Arbeitsintensiver Austria-Trip: Das Fazit zum Club-Camp

16.7.2019, 12:05 Uhr
Arbeitsintensiver Austria-Trip: Das Fazit zum Club-Camp

© Foto: Sportfoto Zink

Bei der Rückkehr in seine Heimatstadt musste Damir Canadi viele Hände schütteln - und man hatte trotz des ja von einigem medialen Getöse begleiteten, ziemlich unglücklich verlaufenen Kurzzeitengagements bei Rapid Wien keineswegs das Gefühl, der 49-Jährige sei in Hütteldorf nicht willkommen.

Auch Canadi selbst wirkte nach diesem für ihn "doch besonderen Spiel" recht entspannt. Obwohl der Club beim 1:2 (1:1) im Allianz Stadion nach dem peinlichen 1:2 in Bayreuth und dem deutlichen 0:4 gegen Basel schon die dritte Niederlage dieser Vorbereitung kassiert hatte, überwogen für den Coach die positiven Aspekte. "Es war wichtig zu sehen, wo die Mannschaft wirklich steht. Natürlich hätten wir gerne ein anderes Ergebnis mitgenommen, aber die Ansätze waren richtig gut, darauf können wir aufbauen", befand Canadi und freute sich, dass seine Elf im Ballbesitz "schon mutiger" agiert habe. Auch Nürnbergs aggressives Pressing hatte dem österreichischen Rekordmeister zumindest in der ersten halben Stunde zu schaffen gemacht, wie Rapid-Coach Dietmar Kühbauer anerkennend bemerkte.

Offensive muss noch deutlich zulegen

Vor allem aber funktionierte die erstmals erprobte Formation mit einer Dreier- bzw. Fünfer-Abwehrkette recht gut. Das System der Zukunft? "Ich weiß es wirklich noch nicht. Wir wollen taktisch flexibel spielen und nicht berechenbar sein", betonte Canadi. Auch dass Innenverteidiger Georg Margreitter nach einer Ecke per Kopf das 1:0 gelang, war kein Zufall, sondern das Resultat akribisch einstudierter Standards. Deutlich wurde aber ebenso, dass in der Offensive die Durchschlagskraft fehlt. Wie schon gegen die Regionalligisten FC Pinzgau Saalfelden (2:0) und SK Bischofshofen (3:0) ließ die Chancenverwertung zu wünschen übrig. Drei der insgesamt sechs Tore in Österreich gingen auf das Konto von Abwehrspielern (Lukas Jäger 2, Margreitter), daneben trafen nur Mikael Ishak, Sebastian Kerk und
Törles Knöll.

Dass nach der Pause die Kräfte zusehends schwanden und die Gastgeber, die nächsten Sonntag bereits im ÖFB-Cup auf dem Prüfstand stehen, das Geschehen diktierten, war für Canadi keine Überraschung: "Unsere Woche war sehr intensiv, die Mannschaft hat kaum Ruhephasen bekommen." In der Tat müssen sich einige Profis an eine derart fordernde Vorbereitung erst gewöhnen. "Sehr anstrengend" fand etwa Neuzugang Nikola Dovedan die Einheiten im Salzburger Land.

 

Auch mental war die Mannschaft extrem gefordert, etwa bei taktischer Detailarbeit auf dem Platz oder der theoretischen Einführung in Canadis komplexe Spielidee. "Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie, da müssen wir uns eben darauf einstellen", beschreibt Hanno Behrens den Findungsprozess zwischen dem Team und seinem neuen Chefcoach. Der im Amt bestätigte Kapitän ist aber zuversichtlich, "dass wir uns bis zum Auftakt in Dresden gefunden und einen guten Schlachtplan auf dem Tisch haben". Natürlich interessiert man sich auch in der Alpenrepublik dafür, was ihr Trainerexport in Nürnberg denn so vor hat. Also erzählte Canadi den heimischen Journalisten vom Zweijahresplan, in dessen Rahmen er den Club zurück in die Bundesliga führen möchte.

Sollte das große Ziel schon in dieser Saison erreicht werden, "wäre das natürlich sensationell", betonte Canadi und verwies auf einen personellen Umbruch, "der doch größer ausfällt als vielleicht gedacht". Immerhin zehn Spieler haben den Absteiger bislang verlassen, darunter Stammkräfte wie Tim Leibold, Ewerton, Eduard Löwen und Matheus Pereira. Dem stehen aktuell acht Neuzugänge gegenüber, von denen sich nach den Eindrücken von Maria Alm zunächst vor allem Dovedan, Felix Lohkemper, Oliver Sorg, Tim Handwerker und Asger Sörensen Hoffnungen auf einen Platz in der Startelf machen dürfen.

Der Kader steht noch lange nicht

Rekonvaleszent Fabian Schleusener wird nach seinem Schienbeinbruch frühestens im September eine Sturmalternative sein, Andreas Lukse geht als loyale Nummer zwei hinter Stammkeeper Christian Mathenia in die Saison. Der junge Robin Hack wurde durch einen Magen-Darm-Infekt etwas ausgebremst und muss sich ebenso wie der von der U21 hochgezogene Fabian Nürnberger wohl noch gedulden.

Das gilt auch für die Talente Ekin Celebi und Paul-Philipp Besong, Letzterer verletzte sich gleich zu Beginn leicht am Knie und trainierte meist individuell. Bis zum Ende der Transferperiode am 2. September dürfte freilich noch allerhand passieren. Weitere "Verstärkungen für fast alle Mannschaftsteile" hat Sportvorstand Robert Palikuca angekündigt.

Trio auf dem Abstellgleis

Gefahndet wird nach einem routinierten "Sechser", einem Linksverteidiger und einer Offensivkraft. Was auch heißt, dass einige Reservisten noch gehen müssen. In den nächsten Tagen wollen Canadi, Palikuca und Kaderplaner Florian Meier die Eindrücke des Trainingslagers gemeinsam bewerten - und dann aussortieren. Dass Alexander Fuchs, Federico Palacios und Kevin Goden in Wien nicht einmal auf der Ersatzbank saßen, durfte wohl durchaus schon als Fingerzeig gelten. Virgil Misidjan würde man bei einem entsprechenden Angebot ebenfalls kaum Steine in den Weg legen, obwohl sich der wegen einer Gerichtsverhandlung ins Trainingslager nachgereiste Niederländer gegen Rapid sehr engagiert zeigte und andeutete, dass er mit seiner Schnelligkeit gerade in der 2. Liga eine Waffe sein könnte.

In Wien waren sich die freundschaftlich verbundenen Fans beider Vereine jedenfalls einig: "Der FCN steigt wieder auf!", schallte es gegen Ende des Spiels unisono lautstark durch das Allianz Stadion. Eine Zuversicht, die Canadi und sein Team allerdings erst noch mit Leben erfüllen müssen. Am besten schon am nächsten Samstag in der Generalprobe gegen den europäischen Spitzenklub Paris St. Germain.

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