Nach dem Abriss folgt der Wiederaufbau: Forchheim im Jahr 2020

31.12.2020, 15:36 Uhr
Die zentrale Baustelle, im Herzen der Stadt: Die Generalsanierung des Rathauses startete 2020. Doch das ist nur eines von vielen Großprojekten. 

© Pauline Lindner Die zentrale Baustelle, im Herzen der Stadt: Die Generalsanierung des Rathauses startete 2020. Doch das ist nur eines von vielen Großprojekten. 

Blicken wir kurz zurück. Wir schreiben den 1. Mai 2012 und in der Überschrift in den Nordbayerischen Nachrichten heißt es: „Forchheim reißt sich ab“. Damals machte Altes Platz für Neues. Kräne standen für einen Aufbruch und tun es auch 2020 wieder. Machen wir uns auf zu einem Spaziergang durch die Gassen der Stadt, die gerade dabei sind, ihr Gesicht zu verändern.

Setzen wir uns für einen Moment auf die Bank am Wiesentufer am Marktplatz. Nicht nur das Restaurant auf der gegenüberliegenden Uferseite ist neu und belebt endlich wieder eine Ecke, die zwischenzeitlich ausgestorben war. Neben uns erstrahlt ein ehemals trister Bau in neuem, hellem Weiß. Das Fachwerkhaus an der Ecke Wiesent/Lohmühlgäßchen. Was dort geschehen ist, ist sinnbildlich für die gesamte Entwicklung der Stadt und über die Einzelmaßnahme hinaus bedeutend. Warum? Schlicht, weil mit jedem Euro, der von privater oder öffentlicher Seite in die Bausubstanz investiert wird, die Stadtentwicklung und Wahrnehmung Forchheims enorm profitiert.

Ganz banal: Ein ansteckendes Feuer

Wie ansteckend und deshalb bedeutend ein Einzelengagement sein kann, zeigt sich am Beispiel des Fachwerkhauses. Jeder einzelne von uns bleibt kurz stehen, nimmt den bekannten Raum neu wahr, sieht bisher Unbeachtetes, schätzt den (neuen) Wert. Vor allem aber animiert es uns Menschen, an diesem Wandel teilzunehmen.

Das fängt ganz banal damit an, dass es vor herausgeputzten Fassaden und gepflegten Straßenabschnitten beispielsweise schwer fällt, Müll auf der Straße oder Schmierereien an Gegenständen zu hinterlassen. Oder: Dass eine Initialzündung an einer Stelle ein regelrechtes Feuer entfacht, das sich auf die Umgebung ausweitet. Tatsächlich ist das auch im Lohmühlgäßchen der Fall. Auch der benachbarte Bau aus dem Jahr 1899 erhält von der Hornschuchallee und vom Lohmühlgäßchen aus gesehen ein neues Gesicht. In die verwaiste Lotto-Annahmestelle soll wieder neues Gewerbe einziehen.

Lassen Sie uns durch das schmale Gässchen weiter laufen. Wir kommen in der Hornschuchallee an. Die Allee passt derzeit nicht in das Bild der sich wandelnden Stadt. Die Allee hat an Charme eingebüßt, Stillstand macht sich breit. Gemüsehändler, Metzger, Lebensmittelladen - sie haben geschlossen. Für immer. Das Leben in der Allee, der gesunde Bäume fehlen, hat abgenommen. Seit den 70er Jahren gibt es Pläne, aus der Allee auch wirklich eine werden zu lassen. Doch das Projekt wird seitdem immer wieder verschoben.

Forchheim strotzt und protzt

Dafür strotzt und protzt Forchheim an anderen Stellen. Zu sehen am Rathausplatz. Die Generalsanierung des Rathauses zum Haus der Begegnung hat Fahrt aufgenommen. 23,3 Millionen Euro fließen in den Bau, um ihn in eine Kultur- und Begegnungsstätte zu verwandeln. Drohte das Projekt phasenweise zerredet zu werden, zeugt der Baustellenstart 2020 von einer neuen Epoche.

Forchheim nimmt sich mittlerweile als das wahr, was es ist und wozu es sich an manchen Stellen noch entwickeln muss: als Oberzentrum. Dafür holt die Stadt Rückstände auf. Doch das kulturelle Leben wird nicht nur im Herzen der Stadt am Rathausplatz pulsieren. Die gewachsene und professionalisierte Kulturszene der Stadt erhält mit dem neuen Kolpinghaus oder dem Katharinenspital den dringend benötigten Freiraum. Auch wenn die Planungen erst am Anfang stehen, der Startschuss ist gegeben. Nicht zum Selbstzweck, sondern zum Wohl der gesamten Bürgerschaft über die Grenzen der Stadt hinaus. Forchheim ist dann wirklich ein Oberzentrum, wenn die Stadt auch zum Zentrum des Lebens für Bürger aus anderen Gemeinden wird.

Schnurstracks weiter zur Betonwüste

Bei all dem müssen wir einen Schwenk zu den historischen Sensationen dieses Jahres machen. Gezeigt haben sie sich gleich an mehreren Stellen. Mit europaweit seltensten Funden unter dem Boden der Rathaushalle, einem bis dato unbekannten Raum unter dem Katharinenspital, bisher unentdeckten frühzeitlichen Siedlungsresten im Norden der Stadt oder erstmals ausgegrabenen Stadtmauerresten: Forchheims Geschichte musste 2020 freilich nicht komplett neu gechrieben, aber um wesentliche Kapitel ergänzt werden. Dass sich die Vergangenheit in dieser Intensität gezeigt hat, ist einzigartig und Spiegelbild einer baureichen Zeit. Die Mehrheit der Stadträte sieht das auch so und will das historische Erbe sichtbar bewahren - digital wie analog.

Der Weg führt weiter, schnurstracks zur Betonwüste. Dem Paradeplatz. 2020 ist an dieser Stelle zwar alles beim Alten geblieben, doch im Hintergrund sind die Planungen, aus der Wüste eine lebendige Oase zu zaubern, weitergegangen. Auch das ist Forchheim im Jahr 2020: Dort, wo sich sichtbar nichts verändert, ist meist im Hintergrund einiges geschehen, damit sich bald etwas ändert. Die Neugestaltung des Paradeplatzes ist ein solches Beispiel. Fazit: Forchheim wandelt sich, bemerkt und unbemerkt von der großen Öffentlichkeit. Neue Straßen, neue Wohnhäuser, neue Plätze: Die Stadt, so fühlt es sich an, wird erwachsen, ohne ihren Charme der Jugendzeit zu verlieren.

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