Mit "Spielwut": Möller-Daehli macht dem FCN Hoffnung

17.2.2021, 05:55 Uhr
Mats Möller-Daehli zeigte gegen seinen Ex-Klub einen engagierten, zu Beginn aber noch verspielten Auftritt.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Mats Möller-Daehli zeigte gegen seinen Ex-Klub einen engagierten, zu Beginn aber noch verspielten Auftritt.

"Ich will jetzt nur Fußballspielen und Spaß haben auf dem Platz", meinte Mats Möller-Daehli in einem seiner ersten Sätze am Valznerweiher. Und damit war nahezu alles gesagt: Nach rund drei Monaten ohne Einsatz in der belgischen Eliteklasse zog es den Norweger zum 1. FC Nürnberg. Ohne Spielpraxis, aber mit umso mehr Spielfreude – oder "extremer Spielwut", wie Timo Schultz seinen früheren Bekannten aus Hamburger Zeiten zuletzt in der Bild charakterisierte. "Es ist schwer, ihn irgendwie zu kontrollieren", lobte, warnte und prognostizierte der Cheftrainer des FC St. Pauli vor dem Aufeinandertreffen mit dem Club. Seine Einschätzung sollte sich bestätigen.

In der 82. Minute erhält der quirlige Feinfuß das Spielgerät vor dem linken Eck des Strafraums. Er dribbelt auf Afeez Aremu frontal zu, entscheidet sich dann kurz vor ihm für die rechte Seite, kappt den Ball mit dem rechten Außenrist ab und schiebt seinen Körper zwischen das Spielgerät und den Gegner. Als er nach innen zieht und von rechts durch Maximilian Dittgen attackiert wird, legt er sich den Ball auf den linken Fuß, sodass er für den Hamburger erneut kaum regelkonform zu erreichen ist. In zentraler Position verzögert er nun, lässt einen Verteidiger zunächst ins Leere grätschen und wählt dann statt dem Pass nach rechts den Abschluss.

Wenngleich sein Schuss vom Torwart pariert wurde und letztlich nur in einem Eckball mündete, deutete Mats Möller-Daehli in dieser Situation seine Ballfertigkeiten und seinen Zug zum Tor an. Seine Spielwut eben. So brachte der Norweger ein gehöriges Maß an Aggressivität und Willenskraft auf den Platz. Wie auch Manuel Schäffler, nur anders. Eleganter. Denn während die Ellbogen des Sturmtanks (wie von Seiten der Hamburger Anhängerschaft gerügt) in Luftzweikämpfen häufig in die Gegner gerammt wurden, hielt der wendige Techniker seine Arme meist nur neben dem Körper, um im Dribbling die Balance zu wahren. Ob erhaben oder kämpferisch: Sowohl "Cheffe" als auch Möller-Daehli bereichern das Nürnberger Spiel dank ihrer Aggressivität.


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Anders als der kantige Angreifer, der den SV Wehen Wiesbaden in der vergangenen Saison als Kapitän aufs Feld führte, lässt der – so der Eindruck aus seiner virtuellen Vorstellung am Valznerweiher – eher zurückhaltende 25-Jährige den Ball sprechen. Durch sein stetiges Fordern des Leders, sein nissiges Pressen und seine feine Ballbehandlung reißt er bestenfalls seine Mitspieler mit und zugleich Löcher in der gegnerischen Defensive auf.

Gegen den FC St. Pauli gelang dies mit zunehmender Spieldauer: "Mats wurde immer aktiver bei den Nürnbergern und hat uns vor einige Probleme gestellt - vor allem durch sein permanentes Ausweichen auf den Flügel. Dadurch hatten wir teilweise eine Gleich- oder Unterzahl." Man könnte die Leistungssteigerung zum Ende einer desolaten Partie des FCN mit dem Leistungsabfall der Gäste in der Schlussphase begründen und würde damit sicherlich nicht verkehrt liegen.


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Teil der Wahrheit ist aber auch eine taktische Umstellung, die insbesondere das Spiel von Tim Latteier und Mats Möller-Daehli auf dem rechten Flügel positiv beeinflusste: Nach dem 0:2 wechselte Robert Klauß Dennis Borkowski als zweiten Stürmer neben Schäffler ein und stellte in diesem Zuge von einem 4-2-3-1 auf ein 4-2-2-2 um. In der RB-typischen Formation verfügten die FCN-Flügelzehner aus tieferen Positionen über bessere Verbindungen zu Tim Handwerker und Latteier. Zwei Spitzen zwangen die Außenverteidiger der Gäste zudem dazu, sich an ebendiesen zu orientieren. Entsprechend ergab sich auf den Flügeln (bis Schultz kurz vor Spielende reagierte und ebenfalls umstellte) oft eine Überzahl, die der Club nach Latteiers präziser Hereingabe zum zwischenzeitlichen Anschlusstreffer verwertete.

Zudem verteidigten die Kiezkicker in der Schlussphase deutlich näher am eigenen Tor als noch zuvor. Besonders wenn der Gegner also tiefer steht, kann Möller-Daehli seine Kreativität mit überraschenden Pässen und Dribblings auf engem Raum einbringen. Im Umschaltspiel agierte er indes noch zu zögerlich und ballverliebt: So "verspielte" der Club im wahrsten Sinne des Wortes beispielsweise in der 59. Minute eine aussichtsreiche Konterchance: Nachdem Lukas Mühl einen Abschluss der Gäste blockt, passt Latteier den Ball ins Zentrum. Schäffler kommt unweit der Mittellinie entgegen, verfehlt das Leder aber im Fallen. Erst Fabian Schleusener kann gemäß des Steil-Klatsch-Prinzips auf Nürnberger ablegen. Der treibt den Ball mangels Optionen durch das verwaiste Mittelfeld - was Zeit kostet und den Gegnern die Möglichkeit bietet, leichter hinter den Ball zu kommen.

Weder Schleusener noch Dovedan oder Möller-Daehli befinden sich zu diesem Zeitpunkt ausreichend nah an der Abseitslinie, um mit einem Steckpass und einem guten ersten Kontakt hinter die Kette zu kommen. Bei einem früheren Durchstarten des zunächst zögernden Norwegers in die Tiefe hätte er möglicherweise deutlich früher den Pass erhalten und müsste nicht, wie es schließlich der Fall war, im Strafraum zahlreiche Kontakte nehmen, um sich in eine annehmbare Abschlussposition zu bewegen. Sein erster Schuss wird geblockt. Als er den Ball erneut erhält, dreht er letztlich dem Tor den Rücken zu. Spätestens durch diese geschlossene Stellung war die Konterchance verflogen.


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Perfekt war demnach auch Möller-Daehlis Auftritt gegen seine alte Liebe nicht (NZ-Note 3), zumal er besonders zu Beginn wenig effizient und mitunter verspielt agierte. Mit zunehmender Spieldauer – und womöglich auch Frust – besserte sich der 25-Jährige allerdings. Mit zwei Abschlüssen arbeitete er an einer möglichen Belohnung für seine Leistungssteigerung, die vor allem zusammenhing mit der nun weniger verschnörkelten, eher konstruktiv eingebrachten "Spielwut".

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