. Die SPD sieht ihren Vorschlag auch als Kompromiss, um weitere Eskalationen zu vermeiden. "Wir stehen hinter der Forderung der Beschäftigten - gleicher Lohn für gleiche Arbeit", sagte Ahmed.

Bund ist gefordert

Perspektivisch sehen der 32-jährige Parteichef und seine Mitstreiter ohnehin Bund und Land gefordert, die für eine "auskömmliche Finanzierung für kommunale Großkrankenhäuser" sorgen müssten, wie es in dem Beschlusspapier heißt. Krankenhäuser müssten alle aus Tarifverträgen und im Rahmen wirtschaftlichen Handelns entstandenen Kosten voll ersetzt bekommen. Der Bund müsse auch die Serviceleistungen in der Krankenhausfinanzierung berücksichtigen. Ahmed sieht es als einen "Skandal" an, dass der Bund sich so aus der Verantwortung stehle.

"Wir können aber mit dem Servicepersonal nicht warten, bis sich auf Bundesebene etwas bewegt, sondern müssen selbst voraus gehen." Das Klinikum hatte zuletzt darauf verwiesen, dass andernorts Servicepersonal abgebaut würde, es selbst aber sichere Arbeitsplätze garantiere. Für Ahmed und Hampel ein schwaches Argument, denn die Arbeit müsse gemacht werden. "Wir als SPD treten für existenzsichernde Löhne ein", so Ahmed.

Neue Bündnispartnerpolitik

Berufsschullehrer Hampel will selbst zeitweise vor Ort sein, wenn die KNSG-Beschäftigten am Dienstag und Mittwoch streiken. Es sei ohnehin die Strategie der neuen Parteiführung, mehr rauszugehen und Kontakte zu Menschen und Organisationen zu halten, so die stellvertretende Vorsitzende Kerstin Gardill. "Wir stehen für eine neue Art der Bündnispartnerpolitik", sagte auch Ahmed. In der Aufgabenteilung der Führungsspitze soll der 39-jährige Hampel, der früher Vorsitzender der bayerischen ver.di-Jugend war, die Beziehungen zu den Gewerkschaften, Gardill die Kontakte zu den Sozialverbänden pflegen.

Die Historikerin Kerstin Gardill hat sich wissenschaftlich mit der Geschichte der Nürnberger SPD und der Arbeiterwohlfahrt auseinandergesetzt. Im April wählten sie die Mitglieder zur Vize-Vorsitzenden der Genossen. 

Die Historikerin Kerstin Gardill hat sich wissenschaftlich mit der Geschichte der Nürnberger SPD und der Arbeiterwohlfahrt auseinandergesetzt. Im April wählten sie die Mitglieder zur Vize-Vorsitzenden der Genossen.  © Roland Fengler

Die 1976 geborene Historikerin sei zudem bei der besagten Klausur zur Beauftragten für die Parteireform ernannt worden, sagte Ahmed. "Sie ist damit so eine Art Generalsekretärin der Nürnberger SPD." Gardill kündigte an, sich mit den Vorsitzenden der 36 Ortsvereine unterhalten zu wollen, um zu sehen, wo man sie unterstützen könne und was sie sich von der Parteispitze wünschten. Gremien wie der Parteiausschuss oder der Gewerkschaftsrat sollen wiederbelebt werden, um einen intensiveren Austausch untereinander und mit externen Partnern zu haben, sagte das Führungstrio. Hampel betont die Bedeutung der Kooperation mit den Arbeitnehmervereinigungen für die Genossen: "Wir gewinnen keine Wahl nur mit den Gewerkschaften. Aber gegen die Gewerkschaften gewinnen wir niemals."

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