FAU: Bleibt der Erlanger Uni-Chef Hornegger im Amt?

3.12.2020, 19:59 Uhr
FAU: Bleibt der Erlanger Uni-Chef Hornegger im Amt?

© Harald Sippel, NZ

Die Entscheidung ist ihm ganz leicht gefallen. Joachim Hornegger will sechs weitere Jahre Präsident der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) bleiben. Am Freitag stimmt der Unirat darüber ab. "Ich würde gerne noch die ein oder andere Sache mit Erfolg zu Ende bringen", sagt Hornegger.

Seit April 2015 steht er an der Spitze der drittgrößten Universität in Bayern mit knapp 40.000 Studierenden, rund 580 Professorinnen und Professoren und mehr als 5800 Mitarbeitern. Einen anderen Job kann er sich gar nicht vorstellen. "Da, wo ich heute stehe, bin ich absolut zufrieden, ich würde es wieder genauso machen", sagt der 53-Jährige.

Dabei hat Hornegger vor sechs Jahren lange gezögert – erst am letzten Tag der Frist ging seine Bewerbung ein. Der Unirat war sich hingegen schnell einig: Alle 20 Mitglieder haben damals für den Kandidaten gestimmt, den ein Ausschuss zuvor aus acht Bewerbern ausgewählt hatte. "Ich war noch nie so angespannt wie an diesem Tag", sagt Hornegger. Zuvor war er vier Jahre lang als Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der FAU zuständig.

Hornegger wusste, worauf er sich einlässt. 90-Stunden-Wochen sind normal, warnte sein Vorgänger. "Wenn ich nach Hause komme, lege ich meinen Job nicht ab", sagt der Präsident heute. "Ich bin 24 Stunden, sieben Tage die Woche im Kopf mit der Uni beschäftigt – das ist einfach so." Beruf und Familie zu vereinbaren, ist da schwierig.

Seine Kinder können immer anrufen

"Ich habe das Glück, dass ich eine wunderbare Frau an meiner Seite habe, seit ich 19 bin, sie kennt mich und wusste von Anfang an, dass ich ein Verrückter bin." Nur zu Hause hört das Entscheiden auf. "Meine Frau sagt dann zu mir, du bist hier nicht an der Universität, wir lesen dir nicht jeden Wunsch von den Augen ab." Ihm ist aber wichtig, dass die beiden Kinder wissen: "Wenn sie den Papa anrufen, geht er immer ans Telefon."

Im FAU-Kapuzenpulli beim Franken-Tatort schauen mit Studenten im Hörsaal oder mit Anzug und goldener Amtskette auf dem Schlossgartenfest - Hornegger will als Unipräsident auch präsent sein. Er arbeitet seit jeher gern Tag und Nacht. Er hat Informatik und Mathematik in Erlangen studiert.

Nach seiner Promotion verbringt er ein Jahr als Gastwissenschaftler am renommierten MIT, Massachusetts Institute of Technology, und am Departement für Computerwissenschaften an der Stanford Universität in den USA. Danach wechselt er in die Industrie und wird Entwicklungsingenieur für medizinische Bildverarbeitung bei Siemens. 2005 übernimmt Hornegger als Professor den Lehrstuhl für Mustererkennung in Erlangen.

Manchmal hilft auch nachgeben

"In der Informatik gibt es oft nur richtig oder falsch", sagt er. Ja oder Nein. Eins oder Null. Als Uni-Präsident sind Entscheidungen dagegen schwieriger. "Man muss ein Gespür entwickeln, wie man auf politischer Ebene agiert, innerhalb der Uni, in der Landes- und bundesweiten Hochschulpolitik", erklärt Hornegger. "Da muss man auch Kompromisse eingehen oder ab und zu nachgeben, um am Ende doch das zu erreichen, was man gerne hätte.

Auch wenn es gedauert hat, bekommt die FAU endlich den Himbeerpalast, das alte Verwaltungsgebäude von Siemens, um die Raumnöte der Geisteswissenschaftler in Erlangen ein Stück weit zu lösen. Ein Neubau für die Lehramtsstudiengänge im Nürnberger Norden ist so gut wie bestellt. Die Technische und die Naturwissenschaftliche Fakultät werden erweitert.

