Lange Schläge, schnelle Läufe

Der Club-Gegner im Check: Heidenheim ist nicht nur Tim Kleindienst

23.10.2021, 05:54 Uhr
Weiß (leider), wie man gegen den Club trifft: Heidenheim-Stürmer Tim Kleindienst.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr Weiß (leider), wie man gegen den Club trifft: Heidenheim-Stürmer Tim Kleindienst.

Wer steht an der Seitenlinie?

Der ewige Frank Schmidt. 526 Pflichtspiele als Trainer des FC Heidenheim stehen für den 47-Jährigen inzwischen zu Buche. Seit 2007 betreut er den FCH, erst vor zwei Wochen hat er die Laufzeit seines Kontrakts bis 2027 verlängert. Bereits im September 2023 würde Schmidt, der als Spieler einen Einsatz für den FCN im DFB-Pokal hatte, Volker Finkes Rekord für die längste Amtszeit als Trainer im deutschen Profifußball brechen.

Dabei war Schmidt im September 2007 gar nicht als langfristige Lösung geplant, sollte beim damaligen Oberligisten nur interimistisch als Spielertrainer agieren, bis ein Nachfolger für Dieter Märkle gefunden würde. Der Verein hatte sich frisch aus der Fußballabteilung des Heidenheimer Sportbunds gelöst, um die Lizenzierungsauflagen für die neue Regionalliga erfüllen zu können und sah unter Märkle die Chancen auf eine sportliche Qualifikation am Ende der Saison gefährdet. Schmidt übernahm, schaffte Rang vier und damit den Aufstieg in die Viertklassigkeit.

14 Jahre nach seiner Beförderung zum Trainer ist Schmidt immer noch da und Heidenheim ist ein etablierter Zweitligist. Er hatte 2020 in der Relegation sogar am Tor zur Bundesliga geklopft, war dann aber an Werder Bremen – inzwischen selbst Zweitligist – gescheitert. Selbst der Post-Relegationsblues konnte den Brenzstädtern nichts anhaben. Die vergangene Saison wurde souverän als Achter abgeschlossen.

Wie wird gespielt?

Zwei Dinge stechen sofort heraus, wenn man sich die Daten zum 1. FC Heidenheim in dieser Saison zu Gemüte führt. Ballgewinne und Ballverluste. Kein Team verliert häufiger den Ball als der FCH. Besonders gefährlich ist dabei die hohe Zahl von fast 21 Ballverlusten pro Spiel im eigenen Verteidigungsdrittel. Die wird allerdings aufgefangen durch mehr als 40 Balleroberungen pro Spiel in dieser Zone. Auch aufs ganze Feld gerechnet ist der FCH ein guter Balleroberer: Heidenheim ist nach Dresden auch das Team, das dem Gegner am häufigsten den Ball abnimmt. Das passiert aber nicht über Pressing, sondern über Laufarbeit.

Wie jedes Jahr führt Heidenheim nämlich die Statistik bei den Sprints, also Läufen mit mehr als 24 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit, an. Mehr als 20 Sprints pro Spiel mehr als der Zweitplatzierte in der Wertung – der FC Ingolstadt – hat Heidenheim in den ersten zehn Partien abgespult. Bei den so genannten intensiven Läufen (17 bis 24 km/h) liegen die Brenzstädter mehr oder minder gleichauf mit Ingolstadt, aber dann fast 33 intensive Läufe pro Spiel vor Aue, das auf Platz drei liegt. Tempo in beide Richtungen ist also eines der Schlüsselelemente des Spiels.

Das führt auch dazu, dass Heidenheim derzeit sowohl bei den Kontertoren als auch bei den Kontergegentoren zur Ligaspitze gehört. Ein Tor aus einer Kontersituation scheint also nicht unwahrscheinlich. Rein statistisch werden diese Treffer erst nach der Pause fallen. Heidenheim hat noch gar kein Gegentor vor der Pause kassiert, beim FCN gingen alle fünf Heimspiele mit 0:0 in die Pause.

Wer sind die Schlüsselspieler?

Sicherlich kein Neuzugang. Gerade einmal 2,7 Prozent aller möglichen Einsatzminuten in dieser Saison gingen beim FCH an einen neuen Spieler. Das liegt auch daran, dass der Kader im Vergleich zur Vorsaison weitgehend gleichgeblieben ist. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte Heidenheim keine signifikanten Abgänge zu verzeichnen, wenn man von Marc Schnatterer absieht, der den Verein nach 13 Jahren verließ, in der Saison 2020/21 aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte.

Eine übergeordnete Rolle spielt Tim Kleindienst. Der 26-Jährige kehrte im Januar nach einem halben Jahr in Gent zurück nach Heidenheim, schoss elf Tore in 15 Spielen. Sein zehntes Tor war ein Elfmeter gegen den FCN. Es war das bisher letzte Gästetor, das im Max-Morlock-Stadion vor der Pause erzielt wurde. In dieser Saison kommt Kleindienst auf vier Treffer, womit er erstmals in seiner Zweitligakarriere die expected goals, die bei fünf liegen, untertrifft.

Kleindienst ist aber nicht nur vor dem Tor wichtig, sondern auch der Hauptempfänger im Aufbau. Immer wieder wird er per langem Schlag gesucht, so dass er dann den Ball ablegen kann. Auch deshalb gehört der 1,94 Meter große Angreifer zu den Spielern, die in der Liga die meisten Zweikämpfe und Luftduelle führen. Ein Nebeneffekt: Kleindienst ist der Spieler mit den meisten Fouls pro Spiel. Zahlenmäßig auffällig ist auch Robert Leipertz. Der 28-Jährige kommt meist von der Bank (sieben Einwechslungen in neun Einsätzen) und taucht je nach Grundordnung überall auf dem Platz auf. In Sachen Pässen, die zu gefährlichen Abschlüssen führen, ist Leipertz aber gemessen an seiner Einsatzzeit der gefährlichste Heidenheimer. Er ist mit drei Vorlagen und zwei Pässen zu Vorlagen auch der kreativste Spieler im Kader von Frank Schmidt.

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