Rote Bullen beim FCN: Das wird für den Club wichtig

12.9.2020, 05:43 Uhr
Rote Bullen beim FCN: Das wird für den Club wichtig

© Sportfoto Zink / DaMa

Ein Blick auf das sportliche Abschneiden der beiden Konkurrenten in der Vorsaison dürfte genügen, um die Rollenfrage eindeutig zu beantworten. Der 1. FC Nürnberg, der in der Relegation gegen den FC Ingolstadt nur mit Mühe und Not und Schleusener den Abstieg in die Drittklassigkeit abwenden konnte, geht als Herausforderer in das Duell mit dem Champions-League-Halbfinalisten und klaren Favoriten aus Leipzig.


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Wie verlief die Vorbereitung? Während der Club die vergangene Grusel-Saison nach der ungeliebten Saisonverlängerung Mitte Juli beenden, seither einen Umbruch einleiten und in insgesamt fünf Testspielen insgesamt überzeugen konnte, verzeichneten die Gäste faktisch keine Vorbereitung. Vielmehr ging die Spielzeit 2019/20 - abgesehen eines mehrtägigen Urlaubs - nach der 0:3-Niederlage in der Königsklasse gegen Paris St. Germain nahezu nahtlos in die neue Runde über.

Weniger als vier Wochen blieben Cheftrainer Julian Nagelsmann, um sein Team für die bevorstehenden Aufgaben zu wappnen. Testspiele bestritt RB nicht. Ein Umstand, der sowohl negativ als auch positiv ausgelegt werden kann, könnte man doch auch argumentieren, dass Leipzig 25 Tage nach dem Duell mit dem Starensemble aus der französischen Capitale noch weitestgehend im Saft stehen sollte.


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Wer spielt? Eine personelle Präferenz für eine potenzielle Stammelf zeichnete sich bei den sächsischen Gästen nicht ab. Interessant wird, wie Julian Nagelsmann die von Timo Werner (Chelsea) und Patrik Schick (Leverkusen) hinterlassene Lücke im Sturm schließen möchte. Das Duo war an 46 Treffern direkt beteiligt und damit an mehr als der Hälfte aller Leipziger Bundesliga-Tore in der abgelaufenen Spielzeit. Eine Lebensversicherung, die mutmaßlich nicht per Soforthilfe von Neuzugang Hee-Chan Hwang, der einzigen namhaften Neuverpflichtung für die Offensive, kompensiert werden kann.

Denkbar sind unter anderem ein Doppelsturm des sowohl schnellen als auch massiven Koreaners an der Seite von Yussuf Poulsen, letzterer könnte allerdings in einem 3-4-2-1 auch als alleinige Spitze auflaufen. Abzuwarten bleibt, ob Nagelsmann mit einer Dreier- oder einer Viererkette beginnt. Sicher ist indes, dass mit dem an Knieproblemen laborierenden Konrad Laimer ein Schlüsselspieler im Mittelfeld der Messestädter ausfällt.

Und beim Club? Sind ebenfalls zahlreiche taktische Modelle denkbar, zwischen denen der Club möglicherweise auch innerhalb des Spiels - ähnlich wie es auch Nagelsmann gerne handhabt – flexibel wechselt. Nach einer Vorbereitung, aus der die Club-Spieler nur vereinzelt kleinere Verletzungen und Blessuren davontrugen, kann Robert Klauß aus dem Vollen schöpfen. Defensiv sind verglichen mit der Vorsaison keine weitreichenden personellen Veränderungen zu erwarten, einzig Neuzugang Tom Krauß könnte möglicherweise auf die Sechs oder im Falle einer Dreierkette ins Abwehrzentrum rücken. Offensiv indes könnten die Neuverpflichtungen Manuel Schäffler, Pascal Köpke und Sarpreet Singh ihr Pflichtspieldebüt für den fränkischen Altmeister feiern. Die drei Youngster Noel Knothe, Ekin Celebi und Lukas Schleimer sowie der wiedergenesene Virgil Misidjan sammeln in der U21 Spielpraxis.

