Doping-Experte Sörgel: "Der Fußball kann Gutes tun"

18.5.2020, 16:32 Uhr
Doping-Experte Sörgel:

© Foto: privat

Herr Professor Sörgel, Sie haben jetzt ein Sky-Abo...

Sörgel: Aber nur Ihretwegen! Ich hatte vorher nie eines, leider hat meine Fußballkneipe, die Frankenstube, noch geschlossen - und für unser Gespräch musste ich ja Fußball sehen.

Oha. Sie haben es bereut?

Sörgel: Nein, schon in Ordnung.

Wie war’s beim Zuschauen?

Sörgel: Es war schon eine sehr künstliche Atmosphäre, es sah alles noch etwas unsicher aus. Zum Fußball gehören Fans.

Aber jetzt sehen Millionen Menschen, was ein Hygienekonzept bedeutet. Dabei habe ich insgesamt ein gutes Niveau gesehen – und nichts Affiges zum Beispiel beim Torjubel, es wäre ja sogar ein Fortschritt, bliebe das so.

 

+++ Banalität beim Neustart: Der Fernseh-Fußball funktioniert +++

Womit wir bei Ihrem eigentlichen Thema wären: Sie schauen als Wissenschaftler zu, weil sie den Bundesliga-Neustart als Chance für eine Virus-Studie sehen.

Sörgel: Man muss das wissenschaftlich begleiten, auf kaum einem anderen Feld – weder im Schulbetrieb noch in der Wirtschaft – gibt es so kontrollierte Bedingungen für eine Studie. Und der Fußball hat das Geld dafür, da könnte die Bundesliga etwas Gutes tun, denn es geht ja um viel mehr, es geht um das ganze kulturelle Leben. Jetzt können wir Erfahrungen sammeln, wie gut ein Hygiene-Konzept funktioniert. Im Fußball wird ja in jeder Sekunde jeder Winkel auf dem Platz von Kameras dokumentiert. Das sehe ich als Riesen-Chance für die Wissenschaft.

Sie meinen, man könnte eventuell herausfinden, wie es zu Infektionen kommt – wenn sich zum Beispiel herausstellen sollte, dass stärker in Zweikämpfe involvierte Spieler häufiger infiziert werden?

Sörgel: Oder eben auch nicht. Das ist jedenfalls eine interessante Frage. Laut Statistiken beschränkt sich der enge Körperkontakt zwischen Fußballern in einem Spiel auf eine Dauer von unter zehn Minuten. Am Ende gibt es gar niemanden, der sich im Spiel selbst ansteckt?

Das glauben Sie?

Sörgel: Nein, aber es ist eine der Möglichkeiten. Ich fände es sehr überraschend, wenn in den nächsten Wochen alles reibungslos abliefe. Dann müsste einem das Hygiene-Konzept der DFL ja beinahe unheimlich vorkommen. Aber jetzt kann man einiges lernen über Infektionsketten – und auch darüber, wie lange die Disziplin anhält. Andernfalls hätte man im August doch vor denselben Fragen gestanden, nur ohne die Erfahrungen, die man jetzt gewinnen kann. Volle Stadien wird es auch im Herbst noch längst nicht geben.

Sie haben aber schon darüber nachgedacht, wie man das Publikum ganz vorsichtig zurückholen könnte...

Sörgel: Nimmt man dieselben Kriterien, die man jetzt für die Demonstrationen angesetzt hatte, wäre das schon möglich – mit einer ganz kleinen Zuschauerzahl. Natürlich ist das komplizierter als bei Demonstrationen, aber warum nicht einen Weg finden, wie man 3000, 4000 Zuschauer mit großem Hygiene-Abstand zulassen kann? Verteilt über mehrere Spiele, kämen hier beim 1. FC Nürnberg die gut 20.000 treuesten Anhänger, die sonst auch immer dabei sind, zum Zug. Was wir jetzt gesehen haben: Auf Dauer geht es nicht ohne Publikum, ohne die Emotionen, die der Fußball verdient – naja, oder auch nicht.

Das ist auch eine Frage?

Sörgel: Man könnte es so sehen. Die Vereine müssen sich in jeder Hinsicht maximal anstrengen.

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