Wegen Corona: Bürgertreffen in Nürnberg bald live im Netz?

13.8.2020, 15:33 Uhr
So eng aufeinander geht nicht: Deswegen können auch die Bürgerversammlungen im Herbst nicht wie gewohnt stattfinden.

© e-arc-tmp_20180307-094536-003.jpg, NN So eng aufeinander geht nicht: Deswegen können auch die Bürgerversammlungen im Herbst nicht wie gewohnt stattfinden.

Die Saison hätte längst starten sollen. Im April hat das für Bürgerversammlungen zuständige Bürgermeisteramt die erste Veranstaltung im Südosten verschoben — von Mai auf September. Doch auch jetzt sind die Versammlungen kaum umzusetzen, kommen dabei doch bis zu 300 Menschen.

Für die zwei Veranstaltungen im September hat Michael Ruf vom Bürgermeisteramt wenig Hoffnung. Auch die für den 17. September angesetzte Fußgängerexkursion durch die nördliche Altstadt mit Oberbürgermeister Marcus König hat die Stadt ausgesetzt.

Treffen in der Meistersingerhalle?

Abgesagt sind die Treffen nicht, "wir schieben sie momentan vor uns her", weiß Ruf. Allein im Herbst stünden fünf Gesprächsrunden mit Bürgern an. Deswegen arbeitet die Stadt an einem Gesamtkonzept, wie sie die Versammlungen realisieren kann — trotz Corona. Bislang sind es nur Überlegungen, sagt Michael Ruf, alle Entscheidungen will das Amt mit den Bürgervereinen besprechen und ihre Ideen diskutieren.

Zum Beispiel über die Möglichkeit, die Bürgerversammlungen an einem zentralen Ort abzuhalten. Normalerweise finden die Treffen in den jeweiligen Stadtvierteln statt, "aber in den Schulturnhallen kriegen wir kein Hygienekonzept umgesetzt, ohne die Versammlungen zu beschränken", sagt Ruf. Deshalb denken die Verantwortlichen über eine zentrale Lösung wie die Messe oder die Meistersingerhalle mit viel Platz nach.

Alternative: Teilnehmerzahl begrenzen

Wohlwissend, "dass es eine Belastung für die Bürger ist, dort hinzukommen". Bestehen die Bürgervereine aber darauf, sich dezentral zu treffen, soll eine andere Lösung gefunden werden, "wir wollen noch dieses Jahr starten", sagt Ruf. Zur Not mit begrenzter Teilnehmerzahl.

In Erlangen hat OB Florian Janik schon im Juli ein digitales Treffen veranstaltet.

In Erlangen hat OB Florian Janik schon im Juli ein digitales Treffen veranstaltet. © Harald Sippel, NN

Das aber muss nicht sein, wenn es nach der SPD geht. Die macht sich für eine hybride Veranstaltungsform stark, also analog vor Ort und auch digital. Weil die Gesellschaft "die Chancen und Möglichkeiten digitaler Kommunikation" in der Corona-Zeit viel besser kennengelernt hat, sollen städtische Formate von der Digitalisierung profitieren, heißt es in einem Antrag. In Erlangen hat OB Florian Janik schon eine rein digitale Bürgerversammlung gehalten.

Fragen stellen via Chat

Die Stadtratsfraktion der Sozialdemokraten fordert ein Konzept, wie die Bürgerversammlung auch als Live-Stream gelingen kann und Bürger Fragen via Chat stellen können. Darin sollen die Stadtteilbewohner ihre Kontaktdaten angeben, der Chat soll aber nicht öffentlich einsehbar sein. Die SPD sieht unabhängig von Corona viele Vorteile. Zum Beispiel Menschen zu erreichen, "die bisher nicht ihren Weg in die Veranstaltungsorte" gefunden haben. Gründe dafür gebe es viele – wie "Kinderbetreuung, die Abneigung gegenüber Abendveranstaltungen und mangelnde Mobilität".

Im Bürgermeisteramt haben die Verantwortlichen darüber "schon nachgedacht". Auch wenn das erst rechtlich geprüft werden muss, da eine hybride Veranstaltung nicht Teil der Gemeindeordnung ist. Außerdem erinnert Ruf an die vor zwei Jahren geführte Debatte, ob die Stadtratssitzungen live übertragen werden sollten. Die Gefahr sei, "dass sich dabei Menschen aus bestimmten Richtungen inszenieren", gibt Ruf zu bedenken. Außerdem muss bei einem Live-Stream jeder zustimmen, der bei der Versammlung zu sehen ist oder ans Pult tritt.


Reiserückkehrer, Pflegepersonal & Co.: So wird in Nürnberg getestet


Das stimmt auch Elisabeth Most nachdenklich. Die Vorsitzende des Bürgervereins Altstadt und der Arbeitsgemeinschaft der Bürger- und Vorstadtvereine findet die Idee zwar charmant, sorgt sich aber, "dass sich manche gehemmt fühlen, eine Frage zu stellen, wenn sie gefilmt werden".

Persönliches kommt zu kurz

Für sie stellen sich noch viele Fragen, etwa datenschutzrechtliche. Oder ob jene, die an einem Live-Stream teilnehmen wollen, die technischen Voraussetzungen haben. Die Präsenz-Veranstaltung ersetzen kann eine digitale Variante nicht — da sind sich alle einig. Auch für die Bürgervereine ist die Versammlung wichtig, um sich zu präsentieren. "Und für die soziale Gesundheit der Bürger", sagt Most. Die brauchen die Chance, sich vor Ort auszutauschen und über Probleme zu sprechen.

Das sieht Jochen Loy genauso. "Die Bürgerversammlungen leben ja auch viel vom persönlichen Austausch mit den Offiziellen am Rande", sagt der zweite Vorsitzende des Vorstadtvereins Nürnberg-Nord. "Und das gelingt im Live-Stream nur bedingt."