Wer kann Pflichtspiel-Auftakt besser? Betrachtet man rein die Punkte, die der Club und RB Leipzig seit Gründung des in Fußball-Deutschland umstrittenen Klubs im Jahr 2009 in der jeweils ersten Partie der neuen Spielzeit ergattern konnten, ist die Bilanz mit je 22 Zählern exakt ausgeglichen. Der FCN gewann und verlor häufiger, die Sachsen sicherten sich öfter Remis. Die Ausreißer verzeichneten beide Teams in der Saison 2016/17 - jeweils gegen Dresden. Am ersten Spieltag der Zweitliga-Saison 2016/17 spielte der in Elbflorenz gastierende Club erstmals seit August 2000 zum Auftakt unentschieden. Zwei Wochen später unterlag das von Red Bull geförderte Projekt zum bisher einzigen Mal in seiner nun elfjährigen Historie im ersten Pflichtspiel: Im DFB-Pokal unterlag das Team von Ralph Hasenhüttl im Rudolf-Harbig-Stadion im Elfmeterschießen der SG Dynamo. Es blieb die einzige Auftakt-Auswärts-Niederlage in sechs Gastpartien zu Saisonbeginn. Uncool aus Club-Sicht: Auch gegenwärtig weiß der Bundesligist auf fremder Spielwiese zu gefallen, verlor er doch keine seiner vergangenen acht Partien in der Fremde.


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Die bisherigen Duelle: Da der Club bekanntlich als Außenseiter in die Partie gehen wird, scheint sich ob der Ausgangslage gegen den Champions-League-Teilnehmer in diesem Spiel nicht einmal der fränkische Traum- und Traummataverein blamieren zu können. Ein Debakel ist dennoch nicht ausgeschlossen, wie es besonders das vorletzte Aufeinandertreffen lehrt. Mit 0:6 unterlag der Club in Leipzig, im Rückspiel reichte es rein ergebnistechnisch für einen Achtungserfolg des damaligen Tabellenschlusslichts der Bundesliga gegen den späteren Tabellendritten. Cool aus Club-Sicht: In den vier Begegnungen im deutschen Fußball-Unterhaus behielt stets der jeweilige Gastgeber die Oberhand.

Darauf wird es ankommen: Auf "Begeisterung und Leidenschaft", wie es Klauß auf der Pressekonferenz formulierte. Besonders in dem zu erwartenden Rasenschach, kennt der neue Nürnberger Coach, der in einem Jahrzehnt für RB als Spieler, Jugend- und Co-Trainer aktiv war, die DNA und das Spiel des Pokalkonkurrenten doch in- und auswendig. Als erster Assistent von Julian Nagelsmann heckte der 35-Jährige bei den Roten Bullen noch vor wenigen Wochen zahlreiche taktische Strategien aus, weiß um die Stärken und Schwächen eines jeden einzelnen Spielers und um die Antworten, die sein einstiger Vorgesetzter für jede seiner Aktionen parat haben wird. In der Spielvorbereitung dürften die Erfahrungen am Cottaweg sicherlich hilfreich sein, dennoch besitzen die Gäste den qualitativ weitaus hochkarätiger besetzten Kader.

Wichtig wird sein, so Klauß, die "Stärken des Gegners zu eliminieren, ohne die eigene Identität zu verlieren". Entsprechend ist trotz der scheinbaren Übermacht des Konkurrenten nicht mit einem Club zu rechnen, der die Opferrolle annimmt und sich über 90 Minuten (oder sogar noch länger) vor dem eigenen Strafraum verbarrikadiert, plädiert Klauß doch stets für mutigen und aktiven Fußball. Sollte es den Hausherren gelingen, dies umzusetzen, ist dennoch nicht zwangsläufig mit einem Erfolg zu rechnen, aber sicher mit einem durchaus ansehnlichen Erstrunden-Spiel im DFB-Pokal.


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Wo kann ich das Spiel verfolgen? Anders als die Duelle der Branchenprimi aus Dortmund (Montag, 14. September, in Duisburg, ARD) und München (Donnerstag, 15. Oktober, gegen Düren, Sport1) wird die Partie des 1. FC Nürnberg einzig bei Sky übertragen. Der Club offeriert erneut den Live-Kommentar im Fan-Radio. Auf nordbayern.de finden Sie wie gewohnt einen Live-Ticker, einen Spielbericht, Einzelkritiken der Club-Jungs und die Stimmen und besten Bilder zu einem vielleicht nur vordergründig ungleichen Duell.

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