"Da mussten weitreichende Entscheidungen getroffen werden, die den Wissenschaftsraum in der gesamten Metropolregion Nürnberg über Jahrzehnte hinaus verändern", sagt Hornegger. "Da beneiden uns nicht nur die Münchner drum, welche Mittel jetzt in die Metropolregion fließen – das wird deutschlandweit beachtet."


Kabinett gibt grünes Licht: TU Nürnberg startet 2021


Seine Kritiker werfen Hornegger vor, dass er die Entscheidung für eine neue Technische Universität in Nürnberg nicht verhindert hat. Viele finden, dass Geld wäre in die bestehende Uni vor Ot besser angelegt. Doch dass der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer 2017 gleich eine Neugründung aus der Trickkiste zaubern würde, hat alle überrascht.

Recht machen kann es ein Uni-Präsident ohnehin nie allen. "Man muss versuchen, dass die Entscheidungen wenigstens im Mittel immer die richtigen sind", sagt Hornegger. "Und man sollte darauf achten, nicht immer unterschiedliche Leute zu verärgern, sondern bei einer Strategie zu bleiben." Sonst sind am Ende womöglich alle sauer.

Hornegger musste lernen, mit Kritik umzugehen. "Ich hatte vorher immer Jobs, wo alle mochten, was ich mache", erzählt er. "Das war ein bisschen einfacher." In seinem Fachgebiet, der Mustererkennung, können nur wenige wirklich mitreden. Im Groben geht es darum, Maschinen beizubringen, bestimmte Merkmale zu erkennen und einzuordnen – was nach und nach zu Künstlicher Intelligenz führt.

Wie eine Uni zu leiten ist, glauben dagegen ganz viele Menschen besser zu wissen. "Da habe ich als Informatiker in den vergangenen Jahren viel Rhetorik dazu gelernt und Psychologie, wie man Entscheidungen vorbereitet, Diskussionen führt und zu einem Konsens lenkt."

Dass er viel Neues sieht und neue Blickwinkel entdeckt, gefällt Hornegger an seiner Aufgabe am besten. "Ich treffe tolle Persönlichkeiten und lerne viele unterschiedliche Facetten von Wissenschaft kennen, das hätte ich in einem anderen Umfeld nie erfahren – das ist ungeheuer faszinierend."

Leider keine Exzellenz-Uni

Er ist stolz darauf, dass zum vierten Mal in Folge in seiner Amtszeit eine Forscherin oder ein Forscher 3,5 Millionen Euro bekommt und sich damit für die FAU entscheidet. Die Alexander-von-Humboldt-Professur ist der höchstdotierte internationale Forschungspreis in Deutschland, finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, um weltweit führende Experten anzulocken.

Nicht geklappt hat es dagegen mit dem Status als Exzellenz-Uni. Zu vielfältig, zu wenig spezialisiert seien die Disziplinen an einer Uni, die mit mehr als 260 Studiengängen von Arabistik bis Zahnmedizin quasi alles macht, entschied die Jury. "Das war ein herber Rückschlag und für mich auch nicht nachvollziehbar", sagt der Präsident.


Milliarden für die Forschung: Auch Nürnberg profitiert


Dafür soll die Hightech Agenda Bayern in den kommenden Jahren den "Turbo" zünden. 3,5 Millionen Euro für Wissenschaft und Forschung hat Ministerpräsident Markus Söder versprochen. "Wann gab es das je zuvor, dass eine Uni auf einmal zehn Prozent mehr Professoren bekommt und dass wir selbst entscheiden dürfen, welche Schwerpunkte wir damit setzen?", sagt Hornegger. "Das bietet uns außergewöhnliche Chancen, so viel Entscheidungsfreiheit, so viel Entwicklungsspielraum haben wir nie zuvor gehabt."

Es soll sogar noch mehr werden. Ein neues bayerisches Hochschulgesetz steht bevor, dass die Universitäten selbständiger macht und die Präsidenten zu einer Art Manager befördert. "Entscheidungen zu treffen, heißt immer auch Verantwortung übernehmen", erklärt Hornegger. "Das muss man immer im Hinterkopf behalten und auch zu seinen Entscheidungen stehen."

Verwandte Themen