Statistik-Frust: Der FCN trifft nur das Abstiegsgespenst

19.5.2020, 05:31 Uhr
Statistik-Frust: Der FCN trifft nur das Abstiegsgespenst

© Daniel Marr / Sportfoto Zink / Pool

14 zu 14 Torschüsse werden am Millerntor am Ende notiert werden. Zur Halbzeit sind es 12 zu 6. Für einen gefällig aufspielenden 1. FC Nürnberg, der im zur Zeit wenig amüsanten Hamburger Amüsierviertel den deutlich griffigeren Eindruck in Hälfte eins macht. Und das vom Anpfiff weg. Nikola Dovedan ist es, der bereits vor der Ein-Minuten-Frist nach Vorarbeit von Adam Zrelak vehement den Vorwärts- und für St. Paulis Defensivverbund den Schleudergang einlegt, das Leder nach seinem energischen und ballgewandten Antritt aber links an der Pauli-Bude vorbeibefördert. 

+++ Negativ-Konstante: Auf den FCN ist halt Verlass +++

Nikola Dovedan ist es auch, der die FCN-Fans vor den Fernsehgeräten und die ebenfalls fassungslosen Teamkollegen auf dem Platz kurz vor der Pause mit in die Geisterbahn nimmt. Aufgebaut ist diese normalerweise vor der Heimstätte des FC St. Pauli. Auf dem Heiligengeistfeld, dem Dom. Wenn also Volksfest ist in Hamburg, normalerweise in Nicht-Corona-Zeiten. Für den Geisterspiel-Club gibt’s den Schockmoment dieses Mal jedoch im Stadion. Acht Meter vor dem verwaisten Tor, von wo der freistehende Dovedan nach gekonnter Vorarbeit von Zrelak und Hack den etwas hoppelnden Ball nicht in die verwaiste Hamburg-Hütte, sondern darüber schludert. Der zuvor agile, danach abtauchende Club-Ösi hat seinen fünften Saisontreffer da vielleicht schon für sich verbucht. Spannungsverlust? Spekulation! Dovedan vergibt in Rücklage jedenfalls den rot-schwarzen Hundertprozenter. Und bleibt bei vier Toren in einer Spielzeit stehen, in welcher der FCN mit lediglich 13,4 Prozent nach Sandhausen die schlechteste Chancenverwertung der Liga für sich reklamiert. Grusel-Faktor 100, abstiegsverdächtig. 

Zitterfuß und Unterzahl 

Gute Torgelegenheiten hat sich ein gepflegt, bis zum Abschluss auch durchaus zielführend auftretender Altmeister da schon in großer Zahl herausgespielt. Er ist wie Adam Zrelak im Eins-gegen-eins am aus seinem Kasten stürzenden Robin Himmelmann beziehungsweise dem eigenen Zitterfuß verzweifelt. Oder an der Handlungsschnelligkeit des Sankt-Pauli-Schlussmanns nach Standards, die Tim Handwerker und Johannes Geis mit entsprechend gut getretenen Freistößen ebenfalls auf die Probe stellen.Es fehlt nicht viel beim FCN, der auch durchaus forsch und gefällig den zweiten Durchgang in Angriff nimmt. Weil es beim weiterhin mutigen Vortrag in den entscheidenden Momenten jedoch an Absicherung mangelt, fehlt beim Club ab der 55. Minute allerdings ein Mann. Christian Mathenia, der nach Behrens' Ballverlust im Gegensatz zu Himmelmann beim Herausstürzen aus dem Sechzehner einen Schritt zu spät kommt, fällt Paulis Sturmriesen Veerman. Und fliegt nach dem Studium der Videoaufnahmen mit glatt Rot vom Platz. 

Da hilft es auch nicht, dass Club-Coach Jens Keller von seiner Mannschaft “45 Minuten tollen Fußball gesehen hat“, was sicherlich zutreffend ist. Und dennoch: In Liga zwei generell und im Abstiegskampf speziell bringen Schönheitspreise nicht weiter. Und auch keine guten Statistik-Werte, auf die der FCN nach dem Spiel auf St. Pauli gleichsam blicken kann. Die Laufleistung der Nürnberger ist nur unwesentlich schlechter als die der Hamburger, auch wenn man nahezu die komplette zweite Hälfte in Unterzahl bestreiten muss (111,5 Kilometer zu 108,7 Kilometer). Besonders im Defensivverbund rennt ein couargierter Club für den fehlenden Mann mit, Handwerker und Mavropanos schrammen nur knapp an der Zehn-Kilometer-Marke vorbei, die Margreitter, Sorg und Nürnberger (Bestwert: 11,24 Kilometer) übertreffen.

Gruselige Ballverluste - auch in Hamburg 

In der spielentscheidenen Szene kommt jedoch auch der Club in Person von Oliver Sorg nur hinterher. Nach Philip Heises Aussetzer trifft der konsequent antretende und abschließende Viktor Gyökeres spät für die Braun-Weißen, die schon in den für Nürnberg langen Minuten zuvor eine mächtige Druck- und Drohkulisse aufgebaut haben. Der Geisterspiel-Club ist geschockt. Er kassiert in der 84. Minute das 0:1. Es ist das fünfte Gegentor nach einem entsprechend kapitalen Ballverlust in den letzten zehn Partien. Eines mit erneutem Gruselfaktor. Der FCN, der damit geschlagen ist, hat - wie sein Trainer richtig sagt - in den ersten 45 Minuten toll gespielt. Vielleicht sogar noch länger. Und am Ende drei Fehlpässe weniger auf dem Konto als Hausherren, welche bis Abpfiff die Hundert vollmachen. Getroffen hat er auf dem Geister-Kiez trotz exzellenter Chancen jedoch nicht. Beziehungsweise angesichts der Siege von Karlsruhe und Wiesbaden, der Konkurrenz im Klassenkampf, und dem Abrutschen auf Platz 15 allenfalls das Abstiegsgespenst. 

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