Strukturschwache Regionen

Tausende neue Stellen: Behördenverlagerung stärkt Franken

8.7.2021, 18:22 Uhr
Die Zahl der Verwaltungsgerichts-Senate in Ansbach wird sich durch Verlagerungen wohl von vier auf acht verdoppeln.

© Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach/Dr. Stefan Heinz Die Zahl der Verwaltungsgerichts-Senate in Ansbach wird sich durch Verlagerungen wohl von vier auf acht verdoppeln.

Für das fränkische Versandhaus Quelle gibt es im Herbst 2009 keine Hoffnung mehr, nach 82 Jahren geht die Geschichte des Traditionsunternehmens mit dem Insolvenzantrag zu Ende.

Für die ganze Region ist es ein Schock, denn mit Quelle bricht einer der größten Arbeitgeber weg. Was das bedeutet, weiß man auch in München.

Der Staatsregierung wird schnell klar, dass sie nachhaltig helfen muss. Innenminister Joachim Herrmann bringt damals eine Teilverlagerung des Landesamts für Statistik von München nach Fürth ins Spiel.

Bereits 2010 ziehen die ersten Mitarbeiter in die Räume der ehemalige Hauptverwaltung des Versandhauses Quelle ein.

Krisensichere Arbeitsplätze

Zehn Jahre später ist der Umzug des Landesamts abgeschlossen, 540 krisensichere Arbeitsplätze sind in Fürth in einem für 40 Millionen Euro kernsanierten Jugendstilbau an der Nürnberger Straße angesiedelt.

Und längst sind auch viele andere Behörden aus den Ballungszentren in ländliche und strukturschwache Regionen verlagert worden.

Ein umfassendes Konzept dafür lieferte 2015 der damalige Heimat- und Finanzminister Markus Söder (CSU). Eine überregionale Zeitung bezeichnete Söder daraufhin als „fränkischen Robin Hood der schwachen Provinz.“

51 Behörden verlagert

Seither haben laut Heimatministerium 51 Behörden und staatliche Einrichtungen mit 1.121 Beschäftigten und 430 Studierenden an den neuen Zielorten zu arbeiten begonnen.

Dies entspricht 77 Prozent aller angestrebten Verlagerungsprojekte. Jetzt hat das Kabinett die zweite Stufe der Behördenverlagerungen beschlossen.

Mit 14 Projekten werden 2.670 Arbeits- und 400 Studienplätze aus dem Großraum München in ländliche Regionen in ganz Bayern verlagert, vor allem auch nach Franken.

„Dies ist nicht nur eine kräftige Stärkung des ländlichen Raums, sondern auch ein weiterer deutlicher Beitrag für gleiche Lebensverhältnisse in ganz Bayern“, sagte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU).

Der Umsetzungszeitraum ist auf fünf bis zehn Jahre angelegt. So zieht beispielsweise die Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern mit rund 400 Studienplätzen und knapp 70 Beschäftigten nach Kronach um.

Neues Logistikzentrum

In Hof entsteht dafür ein neues Logistikzentrum für die Polizei mit rund 300 Beschäftigten. Ein Teil des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wird mit rund 100 Beschäftigten in Bad Kissingen angesiedelt.

300 Arbeitsplätze entstehen in Schweinfurt durch den Umzug der Bearbeitungsstelle des Finanzamts München und in Ansbach werden weitere Außensenate des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit mindestens 35 Beschäftigten angesiedelt.

Dazu kommen noch einmal fünf Stellen bei der Landesanwaltschaft Bayern. Ein ursprünglich von Söder angedachter kompletter Umzug des VGH wird aber nicht kommen.

Dagegen hatte sich im Februar 2020 erheblicher Widerstand geregt. Unter anderem forderte Klaus Rennert als Präsident des obersten deutschen Verwaltungsgerichts Söder auf, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Unabhängiges Gericht

Der Verband der bayerischen Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter wies den Ministerpräsidenten darauf hin, dass der VGH keine weisungsgebundene Behörde des Freistaats, sondern ein unabhängiges Gericht ist, dessen Verlegung "ohne umfassende Änderung der geltenden Rechts- und Gesetzeslage nicht zulässig" sei.

Die Präsidentin des VGH, Andrea Breit, erklärte jetzt, dass es vorstellbar sei, dass sich die Zahl der Senate in Ansbach auf acht verdoppeln wird.

Insgesamt umfasst der VGH 21 Senate, von denen bereits seit 25 Jahren vier in Ansbach angesiedelt sind.

Breit erklärte, es sei auch wichtig, dass die Funktion des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht beeinträchtigt wird, etwa durch eine Zersplitterung des Geschäftsbetriebs oder eine schlechtere Erreichbarkeit der Verhandlungsorte.

Eine Verlagerung dürfe auch nicht zu Schwierigkeiten führen, neue Mitarbeiter zu finden.

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